Berlin - 18:49 Uhr

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„Die Wolkendecke wird zunehmend dichter", meldete der Erste Offizier.
„Ja, die ersten Barrieren", stimmte Kapitän Fuchsberger zu.
„Eine Öffnung bei 17 Grad und 39,58945652864 Sekunden", meldete der Zweite Offizier.
„Kurs bestimmen und setzen!", kommandierte Kapitän Fuchsberger. „Dort kommen wir noch trocken durch. Gut gemacht!"
„Danke Herr Kapitän", antwortete der Zweite Offizier, nachdem, er die nötigen Anweisungen zur Kursänderung durch das Röhrensystem kommuniziert hatte.

„Eisstatus?", fragte Kapitän Fuchsberger.
„Nur leichter Befall der Propeller", lautete die Antwort des Ersten Offiziers.
„Gut! Nicht ungewöhnlich in diesem Stadium", stellte Kapitän Fuchsberger fest.
„Enteisungsflüssigkeit wurde bereits aktiviert", meldete der Zweite Offizier.

In diesem Moment stieß die Graf Zeppelin durch die Wolkenlücke in den darüber liegenden Raum. Der Brückenbesatzung eröffnete sich eine gigantische, halbkugelförmige Kuppel mit einem Durchmesser von 128 Kilometern und einer Höhe von 64 Kilometern. Die Fläche, mit der die Kuppel den darunterliegenden Raum abgrenzte, wirkte auf den ersten Blick wie eine dichte, weiße Wolkenformation, jedoch ohne das für Wolken typische, flauschige und watteartige Erscheinungsbild. Stattdessen bestand die Grenzfläche aus weiten, geschwungenen Formen, die gleich einer umgewandten, sanften Hügellandschaft wirkten und dabei aus einem Material bestand, dass einen glasähnlichen Glanz aufwies.

Als das Luftschiff vollständig durch die Wolkenformation in den kuppelförmigen Raum vorgedrungen war, erschien bei 24 Grad und 48,5749285 Sekunden Steuerbord in einer Entfernung von 107,568375 Metern und in einer relativen Höhe zum Luftschiffreferenzpunkt von 43,72658 Metern, eine Leuchtstoffröhre. Der weiße, ebenfalls gläsern wirkende, genau 72 Meter lange Leuchtköper hatte einen Durchmesser von exakt drei Metern. An beiden Stirnseiten befand sich eine Metallkappe, aus welcher je zwei zylinderförmige, metallische Stifte herausragten, deren Enden abgerundet waren.
„Dort drüben ist die Erste", rief der Zweite Offizier.

Im selben Moment erschienen an verschiedenen Stellen unter der Kuppel weitere Leuchtstoffröhren in jeweils verschiedenen Entfernungen zum Luftschiff und in verschiedenen räumlichen Ausrichtungen zueinander. Anfangs konnte man das Erscheinen der einzelnen Röhren noch erkennen. Doch bald darauf zeigten sich mehr und mehr von ihnen in immer kürzer werdenden Abständen, bis sich schließlich Millionen, Milliarden und Abermilliarden Röhren einer Explosion gleich manifestierten und den Raum unter der Kuppel ausfüllten.
Dabei waren die einzelnen Leuchtstoffröhren ungleich im Raum verteilt. Während sich einige isoliert und in einem relativ großen Abstand zu ihren Nachbarröhren befanden, bildeten andere große und kleine Gruppen, in denen sie wiederum unterschiedlich verteilt waren. Die Gruppen ihrerseits bildeten clusterartige Obergruppen, welche letztlich zu Filamenten zusammengefasst werden konnten. Nach 52,0428 Sekunden war der unendlich wirkende Kosmos weißer Leuchtstoffröhren vollständig aufgebaut.

„Nun denn", äußerte sich Kapitän Fuchsberger, „lasst uns Mikado spielen!"
„Frequenzgeneratoren aktivieren!", rief der Erste Offizier Hugo Eckener das Kommando, welches gleich darauf durch den Zweiten Offizier in das Röhrenkommunikationssystem übertragen wurde.
„Hüllensensoren kalibrieren!", wies Fuchsberger an und wiederum wurde der Befehl auf die gleiche Weise weitergegeben.
„Andockvorrichtungen auf Konfiguration Gamma 7 umrüsten", befehligte Eckener.
„Umrüstung läuft", bestätigte der Zweite Offizier. „Statusmeldung der Ortungszentrale kommt rein", rief er gleich darauf.

„Meldung!", folgte die Anweisung von Eckener.
„Röhre 1, Wahrscheinlichkeit 99,8278467399%, auf Höhe 728,46214 bei 43 Grad und 58,3729401585768 Sekunden Backbord, Entfernung 399305,4623575024, Röhren 2, 3 und 4 mit einer Wahrscheinlichkeit kleiner 99,15259545155%", meldete der Zweite Offizier.
„Kapitän Fuchsberger?", wandte sich Eckener an den Luftschiffkommandanten.

„Kurs auf Röhre 1 setzen, Motoren weiter auf Volllast, Andockkurve berechnen, Stützpunktanzahl 16.384, Interpolationsalgorithmus Ypsilon 3!", wies Kapitän Fuchsberger seine Besatzung an, die jeden Befehl unverzüglich und mit einer Exaktheit bis in die 17.179.869.184ste Stelle hinter dem Komma ausführte.

„Statusmeldung Röhre 1?", erkundigte sich Fuchsberger.
„Röhre 1 jetzt auf Wahrscheinlichkeit 99,99756229405%", antwortete der Zweite Offizier.
Die Graf Zeppelin flog entlang der berechneten, räumlichen Bahnkurve und schwenkte schließlich auf die Mittelachse der Leuchtstoffröhre ein.
„Status Andockklammern?"
„Klammern bereit!"
„Status Datenspeicher?"
„Speicher bereit, Redundanz 8.192!"
„Röhre 1 jetzt auf 99,9999994534%", meldete der Zweite Offizier.
„Andockstrecke erreicht Minimum!", meldete der Erste Offizier Hugo Eckener.
„Propellermotoren volle Kraft zurück!", befahl Kapitän Fuchsberger.
„Frequenzgenerator und Hüllensensoren deaktivieren! Andockklammern öffnen! Meldung Andockcountdown!", kommandierte der Kapitän.
„Andockstatus 6, 5, 4, 3, 2, 1, ...", zählte Eckener rückwärts.

Die fünf Zwölfzylinder-V-Motoren brachten das Schiff exakt in dem Moment zum Stillstand, als sich die Andockvorrichtung vollständig über die beiden Metallstifte der Leuchtstoffröhre geschoben hatte. „... angedockt, Klammern geschlossen", meldete Eckener.

In diesem Moment erklang ein kleines, doch deutlich hörbares „Bling", als der Glaskörper der Leuchtstoffröhre von einem kurzen Lichtimpuls durchfahren wurde. Für diesen einen winzigen Moment hielt Fuchsberger mit äußerster Anspannung inne, während er die nächste Meldung seines Ersten Offiziers erwartete.

„Datensatz komplett erhalten und gesichert Herr Kapitän Fuchsberger", komplettierte Eckener gleich darauf.
„Gut!", bestätigte Fuchsberger knapp, während seine Anspannung wieder abfiel. „Abdockmanöver Gamma 32! Frequenzgenerator und Hüllensensoren aktivieren!", wies Fuchsberger sichtlich erleichtert an.
„Abdockmanöver abgeschlossen", hörte der Kapitän seinen Zweiten Offizier.
„Motoren volle Kraft voraus! Holen wir uns die Nächste", befahl er entschlossen.

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Schattenhelden - Hogars Ausflug nach BerlinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt