Kapitel 9- dumpfes Bauchgefühl

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Für einen winzigen Moment ist meine Welt wieder ok, auch wenn der Anlass dafür nicht sehr erfreulich ist.

Am nächsten Morgen wache ich durch das Knarzen einer Tür auf. Als ich meine Augen öffne, sitzt John vor meinem Bett. "Mel, guten Morgen." Verschlafen reibe ich mir die Augen. "Ich... Du... Ach verdammt Mel, danke für gestern. Wirklich. Aber Kie und die anderen sind gerade auf den Weg hierher..", stottert er leise vor sich hin. Es ist ihm sichtlich unangenehm. Ohne das er es aussprechen muss, weiß ich was er will. Es schmerzt tief in meinem Inneren und doch versteh ich ihn. Er hat gerade so viele Probleme, da braucht er nicht noch Stress mit seinen Freunden. Und doch bricht ein kleiner Teil meiner Selbst. Als würde ich aus einem Traum aufwachen und in der Realität eine Bruchlandung hinlegen. Ich atme tief durch, versuche das Brennen in meinen Augen zu ignorieren. "Jederzeit wieder, JohnB. Das weißt du oder?" Er nickt und nimmt mich nochmal in den Arm um ein danke in meine Haare zu murmeln. Seine Umarmung fühlt sich an wie zu Hause. Ich atme noch einmal tief durch um mir seinen Geruch einzuprägen. Ich will dieses zu Hause Gefühl nicht gehen lassen. Aber es ist besser für ihn.
Er liebt und braucht seine Freunde jetzt mehr denn jeh.

Als ich zu Hause ankomme erwartet mich ein völlig aufgelöster Grandpa. Oh, Mist, ich habe vergessen ihm Bescheid zu sagen. "Grandpa, es tut mir leid.", versuche ich ihn gleich zu beruhigen. "Ich war bei JohnB, er soll seinen Vater für Tod erklären lassen. Ich konnte ihn nicht alleine lassen. Ich hätte dir Bescheid sagen, es tut mir leid." Seine Mimik entspannt sich sichtlich während er meine Worte vernimmt. Er weiß wie wichtig mir die Pogues sind und wie wichtig BigJohn für mich war. Welche Rolle er in meinem Leben gespielt hat. "Heißt das ihr habt euch vertragen?", fragt er nach. "Nein. Wir haben nie wieder darüber gesprochen. Wir sehen uns nur, wenn er über seinen Dad Sprechen möchte." Ich sehe genau, wie es in ihm arbeitet. Er überlegt was er jetzt am besten sagen sollte. "Du solltest es endlich tun. Sie fehlen dir. Das sehe ich dir an, mein Kind. Ich weiß, du denkst gerade, du hast sie lieber nur so halb. Aber es macht dich kaputt auf Dauer. Melody, ich seh doch wie traurig du den ganzen Tag bist." Ich versuche ein Lächeln aufzusetzen. Ich will nicht, dass er weiß wie es in mir aussieht. Er soll sich nicht immer Sorgen machen müssen. "Nein, es geht mir gut. Wirklich." Er glaubt mir nicht, das seh ich ihm an. Und doch entschließt er sich nichts weiter zu sagen, stattdessen lädt er mich ins Wreck ein. Opa-Enkel-Zeit, wie er es so schön nennt. Ich willige ein, denn er hat Recht. Nur dank ihm bin ich jetzt hier. Wieder zu Hause, auch wenn es sich noch fremd anfühlt. Ich gebe Hoffnung nicht auf, dass sich alles normalisiert.

Gegen Mittag machen wir uns auf den Weg ins Wreck. Es ist das beste Restaurant der Insel. Eigentlich sollte ich mich freuen. Zeit mit meinem Grandpa. Gutes Essen. Aber ich habe dieses dumpfe Gefühl in meinem Bauch. Als würde heute noch etwas schlimmes passieren. Nervös beginne ich an meiner Kette zu spielen. Das Gefühl will einfach nicht verschwinden. Als wir das Wreck erreichen, sehe ich gleich das die Pogues auch da sind. Innerlich schlage ich mir gegen den Kopf. Natürlich sind sie hier, das Restaurant gehört Kiaras Eltern. Wie konnte ich das nur vergessen? Ich weiß, sie haben mich gesehen. Ich habe die Blicke gespürt, als würden sie sich in meine Haut brennen. Es macht mich nur noch nervöser, doch ich weiß, dass sie mich wieder ignorieren werden. Wie immer. Und obwohl ich mich längst daran gewöhnt haben sollte, tut es noch immer weh. Ich versuche mich zu sammeln, es scheint als würde gerade alles über mich hineinbrechen. "Melody, kommst du?" Mein Grandpa steht bereits schon an der Tür und wartet auf mich. Ich schüttel sachte meinen Kopf, als könne ich all das Böse damit vertreiben und beeile mich zu ihm zu gelangen.
Wir suchen uns einen Platz und geben die Bestellung auf. Und weil das Glück so auf meiner Seite steht, bedient uns Kiara. Ich weiß nicht warum, aber mein Gefühl sagt mir, sie kann mich nicht leiden. Von dem offenen, netten Mädchen ist nicht mehr viel übrig. Grandpa und ich essen gerade genüsslich unser Essen. Das dumpfe Bauchgefühl verfolgt mich noch immer. Auf einmal fühlt es sich an, als würde es kälter werden. Mein Fluchtinstinkt springt sofort an. Auch Grandpa scheint es zu spüren, denn wir schauen zeitgleich zur Seite unseres Tisches. Und was ich da sehe lässt mir das Blut in den Adern erfrieren.

only a Sunset apart || JJ Maybank Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt