Vergangenheit

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!Kayas Point of View!

Ich hatte das Glück, dass meine Eltern mich ausschliefen ließen. Und weil sie das taten, wachte ich erst gegen 12h auf. Ich putze schnell Zähne und zog mir dann eine schwarze Leggins mit weißen Kreuzen drauf und ein schwarzes, sehr kurzes und somit bauchfreies Shirt an, auf dem in weiß ‚Geek' drauf stand. Ich nahm mir aus meinem Schmuckkästchen einen silbernen Kreuzring und fertig war ich. Was sollte ich auch groß machen, wenn ich eh nicht rausgehen durfte?

Ich überlegte lange, ob ich wohl runter gehen sollte, oder lieber hier oben blieb. Wenn ich aber hier blieb und den ganzen Tag nichts aß, würde ich die Situation wahrscheinlich nur noch schlimmer machen und das wollte ich nun wirklich nicht. Ich überlegte lange hin und her und beschloss schließlich runter in die Küche zu gehen. Erst wollte ich mich aber noch ein bisschen schminken, aus dem bisschen wurde aber ein bisschen viel und schließlich waren meine Augen tiefschwarz geschminkt und ich hätte genauso gut in eine Disco gehen können. Dann ging ich runter um ein bisschen was in Magen zu bekommen. Das Glück war nicht auf meiner Seite, denn mein Vater saß in der Küche und las Zeitung. Ich begrüßte ihn nicht, ich hatte einfach keine Lust dazu.

„Normalerweise sagt man guten Morgen wenn man in einen Raum kommt. Wobei ‚Morgen' ja eh nicht so ganz passend ist. Aber wenn Madame meint so lange schlafen zu müssen..." Musste er immer auf mir rumhacken? Ich nuschelte ein: „Morgen", und machte mir ein Toast mit Marmelade. Ich setzte mich ganz vorsichtig an den Tisch und versuchte kein Geräusch zu machen. Warum, das wusste ich nicht so ganz genau, aber ich wollte auf keinen Fall etwas falsch machen. Schien aber nicht zu klappen.

„Du hast mich wirklich enttäuscht!" Ja, streu noch Salz in die Wunde.

„Ich weiß, aber ich bin ja nicht mit Absicht eingeschlafen und es tut mir ja auch wirklich leid." Er sagte nichts mehr sondern stand auf und ging. Man sollte meinen, meine Eltern hätten aus dem was passiert ist etwas gelernt. Aber zumindest bei meinem Dad war dem anscheinend nicht so. Ich ging wieder nach oben und legte mich in meinem Zimmer aufs Bett und meine Gedanken schweiften zu der Zeit, als mein Leben komplett aus den Fugen geriet.

Als ich sechzehn war, also vor einem Jahr ungefähr, war es passiert. Zu dieser Zeit hatte ich in der Schule das Gefühl komplett alleine zu sein. Klar Lena war da gewesen und ich wusste heute auch nicht mehr so wirklich genau, warum ich mich so gefühlt hatte, aber es war so gewesen. Und ich war in der Schule auch nicht mehr so gut mitgekommen und das hatte sich leider auch in meinen Noten gezeigt, die waren nämlich schlechter geworden. Ich hatte zwar noch nie zu den besten gehört, sondern war immer im Mittelfeld zu Hause gewesen, aber in dieser Zeit hatte ich fast nur noch 4 und 5 gehabt. Ich hatte versucht über meine Probleme, die ich in der Schule hatte, mit meinen Eltern zu reden. Das hatte aber nicht funktioniert. Sie hatte mir nur noch mehr Druck gemacht und waren immer sauer und enttäuscht von mir, wenn ich wieder eine schlechte Note mit nach Hause brachte. Was aber das schlimmste war, sie hatten mir nicht zu gehört. Ich hatte mit meiner Mutter darüber reden wollen, dass es mit nicht gut ging und ich mich alleingelassen fühlte, aber die hatte nur abgewinkt und gesagt ich solle mich nicht so anstellen. Danach hatte ich es bei meinem Vater versucht, mit demselben Erfolg. Dadurch hatte ich mich noch viel einsamer gefühlt. Eine Weile ging es dann einfach so weiter, aber mir ging es immer schlecht. Ich hatte angefangen oft zu weinen, vor allem abends in meinem Bett.

Und dann ging es los, dass ich mich ablenken wollte, und das meist mit Partys. Die erste Zeit ging das ganz gut. Als ich dann aber merkte, dass die Leute mit denen ich feiern ging sich null für mich interessierten wurde es noch schlimmer. Ich fing an mich von allem zurückzuziehen. Auch von Lena, die eigentlich immer für mich da gewesen war. Aber so hatte ich das zu dieser Zeit nicht gesehen. Für mich hatte Lena einfach nur Mitleid mit mir und wäre froh, wenn es mich nicht geben würde. Irgendwann fing ich an auf den Partys zu Kiffen und wenn ich bekifft war, gefährliche Sachen zu machen. Total bekifft war ich dann einmal auf eine Straße gerannt und war mitten auf dieser stehen geblieben. Hätte ein Freund mich nicht rechtzeitig von dieser geschubst, würde es mich heute nicht mehr geben. Leider hatte dieser Freund es meinen Eltern gesagt, nicht das diese dann übermäßig besorgt gewesen wären. Sie hatten es einfach als eine Folge der Pubertät gesehen und mir verboten auf Partys zu gehen. Dass mein Verhalten ein Schrei nach Aufmerksamkeit war, hatte keiner bemerkt. Und auch das ich immer weniger aß, viel niemandem auf. Ich nahm immer mehr ab. Was aber das schlimmste war, war das ich wie tot war. Ich sprach kaum noch, unternahm nichts mehr und kümmerte mich auch nicht um meine Schule.

Trauriger Höhepunkt war dann mein Selbstmordversuch gewesen. Immer mehr fühlte ich mich als Ballast für meine Mitmenschen. Als eines Nachmittags meine Eltern und meine Schwester nicht da gewesen waren, hatte ich die Badewanne vollaufen lassen, mich hinein gelegt und war untergetaucht. Als ich dann von meiner Mutter gefunden wurde war ich schon fast ertrunken und bewusstlos gewesen. Nach meinem Aufenthalt im Krankenhaus kam ich in eine Klink, in welcher ich stationär therapeutisch behandelt wurde. Fast ein halbes Jahr war ich in dieser Klink gewesen. Während meine Mutter und meine Schwester mich so oft wie möglich besuchten und mich unterstützten, war mein Vater nur da, wenn es Zeit für die Familientherapie war. Er hatte mein Verhalten bis heute nicht verstanden.

Als ich wieder zu Hause war, war alles wieder normal gewesen und bis heute ging es mir wieder gut. Klar hatte ich immer noch meine Probleme, aber die hatte ja jeder und waren ganz normal. Trotzdem würde ich diese Zeit nie vergessen und das war auch gut so. 

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Kaya and the LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt