Kapitel 21

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LEVI POV:

Ich konnte kaum glauben was ich da sah. Kenny lag unter dieser kleinen zarten Gestalt und flehte um sein Leben, doch das schien kaum zu ihr hindurch zu dringen. Sein Gesicht war blutüberströmt, seine Nase war inzwischen wohl gebrochen. Es war zu verstörend als dass ich dazwischen gehen konnte. Sie hatte ihre Stimme wiedergefunden und schrie ihn mit einer Wut an, die ich so noch nie gesehen habe. "Ich kenne dich nicht!" schrie Kenny zurück und packte ihre Hände. "Wegen dir ist er gestorben!" kreischte sie und wand sich in seinem Griff. Wie es aussieht ließ ihre Kraft nach, als hätte sie einen ihrer Anfälle. "Was wurde dir angetan, Mädchen?" fragte Kenny außer sich. Es war eine makabere Situation. "Sieh dir meine Arme an, die Narbe in meinem Gesicht an, das ist alles deine Schuld!" schrie sie weiter. Dieses Chaos in ihren Augen war ausgebrochen und nahm sie vollständig ein. Sie richtete sich auf, Kenny ließ sie freiwillig los und sah sie so gespannt an wie alle anderen hier. Keiner von ihnen wusste was hier los war, doch keiner traute sich einzugreifen. Kenny lag noch immer unter ihr am Boden, als sie das Schwert hob. Das ließ die Erinnerung wieder in mir aufleben als ich sie damals bei dem sterbendem Mann gefunden habe, den sie bis in den Tod begleitet hat. Sie sah aus wie ein Engel. "Lass mich dir helfen, ich werde denjenigen suchen lassen, der dir das angetan hat!" flehte Kenny weiter. Es war erstaunlich, noch nie habe ich einen Menschen gesehen, bei dem er solch eine Angst hatte. Doch bevor sie ihm den Todesstoß gab, ging ich dazwischen. Ich zog sie in meine Arme und drückte ihr blutbespritztes Gesicht in meine Schulter. Sie wehrte sich gegen mich, doch ich spürte wie ihre Kraft nachließ und irgendwann schluchzte sie nur noch. Nicht einmal einer von Kenny's Soldaten traute sich hierher. Über die Schulter schaute ich zu ihm nach unten, er sah fürchterlich aus. Doch er verstand und ließ sich von den anderen hoch helfen. "Wenn wir uns das nächste Mal sehen, lass dein kleines Mädchen zu Hause, ich hab das Gefühl sie ist noch nicht bereit für die Grausamkeit die sie erwartet." sagte er. Malina schien so weit weg von ihrem Bewusstsein zu sein, dass sie ihn wohl schon vergessen hatte. Wie er das meinte wusste ich zwar, doch meine Wut konnte ich nicht zurück halten. "Du kennst sie wirklich nicht?" fragte ich und biss die Zähne zusammen. "Wie gesagt, an so ein Mädchen würde ich mich erinnern." sagte er dann und verließ die Kneipe als wäre nichts passiert. Er kannte sie wohl wirklich nicht, vor wem hatte sie dann solche Angst wenn er es nicht war. "Kenny!" rief ich ihm noch hinterher. Er drehte sich um und spuckte Blut auf den Boden. "Kennst du diese Typen? Sie verkaufen wahrscheinlich Organe." sagte ich. Seine Augen verdunkelten sich einen Moment lang. "Nein." damit ging er. Kaum war er weg, brach Malina in meinen Armen zusammen. Sie schluchzte und schluchzte, sie bekam kaum noch Luft. "Ein Tuch und Wasser." rief ich dem Kneipenbesitzer zu. Sofort bracht er wonach ich gefragt hatte und ich hielt Malina das Wasser an den Mund, damit sie was trinken konnte.

Als sie fast wieder zu sich gekommen war, legte ich ihre Arme um mich und schaffte sie in das Lagerhaus zurück, wo unser Treffpunkt war. Jetzt musste ich erst mal zusehen, dass die anderen nicht starben. Ob es eine gute Idee war sie alleine hier zu lassen wusste ich nicht, aber ich wollte sich auch nicht fesseln, sie musste sich noch irgendwie verteidigen können.

MALINA POV:

Ich schaffte es wieder die Kontrolle über meinen Körper zu erlangen und sah mich um. Ich befand mich in der Lagerhalle, in der wir uns treffen sollten, wenn alles vorüber war und ich war schon wieder daran gescheitert. Tränen sammelten sich in meinen Augen, ich zog die Knie an und ließ mich von den Erinnerungen zermalmen. Ich habe diesen Mann fast zu Tode geprügelt und er hatte sich nicht einmal an mich erinnert. Zweifel drängten sich in meine Gedanken, kannte er mich wirklich nicht und ich habe ihm einfach grundlos wehgetan? Die Tränen versiegten nicht, bis die Sonne durch das kleine Fenster schien und den Himmel rosig färbte. WO waren die anderen? Ich konnte kaum daran denken, heute war einer der wohl beschämendsten Tage die ich je erlebt hatte. Ich sollte eine Aufgabe erfüllen und schaffte dies nicht, ich hatte einen Mann halb tot geprügelt und in der Stadt für genug Gesprächsstoff gesorgt, dass sie einen Bericht darüber drucken würden. Ich schaffte es nicht die Kutsche zu beschützen, oder über meine Schuld zu springen, stattdessen ließ ich mich erneut von Levi trösten und hierher bringen. Mit der Angst wie wütend er sein würde, blieb ich weiter hier und zog mich noch mehr in dieses Eck zurück. Es vergingen nur wenige Minuten, als einer nach dem anderen hier landete, sie hatten Dimo Reeves dabei, er war gefesselt und auf seiner Stirn waren Schweißtropfen, die ihm langsam über die Schläfe liefen. Armin und Jean waren die letzten, Jean warf sofort die Perücke ab, während Armin zusammenbrach und schluchzte. Ich konnte mich kaum erheben, als ich zu ihm ging und meine Hand auf seine Schulter legte. Da schrie er aus vollster Kehle. Die anderen blieben alle ruhig, während er seinen Ausbruch hatte. "Hättest du es nicht getan, wäre Kirschstein vermutlich gestorben." sagte Levi und setzte Dimo auf, der mich ängstlich ansah. Erst da fiel mir das Blut wieder ein, Kenny's und mein Blut hatten sich auf meinen Fingerknöcheln vermischt, ich hatte offene Wunden und diese glitzerten noch, im Abendlicht. "Ich habe ihn einfach umgebracht!" schrie Armin und setzte sich hin. Sein Gesicht war nass vor Tränen, ich holte mein Tuch hervor und reichte es ihm. Erst da schien er mich zu bemerken, seine Augen weiteten sich. "Es ist wohl ein wenig Blut darauf, aber du kannst die saubere Seite verwenden." krächzte ich und legte das Tuch auf seinem Knie ab. "Auch wenn Jean gestorben wäre, hätte ich ihn umgebracht." sagte er an Levi gewandt. "Alert, wir alle müssen Dinge tun, die wir nicht tun wollen und du hast heute einstecken müssen, das nächste Mal wirst du dafür weniger lang zögern wenn du deine Kameraden beschützt." erklärte Levi streng. Levi kam zu mir und hob mein Kinn mit dem Finger an, damit ich ihn ansah. Seine Augen schienen wir kleine Pfeile in meine zu schießen, er wusste was in mir vor sich ging. Doch er drückte mir einen kurzen Kuss auf die Stirn und ging dann zu Armin. Meinen Blick senkte ich wieder, ich sollte hier kein Verhalten an den Tag legen, als wäre ich eine kleine, schüchterne Rekrutin, dennoch schaffte ich es nicht den Kloß in meiner Kehle zu schlucken. "Armin du beruhigst dich jetzt, dieser Mann war schon ein Mörder und du hast einfach nur ein Problem aus der Welt geschaffen, die für euch zu einer Gefahr geworden wäre. Du hast deine Kameraden und deine Freunde beschützt und daran gibt es nichts wofür du dir Vorwürfe machst." Levi's Worte schienen Armin tatsächlich zu beruhigen. Danach besprachen wir was weiter passieren würde, Hange's Team holte Dimo Reeves für eine weitere Befragung ab und wir blieben die Nacht über hier. Eren und Historia wurden entführt, erzählte uns Hange's Team und wir überlegten uns einen weiteren Plan. Bis tief in die Nacht überlegten wir uns schließlich tat sich die Firma Reeves mit uns zusammen. Morgen sollten wir zwei Soldaten der Militärpolizei gefangen nehmen. Ich hingegen war nicht bereit dazu, ich fühlte mich völlig erschöpft, hintergangen und schuldig, sodass es mir den Magen zerfriss. Ich brachte kaum einen Bissen herunter, doch ich wollte auch nicht, dass die anderen sich um mich sorgten, es war schlimm genug, dass ich noch immer Kenny's Blut auf meinem Körper hatte. Ich kaute an dem Brötchen herum, während die anderen, besonders Sascha und Conni, versuchten eine entspannte Umgebung zu schaffen. Wir wussten noch nicht was mit Erwin passiert war, geschweige denn mit Eren und Historia. "Wasch dich." sagte Levi neben mir. Ich hob den Blick und sah, dass er keine Wiederworte zulassen würde. Ich erhob mich also und ging zu dem kleinen Eimer, in dem sich das Wasser befand. Es war ein wenig verschmutzt, das machte mir aber nichts aus. Ich wusch das verkrustete Blut von meinen Händen und auch mein Gesicht rieb ich mit den Händen ab. Meine Spiegelung im Wasser konnte kaum sehen, das wäre wohl auch besser gewesen, sonst hätte ich wirklich noch den Verstand verloren. Zittrig holte ich Luft und dachte krampfhaft nicht an die Geräusche, die Kenny von sich gegeben hatte, als ich meine Fast immer und immer wieder in seinem Gesicht versenkt hatte. Ich zuckte zusammen, als Levi seine Hand auf meinen Rücken legte, im selben Moment warf ich einen Blick zu den Rekruten, die bei der Laterne saßen. "Was ist? fragte Levi, ich zog die Augenbrauen zusammen, lügen würde genauso wenig bringen, wie die Wahrheit zu sagen, also schwieg ich. "Malina, Kenny hat schon schlimmeres überstanden." "Es geht nicht darum." zischte ich und biss mit auf die Lippe. Ich wollte nicht darüber reden und am wenigsten wollte ich hier darüber reden. "Sag es mir." verlangte er und drängte sich noch ein Stück vor mich, sodass ich vor den neugierigen Blicken der Rekruten geschützt war. "Er war es nicht." flüsterte ich und gab mir die beste Mühe meine Tränen hinunterzuschlucken. "Ich weiß." sagte Levi und zog mich an seine Schulter. "Er weiß aber wer es war." sagte er, mein Herz machte einen Sprung. "Aber bevor ich es dir sage, möchte ich endlich wissen, was mit dir los ist." seine Stimme war so sanft, dass ich es kaum ertrug. Ich hasste mich dafür, dass ich nicht ehrlich zu ihm war. Ich hatte bloß Angst davor, er würde mich danach nicht mehr wollen. Ich hatte Angst alleine damit zu sein und mich am Ende in einer Gasse liegen zu lassen. Ich hatte panische Angst davor, dass mich die Vergangenheit einholen würde und ich nichts anderes fühlen würde als diese schreckliche Schuld. Diese Gedanken, die mich jeden Tag heimsuchten fühlten sich wie etwas an, dass ich nicht verdient hatte und nun trotzdem damit fertig werden musste. Aber ich wusste, dass ich schuld war, ich trug die Schuld daran, dass ich mich so fühlte. Levi würde das nicht ändern können, niemand würde das ändern können, also musste ich einfach die ganze Zeit nutzen, die mir blieb und wiedergutmachen, was ich angerichtet hatte. Doch alles was passierte war, dass es mir schlechter ging, dass die Schuld schwerer wurde und mich unter sich zermalmen versuchte. "Ich habe schreckliche Dinge getan Levi." hauchte ich und wollte der Situation entfliehen so schnell ich konnte. "Sag es mir." verlangte er weiter, ich konnte ein Schluchzen nicht zurückhalten. "Ich habe Menschen verstümmelt und ihnen unendliches Leid zugefügt. Ich habe ihnen Körperteile entnommen, damit dieser Mann sie verkaufen kann." brachte ich nach einer gefühlten Ewigkeit hervor. Meine Augen waren auf Levi's Hals gerichtet, meine Stimme war brüchig und heiser. Nachdem ich die Worte ausgesprochen hatte, bereute ich dies sofort, Levi versteifte sich an mir und seufzte. "Es tut mir leid." flehte ich. "Levi, es tut mir so leid. Ich habe geschworen nie wieder einem Menschen etwas anzutun." schluchzte ich erneut. Levi legte seine Arme um mich und zog mich noch näher zu sich heran. "Malina, hör jetzt auf zu weinen, morgen haben noch eine wichtige Mission vor uns." sagte er und strich mir über den Kopf, bis die Tränen endlich versiegten. Ich konnte keinem einzigen der Einheit in die Augen sehen, sondern nahm eine der Decken, breitete sie am Boden aus und legte mich schlafen. Es war nicht das was ich inzwischen gewohnt war, aber ich musste irgendwie schlafen. Der Mond stand noch immer hoch am Himmel, als ich aufwachte. Ich konnte kaum glauben, dass ich Levi alles verraten hatte.

Get away // Attack on TitanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt