Kapitel 25

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Während Ryoma den Himmel betrachtete, kam ihm etwas in den Sinn. Ohne den Blick abzuwenden, fragte er Leviathan: „Kennst du die Legende von akai ito?"

„Roter Faden?", fragte Leviathan. Er verstand zwar die Worte, doch nicht deren Bedeutung. „Nein."

Also begann Ryoma zu erzählen. „Der akai ito ist ein roter Faden, der zwei Personen miteinander verbindet, die füreinander bestimmt sind. Jedes Ende ist um den kleinen Finger der beiden gewickelt und verbunden. Der Faden kann sich dehnen, doch niemals reißen. Sie sind dazu bestimmt, sich immer wieder zu treffen, egal wie viel Zeit vergeht. Es bedeutet, dass jeder eine für ihn bestimmte Person besitzt."

Ryoma hob seine Hand, schaute auf den kleinen Finger. „Meine für mich bestimmte Person, sie wird mir wohl niemals begegnen. Ich hoffe, dass ihr Faden sich dann mit jemand anderem verbindet. Bis zum Tod alleine zu bleiben, nur weil ich gestorben bin, bevor ich sie treffen konnte, wäre grausam."

Für einen Moment spürte Leviathan eine Regung in seinem Innern. Er fasste sich an die Brust. Es war Schmerz, doch nicht physisch. Die Worte drangen tief. Also nahm er die Hand, die Ryoma in die Höhe hielt, und küsste seinen kleinen Finger. „In unserer Welt, gibt es etwas Ähnliches. Vor langer Zeit verknüpfte der Gott des Schicksal zwei Seelen miteinander. Sie sind dazu bestimmt, sich zu finden, denn sie sind zwei Hälften eines Ganzen. Wir nennen sie unser Herz. Wenn wir ihr begegnen, können wir mit ihr einen Bund eingehen, den nicht einmal die Götter trennen können – einen Seelenbund. So bleiben die beiden zusammen, folgen dem anderen in den Tod, aber auch ins Leben zurück."

Für immer zusammen. Das hörte sich romantisch an. Herz. Es war eine schöne Bezeichnung. „Also hast du ein dämonisches Herz?", fragte Ryoma, verschränkte die Hände mit Leviathan.

„Nein, das ist nicht auf Dämonen beschränkt. Jedes Lebewesen, sei es Dämon, Mensch oder auch Engel besitzt ein Herz. Die Menschen haben nur verlernt, es zu erkennen. Jede Seele besitzt ein Gegenstück."

Verlernt, es zu sehen? Also habe ich auch ein Herz? „Wie erkennt ihr euer Herz?"

Für einen Moment zögerte Leviathan. „Wir erkennen es in dem Moment, in dem wir diesem begegnen. Man weiß es einfach."

Ryoma wurde still. Man weiß es. Seit Leviathan ihm zum ersten Mal begegnet war, hatte er nie etwas in dieser Richtung erwähnt, auch nicht von dem Bund. In diesem Augenblick wurde etwas Ryoma klar. Ich bin nicht sein Herz. Es gab jemand, der für diesen Mann vom Schicksal bestimmt war, doch er war es nicht.

Leviathan spürte, wie Ryoma sich ihm entzog. Dieser löste sich aus seiner Umarmung und stand auf. „Lass uns ins Zimmer gehen und schlafen", sagte dieser mit ruhiger Stimme, doch der Dämon spürte, dass etwas nicht stimmte. „Ryoma, ist alles-"

„In Ordnung. Lass uns gehen."

Stumm nickte der Dämon und folgte dem Menschen. Hatte er einen Fehler gemacht? Er wusste es nicht.

༻✧༺

Ryoma hörte die tiefen Atemzüge von Leviathan. Seine Gedanken hatten ihn wachgehalten. Ich bin ein Idiot. Die Worte, die Leviathan geäußert hatte, hatten ihn unvorbereitet erwischt. Was hast du erwartet? Hatte er erwartet, dass Leviathan ihm die Worte sagen würde, die sein Herz sich ersehnte?

Herz.

Es fühlte sich an, als würde dieses Wort zwischen ihnen stehen. Seit wann war er so... gierig? Er begehrte diesen Mann, nicht nur körperlich, doch er gehörte jemand anderem. Seine Finger fuhren über die Decke. Egal, was kommt, die Zeit bis sein Herz erscheint, gehört mir. Er war ein Mensch, also hatte er, sollte er nicht in weniger als sechs Wochen sterben, noch sechs Jahrzehnte.

Ryoma - ein schicksalhafter Fluch (BAND 9) ✅️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt