Philipp hält einer älteren Dame die Tür zu dem nächsten Laden auf. Ihm steigt ein Duft aus einer Mischung von Lebkuchen und Räucherkerzchen in die Nase. Im Laden ist es warm, angenehm warm. „Guten Tag, Stehler mein Name, von der Kriminalpolizei.", Philipp zeigt der blondhaarigen Verkäuferin seinen Dienstausweis. „Hätten Sie einen Moment? Ich habe ein paar Fragen.", fragt er. Der Laden ist voller Menschen. „Natürlich. Kommen Sie mit.", sagt die Frau zu Philipp. In den hinteren Teil des kleinen Ladens ruft sie: „Frank, kannst du bitte kurz auf den Laden aufpassen." „Geht klar!", hört Philipp eine Männerstimme zurückrufen. Die Frau, deren Namen Philipp noch nicht kennt, geht ein Stück voraus und öffnet eine kleine Tür. Philipp tritt in den kleinen Raum. „Würden Sie mir Ihren Namen verraten?", fragt er die Frau. „Oh, Entschuldigung. Sabine Kaminski.", stellt sich die blondhaarige vor und zeigt auf einen kleinen Tisch und zwei Stühle in der hinteren Ecke des Raumes. „Setzen Sie sich." „Danke.", sagt Philipp nur und setzt sich auf einen der sehr bequemen Stühle. „Kann ich Ihnen etwas ein Glas Wasser anbieten?", die Frau schließt die Tür und schaut Philipp freundlich an. „Nein danke."
„Um was geht es eigentlich? Ist etwas passiert?", Frau Kaminski setzt sich Philipp gegenüber. „Es geht um meine Kollegin Frau Fuchs. Sie wurde vor einer guten Stunde entführt und wird jetzt vermutlich irgendwo festgehalten. Wir haben vorhin im
Kommissariat einen Anruf des vermutlichen Entführers bekommen. Als letztes ist sie mit großer Wahrscheinlichkeit hier unterwegs gewesen. Ist Ihnen vor, sagen wir drei Stunden, etwas aufgefallen?", Philipp merkt selbst, dass er die Frau überfordert. „Bitte noch einmal langsam. Ihre Kollegin ist verschwunden und Sie wollen mir jetzt unterstellen, ich hätte sie entführt?!", Frau Kaminski wirft Philipp einen empörten Blick zu. „Ich will Ihnen gar nichts unterstellen. Ich habe lediglich gefragt, ob Ihnen vor knapp drei Stunden etwas aufgefallen ist.", versucht er es noch einmal. „Entschuldigen Sie bitte, ich bin heute nicht ganz bei der Sache. Meine Tochter ist aufgrund eines Sportunfalls in der Schule ins Krankenhaus gebracht worden.", die Frau denkt einen Moment nach. „Das tut mir sehr leid.", der
Kommissar hat keine eigenen Kinder, doch die Gefühle der Frau kann er nur zu gut verstehen. „Um Ihre Frage zu beantworten, mir ist nichts aufgefallen, aber Sie können gern noch meinen Kollegen Herrn Fritz fragen?", Frau Kaminski steht auf. „Ich lasse Ihnen meine Karte da, falls Sie noch etwas bemerken.", Philipp reicht ihr seine Dienstkarte mit seiner Dienstnummer, sowie der privaten Handynummer. „Danke. Ich bringe Sie noch zu Herrn Fritz."
Als Philipp wieder durch die Tür in den kleinen öffentlichen Laden tritt, merkt er den Temperaturunterschied sofort. In dem kleinen Raum ist es um einiges kühler als in dem Ladenbereich. „Frank, das ist Herr Stehler von der Kripo. Er hat ein paar Fragen an dich.", Frau Kaminski winkt ihren Kollegen zu sich. „Oh, um was geht es denn? Frank Fritz mein Name.", er reicht Philipp die Hand. „Es geht um meine Kollegin. Sie wurde entführt, wir wissen nur, dass sie vor wenigen Stunden hier einige Weihnachtsartikel besorgen wollte.", Philipp zeigt dem Mitarbeiter des Ladens ein Bild von Charlie. „Sie kommt mir bekannt vor. Wenn ich mich nicht täusche, war sie vor vier Stunden bei uns im Laden und hat zwei von unseren Plastikbäumen gekauft.", scheint Herr Fritz sich zu erinnern. „Haben Sie gesehen wohin meine Kollegin nach dem Einkauf gegangen ist?", fragt Philipp weiter. „Ich kann mich auch irren, aber da war ein breitschultriger Mann mit dem sie in Richtung des Markes gegangen ist." „ich danke Ihnen. Sie haben mir schon weitergeholfen. Falls Ihnen noch etwas einfällt oder auffällt, hat Ihre Kollegin meine Karte. Sie können da jederzeit anrufen!", Philipp nickt den beiden zu und verlässt den Laden. Die Kälte schlägt ihm entgegen.
Philipps Blick fällt auf die große Uhr an der Kirche. Noch knapp 22 Stunden haben die Kommissare zum suchen. Von Dani hat Philipp auch seit einer Stunde nichts gehört. Er zieht sein Handy aus der Tasche und wählt Danis Nummer. Nach wenigen Sekunden ertönt die Stimme der Mailbox. „Dani, melde dich mal. Ein Mitarbeiter eines kleinen Geschäfts hat Charlie vermutlich in Richtung des großen Weihnachtsbaumes gehen sehen, aber halt dich fest, in Begleitung eines kräftigen Mannes. Ich bin jetzt fast durch mit der Befragung. Wie sieht es bei dir aus?", spricht er. Die Neuigkeiten schickt er auch an Michael und Robert weiter, dann macht er sich auf den Weg zu dem Baum. Sein Handy vibriert. Er zieht es aus der Tasche. Eine anonyme Nummer, vielleicht Charlies Entführer. „Stehler?", meldet er sich. „Findet ihr eure liebe Kollegin nicht, so wird sie sterben. Ein kleiner Hinweis noch von mir, folgt dem roten Schnee." Es ist die gleiche Stimme wie bei dem Anruf im Kommissariat. Bevor Philipp etwas erwidern kann, legt der Anrufer auch schon auf. Sofort ruft er Michael an. „Philipp gibt's was neues?", fragt er. Philipp berichtet ihm kurz von seinem neuen Hinweis auf Charlie und dem erneuten Anruf des mutmaßlichen Täters. „Robert hat vorhin auch gesagt, dass Charlie in der Nähe des großen Weihnachtsbaumes gesehen wurde. Von einer männlichen Begleitung hat er nichts erwähnt.", gibt Michael seine Informationen an Philipp weiter. „Sag mal, hat sich Dani bei dir gemeldet? Es ist doch nicht ihre Art nicht ans Handy zu gehen.", stellt Philipp besorgt fest. „Sie hat vor einer Stunde einer Sprachnachricht geschickt, seitdem habe ich nichts mehr von ihr gehört."
Philipp überlegt einen Moment. „Nicht, dass ihr etwas zugestoßen ist.", Philipp nimmt sein Handy in die andere Hand. Seine rechte Hand ist durch die Kälte schon fast taub. „Ich versuche sie zu erreichen, sucht ihr weiter.", Michael beendet die Unterhaltung. Philipp ist sehr froh endlich beide Hände wieder in die Jackentaschen stecken zu können. Durchgefroren läuft er in schnellem Schritt auf den großen Baum mit bunter Lichterkette zu. Der Schnee knirscht unter seinen hellbraunen Stiefeln. Er schaut in alle Richtungen, in der Hoffnung Charlie irgendwo zu entdecken, doch sein Blick sucht vergeblich. Er sieht nur spielende Kinder und deren Eltern, alte und junge Menschen, die Weihnachtsbesorgungen erledigen und Streifenpolizisten, die die Kommissare bei der Suche unterstützen. Um ihn herum tanzen die Schneeflocken im leichten Wind.
Der junge Kommissar bleibt wie erstarrt stehen, als er den roten Fleck mitten im Schnee sieht. „Folgt dem roten Schnee." Die Worte des Anrufers hallen durch seinen Kopf. Neben dem Fleck führt eine Spur in die hintere Ecke des Marktes. Was erwartet ihn wohl am Ende der Blutspur? So schnell er kann rennt er durch den Schnee, immer dem roten Schnee hinterher. Sie führt in eine enge Seitengasse an der anderen Seite der Straße. Hinter einer Hausecke endet sie. Philipp schaut sich suchend um, doch erkennen kann er nichts. „Hallo? Charlie?", ruft er, doch auch eine Antwort erhält er nicht. Er macht noch ein paar vorsichtige Schritte hinter das Haus. Sein Atem stockt, als er sie da liegen sieht. Wie tot liegt sie in dem kalten Schnee.
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Roter Schnee
FanficEntführung, Bedrohung, Angst und Liebe. Den Kommissaren Robert Ritter, Daniela Stamm, Philipp Stehler und Michael Naseband bleiben nur 24 Stunden ihre Kollegin Charlotte zu finden. Ein Spiel gegen die Zeit beginnt. Dieses Buch enthält triggernde Inh...