Kapitel 3- Redebedarf

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"Stell dich ihnen" murmelt er in mein Haar und drückt mir einen Kuss auf die Wange. "Aber nicht mehr heute, jetzt geh schlafen."

Und genau das hatte ich auch vor, doch meine Gedanken wollten nicht aufhören sich im Kreis zu drehen. Alles in meinem Kopf dreht sich um die vier Personen. 100 Fragen. 100 Szenarien, die mir durch den Kopf gehen. 100 Anfänge, 100 verschieden Ausgänge, für jeden dieser Anfänge. Irgendwann muss ich wohl doch eingeschlafen sein, denn am nächsten Morgen wecken mich zarte Sonnenstrahlen, die auf mein Gesicht treffen. Müde reibe ich mir die Augen, und tapse auf nackten Füßen ins Badezimmer. Mein Kopf scheint vor lauter nächtlichen Nachdenken zu qualmen, ich hoffe das eine kalte Dusche hilft. Die Gedanken aus meinem Kopf vertreibt. Aber nein. Sie scheinen ein Eigenleben zu führen und lassen sich nicht beeindrucken von meinen Mühen. Es ist hoffnungslos.

Ich mache mich schnell fertig für den Tag, ein bisschen Makeup, einen Dutt. Fertig damit Stelle ich mich der Qual der Wahl, was ich anziehen soll. Am Ende entscheide ich mich für ein eine Shorts und ein Croptop. Mir ist nicht nach etwas herausstechenden. Einfach nur Basic, vielleicht auf langweilig. Aber genau das brauche ich. Von Aufregung habe ich schon lange genug.

Als ich in die Küche komme, blickt mein Opa von seiner Zeitung auf. "Melody, gut, dass du wach bist. Könntest du zu den Heywards? Wir haben noch nicht wirklich etwas zu essen und Trinken hier. Ich habe dir eine Liste geschrieben." "Grandpa, ich weiß warum ich das machen soll.." beginne ich, doch er lässt mich garnicht aussprechen. "Gut, dann weißt du auch, dass ich nicht mit mir diskutieren lasse." Ergeben seufze ich und mache mich auf den Weg.

Ich schlendere durch den kleinen, urigen Laden. Auch wenn er klein ist, die Heywards haben alles was man zum Leben auf der Insel braucht. Leider komme ich viel zu schnell zum Ende der Liste, da ich mich hier gut auskenne. Früher war ich fast jeden Tag hier. Manchmal habe ich Pope auch geholfen, die Lieferungen weg zu bringen oder Regale aufzufüllen, je nach dem was anstand. Während ich den letzten Artikel einsammeln, schicke ich ein Stoßgebet nach oben, keinen zu treffen. Doch das Leben meint es nicht gut mit mir. Ein Stück abseits der Kasse steht die Vierergruppe von gestern. Also beschließe ich möglichst unauffällig zu bleiben und schleiche so still wie möglich zur Kasse.
"Guten Morgen und bekommen bei Hey...." Beginnt Mr. Heyward gut gelaunt, doch hält dann inne. "Moment mal..." Beginnt er gerade weiter zu sprechen, als er unterbrochen wird. "Hey, du bist doch das Mädchen von gestern"
Ich warte drauf, dass sie das Loch im Boden auf tut, aber mal wieder ist das Glück nicht auf meiner Seite. Ich spüre wie alle fünf ihre Blicke auf mich legen und kann ihre Köpfe praktisch rattern hören. Ich komme ihnen bekannt vor, nicht nur von gestern Abend. Für eine Flucht ist es also definitiv zu spät. Kurz steigt die Panik in mir.

Kurzentschlossen entscheide ich mich dafür, dass Angriff, die beste Verteidigung ist. "Mr. Heyward, freut mich sie wieder zu sehen." Kurz schlucke ich und sammle noch einmal meinen nicht vorhandenen Mut zusammen. "JohnB, JJ, Pope..." "Mel? Melody?", platzt es da auch schon aus dem blond haarigen Pogue heraus. Ich blicke auf den Boden und nicke. Mein Puls erhöht sich so sehr, dass ich das Gefühl habe zu fliegen. Mein Bauch kribbelt nervös. Meine Hände werden schwitzig. Jetzt ist es raus. Jetzt wissen sie, dass ich wieder da bin. "Wie? Wo? Wo warst du?", fährt John B fort. "Ich.. das ist 'ne lange, komplizierte Geschichte." Mr. Heyward nickt und stellt nach einem Blick auf unsere Gesichter meine Einkäufe hinter den Tresen. "Komm sie dann holen, ich glaube ihr habt erstmal Redebedarf." Dankbar nicke ich ihm zu.
JohnB zeigt mit seinem Kopf Richtung Tür. Unsicher folge ich ihnen nach draußen.
"Kann mich mal bitte jemand aufklären?" beginnt das Mädchen von gestern Abend das Gespräch. Das heißt sie konnten mich gestern nicht einordnen. Ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist. "Das ist Melody. Sie war unsere beste Freundin. Sie, JohnB und JJ kennen sich seit klein auf. Vor einem Jahr hat sie die Insel verlassen und seit dem haben wir nichts mehr von ihr gehört.", klärt Pope die Braunhaarige auf. JJ, der bisher ungewöhnlich ruhig war, platzt auf einmal mit einer Frage raus: "Was ist mit deinen Haaren passiert, Mel?" Ich muss schmunzeln, denn so eine Frage in so einer Situation kann nur von Jj kommen. "Keine sorge, die sind nur geglättet. Einmal Wasser und ich habe meine alten wieder." Etwas abwesend nickt er. Mit einem Blick auf die anderen sehe ich, dass es nicht unbedingt ihre erste Frage gewesen wäre.
"Also wo warst du?", nimmt John, den Faden wieder auf. Es fühlt sich an als würde er mit dieser Frage meine Kehle zuschnürren. "Ich... Ich war auf dem Festland, wie ich euch geschrieben habe." "Warum? Warum hast du nicht mehr geantwortet? Warum so plötzlich? Mel, da steckt doch mehr dahinter." kritisch beäugt er mich. "Ich.. ich musste einfach mal raus." Es ist nicht gelogen. Aber doch so weit von der Wahrheit entfernt, wenn es doch nur so einfach gewesen wäre. "Du lügst.", pfeffert mir JJ entgegen kaum das ich meinen Satz beendet habe. "Ich, nein. Ich.. es ist so." Meine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern. Ich kann förmlich sehen, wie die Wut in den Jungen steigt. Plötzlich schreit Jay: "Ist das dein scheiß Ernst? Wir kennen uns unser Leben lang, wir haben alles miteinander geteilt.  Und dann haust du ab. Über Nacht. Wir waren dir nicht mehr Wert als ein verschissener Brief? Und jetzt? Du tauchst einfach so wieder auf? Aus dem Nichts und wir sind dir nicht mal die Wahrheit wert? Ist das dein Ernst?!" "Jay, ich... Es tut mir leid..." Doch noch bevor ich meinen Satz beenden kann, stürmt er davon. Das Mädchen macht sofort kehrt und rennt ihm nach. Ich beiße nervös auf meine Lippe. John und Pope schauen mich enttäuscht an. Ich würde gern so viel sagen, doch es ist als würde ich meine Stimme versagen. Als sie merken, dass ich schweige, setzen sie sich in Bewegung und folgen Jay.

"Wartet!" rufe ich panisch, "es tut mir wirklich leid. Ich versteh, dass ihr sauer seid. Wirklich. Aber..." Kopfschüttelnd setzen die beiden ihren Weg fort und lassen mich stehen. Ich spüre wie mir die Tränen in die Augen steigen und die Verzweiflung mich übermannt. So sollte das doch nicht laufen. Und das schlimmste ist, ich kann ihnen nicht mal sauer sein, denn sie haben jedes Recht sauer zu sein.

only a Sunset apart || JJ Maybank Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt