Kapitel 18- Wahrheit

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Sie müssen es erfahren. Sie haben das Recht es zu erfahren. Zu erfahren, warum ich weg gegangen bin. Wo ich ein Jahr lang war.

Die Jungs haben, zum Glück, heute nichts vor. Daher setzen wir uns gemeinsam auf den Steg. Das warme Wasser umspült meine Füße, doch es beruhigt mich nicht wie sonst. Erwartungsvoll schauen mich drei Gesichter an. Plötzlich ist es mir ein wenig unangenehm. Ich werde unsicher. JJ scheint es zu merken. "Alles gut. Lass dir Zeit.", versucht er mich zu beruhigen. Ich nicke und beiße mir auf die Lippe. Das Ganze ist schwerer als gedacht. Wie automatisch greife ich nach meiner Kette, sie gibt mir Kraft. "Also ich... Verdammt..", unternehme ich den Versuch zu starten. Doch ich weiß nicht wo ich anfangen soll. Es ist einfach viel zu viel passiert. "Ich war auf dem Festland. Wirklich. Wie ich es euch gesagt habe.", beginne ich dann doch. "Aber nicht für Urlaub oder so. Mein Grandpa und ich... Wir haben ein Prozess geführt. Gegen meine Eltern." Immer wieder stocke ich. "In dem Prozess ging es darum ihnen das Sorgerecht zu entziehen. Hätte ich euch mit Kontakt gehabt, ich weiß nicht ob ich es hätte durchziehen können. Ich habe euch so vermisst. Jeden Tag. Ich hatte Angst alles abzubrechen wenn ich das vermissen nicht mehr ausgehalten hätte.." Die ersten Tränen steigen mir in die Augen. "Aber ich musste... Ich musste da raus. An dem letzen Abend, als wir uns gesehen haben... Ich kam zu spät nach Hause.. Sie sind ausgerastet, schlimmer als sonst." "Aber du bist doch an dem Tag zeitig losgegangen?", wirft Pope ein. Verflucht, sei sein Supergehirn. Ich blicke unwillkürlich zu JJ. In meinem Kopf ploppt die Erinnerung auf des Abends auf.

*Flashback:
"Komm lass uns noch den Sonnenuntergang anschauen, Prinzessin.", schlägt der Blonde Pogue vor. Kurz überlege ich, doch stimme zu. Das wäre der perfekte Abschluss des Tages. Er legt seinen Arm um meine Schulter, wie er es so oft tut, und führt mich zum Strand. Wir setzen uns an einen alten Baumstamm. Ich spüre den weichen, warmen Sand. Das seichte Wasser, dass unsere Füße umspült. Eine Weile ist nichts zu hören, außer das rauschen der Wellen. Die Sonne sinkt immer tiefer und der Himmel verfärbt sich in den schönsten Farben, welche sich auf dem Wasser spiegeln. "Es ist wunderschön.", seufze ich in die Stille. JJ blickt mich an, als hätte ich ihn aus seinen Gedanken geholt. Ich lächel ihn an. Doch er scheint gerade mit sich zu ringen. Es ist als könne ich einen Kampf in seinen Augen beobachten. Zu gern wüsste ich um was es geht. Um seine Aufmerksamkeit zu bekommen lege ich meine Hand an seine Wange. "Wie du", flüstert der Blonde da plötzlich als hätte meine Berührung seinen Trance aufgelöst. Erstaunt blicke ich ihn an, meine Hand noch immer an seiner Wange. Meine Hand kribbelt, seine Wange ist so weich. Am liebsten würde ich meine Hand nie wieder entfernen. Seine Augen wirken in dem Licht der untergehenden Sonne noch blauer. Erstaunt über das Farbenspiel seiner Augen halte ich den Blickkontakt. Es wirkt wie eine Hypnose, macht mich völlig unbeweglich. Kaum merklich näheren sich unsere Köpfe. Sein Blick huscht von meinen Augen zu meinen Lippen und wieder zurück. Ich tue es ihm gleich. Seine Lippen die gerade so einladend und rosig aussehen, wie nie zuvor. Und bevor ich mich versehe, berühren sich unsere Lippen. Ganz sacht, ganz kurz. Dann zieht sich JJ schon zurück. Doch ich will mehr davon. Ich will mehr von dem atemberaubenden Gefühl, dass dieser kurze, unschuldige Kuss in mir ausgelöst hat. Bevor ich darüber nachdenken kann, presse ich auch schon meine Lippen wieder auf seine. Als hätte der Pogue nur darauf gewartet, erwiedert er es sofort. Der Kuss bleibt unschuldig und ist doch so viel mehr als nur ein Kuss. Es ist als hätten wir uns damit lang verschwiegene Gefühle gestanden. Ich weiß nicht, wie lange wir da sitzen, nur wir. Aber irgendwann lösen wir uns voneinander. JJ lehnt seine Stirn gegen meine und schaut in meine Augen. Ich kann kaum fassen, dass das gerade wirklich passiert ist. So scheint es ihm auch zu gehen, bis er sich plötzlich von mir löst, als hätte er sich verbrannt. Erschrocken sehen wir uns an. "Mel, das hätten wir nicht...", beginnt er, während ich nicht anders kann als ihn fassungslos anzusehen. "Wir können das nicht tun.", sagt er wieder völlig panisch. In meiner Brust bildet sich ein Knoten. Ich bemerke wie meine Augen beginnen zu brennen. Das warme Gefühl in mir ist wie verpufft, stattdessen liegt ein tonnenschwerer Fels in meinem Magen. Ich nicke nur, zu mehr bin ich nicht in der Lage. Hektisch verabschiede ich mich von ihm und beginne zu rennen, denn ich will nicht das er meine Tränen sieht.
*flashback Ende

Ich schrecke auf, als ich angestupst werde. Meine Gedanken haben mich wohl tiefer in den Bann gezogen, als mir lieb ist. Ich bin mir sicher meinen Wangen haben einen zarten Rotton angenommen, es fühlt sich an als wüssten alle an was ich gerade gedacht habe. Schnell blicke ich zu JJ, doch der blickt nur stur geradeaus. Ich weiß genau, dass er weiß an was ich denken musste. Manchmal frage ich mich, ob es ihm auch so geht. Ob er noch daran denkt. Dann schüttel ich den Kopf, vermutlich nicht, schließlich hat er eine Freundin. "Melody? Alles gut?", fragt JB besorgt. "Ja, ja klar. Ich war nur in Gedanken... Tut mir leid.", erkläre ich meine gedankliche Abwesenheit. Noch einen tiefen Atemzug nehmen um mich wieder zu fassen. "Es war nicht das erste Mal, dass sie ausgerastet sind. Eigentlich geht das schon so seit... Seit ich denken kann. Anfangs waren es nur verbale Angriffe... Melody, du bringst Schande über uns. Melody, du Nichtsnutz. Du bist nichts Wert. Warum wurden wir nur mit so einer Tochter gestraft? Wie soll man so etwas wie dich lieben? und sowas halt", erläutere ich den Jungen, was geschehen ist. "Irgendwann, da fingen sie an extremer zu werden. Erst waren es nur Ohrfeigen, später kam die Faust... Und so weiter...". Nervös blicke ich mich um. Gern würde ich mich auflösen. Meine drei besten Freunde schauen mich mitfühlend an.

"Ich hatte ja keine Ahnung.", findet Pope als erster seine Sprache wieder. "Wieso hast du nichts gesagt?", findet nun auch JohnB seine Worte wieder. "Ich wollte nicht das ihr es wisst", erkläre ich schulterzuckend. Entsetzte Blicke sind die Antwort darauf. "Ich wollte niemanden eine Last sein.. zu diesem Zeitpunkt war ich der Meinung, dass ich es wäre. Das es keinen interessieren würde und wenn doch, dann hätte man ey nichts dran ändern können." Es herrscht betretenes Schweigen. JJ ist der erste, der es wieder bricht. "Deshalb wusstet du immer was du sagen oder machen musst, oder?" Erschöpft nicke ich zögerlich. Ich wusste immer wie er sich fühlt, wenn Luke ausgerastet ist. Weil ich es am eigenen Leib erfahren habe. Darüber zu sprechen ist schwieriger, als ich dachte. Doch jetzt werde ich es zu Ende bringen. Sie sollen alles wissen.

*Wie findet ihr es, dass Melody endlich ausgepackt hat? Und findet ihr es ok, dass sie es den Pogues so lange vorenthalten hat?

only a Sunset apart || JJ Maybank Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt