Hogar hatte eine knappe halbe Stunde benötigt, um seine Ausrüstung aus seinem Ford Canada Bison, mit dem er sonst zu reisen pflegte, in den präparierten Laster umzuladen. Mit wesentlich weniger Komfort ging es nun zunächst durch die Täler und über die Berge des Schwarzwaldgebietes in Richtung Württemberg. Insgesamt galt es eine Strecke von fast 200 Kilometern zurückzulegen.
Alleine für das Geschaukel müsste ich das Doppelte bekommen, dachte sich Hogar, während er Kilometer um Kilometer hinter sich brachte.
Das Nav seines Recreational Vehicle hatte Hogar ordentlich nachgerüstet. Es gab nichts Besseres, so dass sein Motorhome selbst in schwierigem Gelände einen Kurs berechnen und eigenständig navigieren konnte, solange Hogar die passenden Datenchips in das Systeminterface gesteckt hatte.
Der Laster hingegen besaß nur ein Nav zweiter Stufe. Damit konnte man automatisch auf einigermaßen ausgebauten Straßen unterwegs sein. Geländetauglich war es jedoch nicht. Es bestand somit das Risiko, dass der Laster auf einen Straßenabschnitt traf, der infolge schlechter Wartung nicht mehr als Straße gelten konnte.
Ein einfaches Nav konnte dabei schon einmal an seine Grenzen kommen und den Dienst versagen. Wurden etwa plötzlich auftauchende Straßenschäden nicht rechtzeitig erkannt, geriet das Fahrzeug von der eben noch festen Fahrbahn auf eine Piste aus zerbrochenen Asphaltstücken, Kratern, Hügeln und losen Schottersteinen.
Die Fahrzeugsicherung, leitete dann eine Bremsung bis zum Stillstand ein. Ein einfaches Nav detektierte daraufhin, dass sich das Fahrzeug nicht auf einer Straße befand. Schließlich verweigerte es den Dienst, nicht ohne den freundlichen Hinweis, dass ein Upgrade für 5000NY den Vorteil einer Geländenavigation bieten würde. Da half auch kein Systemneustart. Erwachte ein nur straßentaugliches Nav im Gelände, legte es sich gleich wieder schlafen. Mit Jannogar hatte Hogar schon oft Autos freischleppen müssen, die auf diese Weise liegen geblieben waren.
Bei dem Job war nun jedoch Eile geboten und um jegliches Risiko für Verzögerungen auszuschließen, fuhr Hogar den Laster selbst. Nur ab und an nahm er die Hände vom Steuer und gönnte sich einen Happen gegen den aufkommenden Hunger und spülte das Essen mit einem koffeinhaltigen Erfrischungsgetränk herunter, welches aus Ermangelung eines Kühlfaches zu einer ekligen Plörre geworden war.
Das Dreifache müsste ich bekommen! Es sind immer noch etwa 80 Kilometer in dieser primitiven Kiste! Beim nächsten Auftrag müssen wir den Kunden mindestens noch ein dreier Nav und ein Kühlfach mit aufschwatzen. Man weiß ja nie, wofür man so eine Karre einmal selber braucht, dachte sich der Troll.
Amstetten lag am nördlichen Rand der schwäbischen Alb. Das Gelände fiel nach Norden hin steil ab. Näherte man sich aus dieser Richtung, waren auf Straße wie Schiene steile Abschnitte zu überwinden. Die Eisenbahnstrecke zwischen Geislingen am Fuße der Schwäbischen Alb und Amstetten auf dem Hochplateau wurde von Ortsansässigen Geislinger Stiege genannt.
Die aufwärts wie abwärts vergleichsweise langsam fahrenden Transporte wurden regelmäßig von Überfällen heimgesucht. Dabei gelang es den Plünderern zwar meistens nicht, die Waren und Güter vollständig abzutransportieren, aber was sie nicht mitnehmen konnten, wurde oft zerstört oder schwer beschädigt.
Auf Druck der Konzerne wurden die Transportwege dieser Gegend deshalb in besonderer Weise gesichert. Die Polizeipräsens entlang des Straßen- und Schienenkorridors wurde erhöht und durch konzerneigene Sicherheitskräfte erheblich verstärkt. Insbesondere die Nachtschichten wurden dabei fast vollständig durch Konzernpersonal abgedeckt.
Unter Plünderern sprach es sich schnell herum, dass man besser nicht in die Hände der Konzerntruppen fallen sollte, die aus einer Mischung von gewaltbereiten, teils sadistischen Männern und Frauen unterschiedlichster Rassen bestanden. Nicht selten wurden verhaftete Plünderer in der Nachtschicht zu Splatterspielen missbraucht und dabei auf grausame Weise gefoltert und gequält. In den offiziellen Berichten stand in diesen Fällen dann stets zu lesen, dass sich der Gefangene bei einem Fluchtversuch leider tödliche Verletzungen zugezogen hatte.
In einem nordöstlich von Amstetten gelegenen Waldgebiet befand sich ein Militärstützpunkt der gemeinsam von Armee, Polizei und Konzernsicherheit als Lager für besonderes Equipment und als Basis für die Sicherheitseinsätze entlang der Geislinger Stiege genutzt wurde. Knapp zwanzig Kilometer östlich dieses Militärlagers, befand sich Hogars Ziel.
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Schattenhelden - Hogars Ausflug nach Berlin
AdventureErstens kommt es anders und zweitens, als man denkt! Kein Ausspruch würde wohl besser passen, um den ungeplanten Ausflug zu beschreiben, den der Troll Hogar nach Berlin unternimmt. Etwa vier Autostunden von seiner Heimat im Schwarzwald entfernt, ben...