Kapitel 19

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"Sagen Sie uns, ob Sie Kenny Ackermann kennen. Wir stellen Ihnen schon seit sieben Nägeln die selbe Frage, inzwischen sollten Sie doch endlich eine Antwort wissen!" schimpfte Hange, in ihrer Hand hielt sie eine blutige Zange, die im Schein des Feuers das Licht zurück warf. Neben ihr stand Levi, er trug Handschuhe und hatte die Arme vor der Brust verschränkt, sein Blick war genervt und fast schon arrogant. Vor ihnen beiden saß ein Mann, der die Gewänder eines Pastors trug, in seinem Gesicht klebte getrocknetes Blut, seine Arme und Beine waren auf einem Holzstuhl gefesselt und sein Gesicht feucht von den Tränen und dem Rotz, die er seit seiner Festnahme wohl schon verloren hatte. Ich erstarrte förmlich und konnte keinen einzigen Gedanken fassen. Die Lacke in die ich gestiegen war, ließ Hange und Levi zu mir blicken, während der Mann auf dem Stuhl mich vor lauter Schmerzen wohl gar nicht erst bemerkt hatte. Meine Augen starrten auf das Blut, das von seinen Fingen über das Holz nach unten lief. Ich konnte mich kaum noch aufrecht halten, die beiden zogen dem Mann die Fingernägel aus den Fingern um Antworten zu erhalten, die er offenbar nicht hatte.


LEVI POV:

Seit etlichen Stunden schon, versuchten Hange und ich Antworten aus diesem stinkenden Sack herauszubekommen und noch immer nichts. Das leise Plätschern der Lacke ließ mich zurück blicken, woraufhin sich sofort ein Kloß in meinem Hals bildete. Mit einem ängstlichen Blick sah Malina den Pastor an. Ihre Augen waren so groß, als könnte sie jeden Moment den Verstand verlieren. Das war eindeutig kein gutes Zeichen, ich wusste, dass sie jeden Moment wieder einen Anfall bekommen würde. Die Art wie sie das Blut fixierte und dann die Zange in Hanges Hand... "Malina, da bist du endlich. Erwin hat dich geschickt oder?" fragte Hange fröhlich, als würden wir hier unten keinen Mann quälen. Malina trat einen Schritt zurück, ich war bereit zu ihr zu kommen, sobald sie mich brauchte, doch ich ließ ihr jetzt lieber ein wenig Platz. "Ich.. ich.." stotterte sie, noch war sie bei uns. Es war so viel Zeit vergangen, seit sie ihren letzten Anfall hatte und dann sollte es ausgerechnet hier und jetzt passieren. "Steck die Zange weg." zischte ich zu Hange, die es offenbar noch immer nicht bemerkt hatte. Malina's Augen schossen zu mir, irgendetwas hatte sich verändert. "Ihre Augen waren nass von den Tränen und ihre Haut wirkte plötzlich ganz eingefallen. Ihre Hände zitterten, als sie sie anhob, noch immer sah sie aber mich an. Doch ihr Kopf bewegte sich zu ihren Händen, "Malina." sagte ich leise und hielt ihren Blick somit bei mir. Ich wusste, wenn sie aufhörte mich anzusehen, würde ich sie verlieren. Vorsichtig streifte ich meine Handschuhe ab und ließ sie zu Boden fallen. "Bleib bei mir." sagte ich. Dann machte ich den ersten Schritt auf sie zu. Sie atmete viel zu schnell, sie kämpfte dagegen an. Noch einen Schritt, ihre Augen noch immer bei mir. "HELFEN SIE MIR DOCH!" schrie der Pastor hinter mir und damit hatte ich sie verloren. "Diese beiden Foltern mich schon die ganze Zeit! Bitte helfen Sie mir!" schrie er. Malina schaute ihn an und dann zückte sie ein Messer. Woher sie diese verdammten Klappmesser immer hatte, wusste ich nicht, aber den brennenden Schmerz, als es meinen Arm erwischte, spürte ich mehr als deutlich. Ich zog zischend Luft ein und schaffte es, Malina mit dem Gesicht auf die kalte Wand zu drücken. Sie weinte zwar, gab jedoch kein Geräusch von sich. Sie fixierte den Pastor mit den Augen und murmelte irgendwas vor sich hin. "Dieser verblödete Bastard." murmelte ich und band Malina's Handgelenke zusammen. "Sie verdammte H*re! Der Teufel soll Sie holen! H*RE!" schrie der Pastor. Wenn ich nicht damit beschäftigt gewesen wäre, Malina hier raus zu bringen, hätte ich diesem Mann die Kehle so langsam aufgeschlitzt, dass er sein Blut davon rinnen sehen konnte. Ich drehte Malina um, damit sie ihn nicht mehr sehen konnte, seine Rufe hat Hange inzwischen unterbinden können, indem sie ihm ein blutiges Tuch in den Rachen stopfte. Malina war nicht schnell auf den Beinen, doch ich schob sie ohne Rücksicht zurück zu den Treppen. Noch immer murmelte sie mich weit aufgerissenen Augen vor sich hin. Ich beugte mich ein Stück hinunter um zu verstehen was sie da sagte. "Keine Hände, keine Operation. Keine Hände, keine Operation." genau das wiederholte sie immer und immer wieder. Bis ich sie ganz oben auf dem Treppenabsatz hatte. "Malina!" fuhr ich sie an, als ich die Blicke der anderen sah. Doch sie war noch immer in diesem Trance-ähnlichen Zustand. "Was ist?" blaffte ich die starrenden Rekruten an. Bis wir in meinem Büro waren, murmelte sie diesen Satz immer weiter vor sich hin, bis ich sie auf das Sofa setzte. Vorsichtshalber, ließ ich ihre Handgelenke noch gefesselt. Ich war nicht mehr mit ihr allein gewesen, seit wir uns das Zimmer geteilt hatten, sie hatte Abstand von mir gehalten, wie fast immer, wenn wir uns näher gekommen waren. "Malina!" fuhr ich sie an und packte ihre Oberarme. Erschrocken sah sie mich an, ich hatte sie wieder. Sie sah sich um und zuckte dann weg, als sie bemerkte, dass ich sie fest hielt. "Was.. was mach ich hier?" fragte sie und schaute sich um. "Du. Du! Was hast du getan!" fragte sie dann und weitere Tränen kullerten aus ihren Augen. Ich hatte kaum Zeit um über irgendetwas nachzudenken, ich sank vor ihr auf die Knie und hoffte inständig darauf, sie würde mir vergeben. Warum sie mir vergeben sollte wusste ich nicht, aber ich wollte niemals, dass sie mich mit einer solchen Angst in den Augen ansah. "Ich habe meine Aufgabe gemacht." sagte ich leise, ich konnte noch keine Gefühle zulassen, sie war gerade wieder zerbrochen, nachdem ich sie so mühsam zusammen gehalten hatte. Sie kämpfte mit den Gedanken in ihrem Kopf, das Durcheinander konnte ich in ihren Augen sehen, die mich mit so vielen verschiedenen Emotionen ansahen. Dann fiel ihr Blick auf meinen Arm. Dort wo sie mich mit ihrem Messer erwischt hatte. "Binde mich sofort los!" hauchte sie und ich versteckte den Arm hinter meinem Rücken. Das konnte ich noch nicht. Fast schon konnte ich ihr verhalten erklären, sie hat mir die halbe Geschichte mit dem Gemurmel erzählt. Die Narben auf ihren Armen, die Angriffe auf sie selbst, sie hatte ihn ihrem Wahn versucht sich die Hände abzutrennen. Damals, als ich herausgefunden hatte, dass sie an Menschenexperimenten beteilgt war, drehte sich mir der Magen um, doch, dass sie dazu gezwungen wurde, diese durchzuführen machte mich unendlich wütend. Sie wurde als kleines Mädchen zerstört, ihr wurde ein Handwerk aufgezwungen, dass sie versuchte zu nutzen, obwohl es sie noch immer zerstört. Damals als wir sie aus dem Untergrund befreit hatten, hatte sie eine einzige Narbe auf ihrem Bein, jetzt hatte sie überall welche. Und das nur, weil sie versucht hat die Schuld von sich zu lösen. Ich schluckte schwer, dann zog ich sie mit dem heilen Arm zu mir und löste den Knoten ihrer Fesselung. Sie sprang sofort auf und holte ein nasses Tuch, eines das in Alkohol getränkt wurde und noch Verbandszeug, wovon sie einen Teil hier lagerte. Ich brachte kein Wort über die Lippen, als sie meinen Arm verband. Es war keine tiefe Wunde, sie musste mich also nicht nähen. Ab und an warf sie mir einen mitleidigen Blick zu, ich konnte die ganze Zeit nicht aufhören sie anzusehen. Es fühlte sich einfach nur falsch an. Wie konnte sie so etwas aushalten? "Es tut mir leid." sagte sie dann leise und mit roten Wangen. Ich kniff die Augen zusammen, ich konnte das alles einfach nicht mehr. "Ich dachte, es wäre vorbei." sagte sie dann und lehnte sich an das Sofa hinter sich. Wir saßen beide auf dem Boden, ich fuhr mir mit den Händen über mein Gesicht. "Erwin hat dich geschickt?" fragte ich und sie nickte. Noch immer lag da diese Angst in ihrem Blick. "Ich habe eine Aufgabe erledigt." rechtfertigte ich mich.


Get away // Attack on TitanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt