"Stirb."
Dieses eine Wort wiederholte sich in Endlosschleife in meinem Kopf.
Die Sonne war schon fast aufgegangen , als ich unsanft mit einem Tritt in den Rücken geweckt wurde.
Ignis hatte mich nur aus dem Labyrinth geführt. Blind hatte ich seinen Anweisungen folgen müssen , da es immer noch dunkel gewesen war und er nicht hatte riskieren wollen , dass vielleicht jetzt auch noch Feuer-Elementare nach uns suchten und so die Wärme Quelle hätten spüren können, die eine Flame verursacht hätte. Unsere Körperwärme könnte er soweit es ginge verbergen.
Danach musste ich selbst einen Weg ins Wohnheim finden , ohne entdeckt zu werden.
Was ich unter mysteriösen Umständen auch nicht wurde.
Ich hatte den Verdacht, dass Ignis dahinter steckte , auch wenn ich nicht wusste wieso.
Es war nicht zu übersehen, wie sehr er mich hasste.
Wahrscheinlicher war es , dass er nicht wollte das ich etwas ausplauderte und ihn damit verraten könnte.
Was wiederum die Frage aufrief, warum er mir überhaupt erst geholfen hatte!
"Stirb"
Ein wirklich unheimlicher Gedanke, der mich einfach nicht mehr loslassen wollte.
"Cassy, hörst du zu?"
"Natürlich."
Kora saß neben mir im Unterrichtssaal und sah mich besorgt an.
Natürlich hatte der "Einbruch" in die Bibliothek die Runde gemacht.
Und auch das der jenige den Wächtern hatte entkommen können.
".....an deinem Hals?"
"An meinem Hals?"
"Wo bist du denn heute Morgen mit deinen Gedanken?"
Ich biss mir auf die Lippen , zuckte mit den Schultern und schickte noch ein "Entschuldigung" hinter her.
Sie musste ja nicht unbedingt wissen , dass ich gestern Nacht in der Bibliothek gewesen war und unseren übellaunigen Schulsprecher begegnet war.
Obwohl Kora etwas ahnen musste.
Ich hatte sie ja schließlich gebeten mich für eine bestimmte Zeit zu decken.
"Ich wollte wissen , woher dieser Fleck an deinem Hals stammt?"
Automatisch flog meine Hand zu meinem Hals.
"Fleck?"
"Sieht aus wie ein kleiner Blutaguss oder ein...."
"Oder ein...?"
Lächelnd schüttelte Kora den Kopf.
"Nicht so wichtig."
Stirnrunzelnd tastete ich in meiner kleinen Tasche herum. Eigentlich hatte ich immer einen kleinen Spiegel dabei , konnte ihn aber im meiner Tasche nicht finden.
Ich musste ihn wohl im Zimmer liegen gelassen haben.
"Hier."
Jess hatte sich auf Ihrem Stuhl zu uns umgedreht und reichte mir einen kleinen Spiegel, der einen Silberrahmen besaß.
Sie war schon seit heute morgen so komisch.
"Danke."
Skeptisch nahm ich ihn entgegen, woraufhin Jess die Augen verdrehte.
"Ich bin nicht nur die Zicke vom Dienst."
Kora und ich zuckten zusammen.
Sie musste uns wohl belauscht haben.
"Entschuldigung."
Es war ernst gemeint. Ich hasste lästern , aber manchmal war es dann doch nötig.
"Es sieht eher aus wie ein Knutschfleck."
Jess deutete auf meinem Hals.
Auf dem tatsächlich ein kleiner Bluterguss zu sehen war.
Bei dem Wort "Knutschfleck" schnappte Kora nach Luft und ihre Augen weiteten sich.
Doch ich winkte nur mit der Hand ab.
"Ausgeschlossen. Woher denn auch."
Beide sahen mich an.
"Das würden wir gerne von dir wissen."
Ich schnaubte.
"Ein Blutsauger* , der durch das offene Fenster gekommen ist."
Jess schnaubte , schnappte sich ihren Spiegel und drehte sich wieder nach vorne.
Sie dachte wohl , dass ich es ihr nur nicht hatte erzählen wollen.
Aber das stimmte nicht.
Wenn man eine Nacht draußen verbrachte , kam es durchaus vor , von einem Blutsauger gebissen zu werden.
"Ich hab das Fenster gestern Nacht offen gelassen" , meldete Kora sich kleinlaut zu Wort.
Jess drehte sich überrascht zu uns um.
"Dann ist es ja kein Wunder."
Ihr Tonfall hatte wieder diesen Zickenton , wie Kora und ich ihn nannten, angenommen.
Seltsamerweise regte er mich nicht wie sonst total auf.
"Wenn die Damen da hinten bitte auch aufpassen mögen!"
Die schneidene Stimme von Professorin Hemera ließ uns alle drei zusammen fahren.
Heute trug sie ihre Locken zu einem Dutt gebändigt und funkelte uns aufgebracht an.
"Wie mir scheint ist mein Unterricht wohl nicht interessant genug für sie drei , wie?!"
Normalerweise sah Hemera sowas eigentlich eher locker , aber seit heute morgen wirkte sie ziemlich gestresst und Mürrisch.
"Na..natürlich nicht Hemera..." , ausgerechnet Kora versuchte die Situation zu entschärfen , während Jess und ich noch geschockt von dem kalten Ton der Professorin waren.
"Dann haben sie also nicht geredet und ich habe mir das alles nur eingebildet, wie?!" , fiel Hemera ihr ins Wort. "Sie alle drei werden den Rest der Woche nachsitzen."
Uns allen drein klappte die Kinlade herunter, trotzdem traute sich niemand etwas zu sagen."Eine Woche nachsitzen." , jammerte Kora beim Mittagessen.
Wir saßen in der Cafeteria , der einzige Ort wo Halb-Elementare und Elementare zusammen waren.
Außer zur besonderen Anlässen, wie die Versammlungen.
Ich biss gerade herzhaft in eine kleine Tomate von meinem Salat , während Kora ihre Lasagne nicht einmal angerührt hatte.
Mylo saß neben Kora , die beiden gingen in den gleichen Club , und musterte sie besorgt.
Lyla , sie ging in unsere Klasse, schnaubte.
"Hallo. Die Woche hat doch nur noch drei Tage."
Mylo fuhr sich durch seine welligen roten Haare und seufzte.
Lyla und Mylo waren nicht gerade die besten Freunde und gerieten ständig aneinander.
Lyla schüttelte ihre kurzen pinken Haare und funkelte ihn wütend an.
Ich musste wohl nicht erwähnen, dass Lyla ihre Haare gefärbt hatte , was sie wohl alle zwei bis drei Monate tat.
Beide hatten uns gleich am Anfang an ihren Tisch geholt und nun saßen wir jede Mittagspause zusammen.
"Nachsitzen ist trotzdem nicht schön", begann Mylo jetzt.
"Oh natürlich. Für ein totales Weichei wie dich vielleicht."
Lyla ließ ihre weißen Zähne aufblitzen.
Anfangs hatte ich mich noch gefragt, wie es kam dass so zwei unterschiedliche Personen , wie die beiden, überhaupt zusammen an einem Tisch saßen.
Die Antwort war einfach: sie kannten sich schon seit ihrer Kindheit und waren so eine Art Konkurrenz Freunde.
Ein Gong ertönte und wir standen auf.
Zusammen brachten wir unsere teils noch vollen Tabletts zur Abgabe.
"Nachsitzen macht sich halt schlecht in deiner Akte."
Mylo ließ nicht locker.
"Wirklich? ", wimmerte Kora.
"Mylo jetzt reicht es aber."
Lyla bleckte die Zähne.
"Was ist denn da hinten los?"
Diese Frage kam von mir. Einerseits wollte ich wirklich das Thema auf etwas anderes lenken , andererseits war ich wirklich neugierig.
Wir standen in der Eingangshalle wo sich Schüler dicht zusammen drängten , um einen Blick auf etwas vor ihnen zu erhaschen.
Um genau zu sein auf die große Eingangstür, wo gerade etwas herein getragen wurde.
Ich hörte einzelne Schüler weiter vorne nach Luft schnappen.
"Was ist denn da los?" , murmelte Lyla.
"Wenn die von der LEX da sind , muss es etwas ernstes sein." , fügte Mylo hinzu.
"LEX? ", fragte ich.
Kora deutete mit ihrem Kopf auf zwei Männer mit weißen Uniformen.
"Die LEX sind sozusagen das Militär. Sie unterstehen direkt dem Rat und sorgen dafür, dass das Gesetz eingehalten wird."
"Siehst du das Symbol auf ihrer Uniform?"
Ich nickte. Fünf ineinander verschlungene Kreise in unterschiedlichen Farben.
Und in der Mitte...
"Die fünf Kreise und die jeweils dazu gehörigen Farben , zeigen die Elemente. Und der Phönix in der Mitte steht für die Unsterblichkeit. Das ist das Symbol des Rates."
"Kommt. Ich will mir das genauer ansehen."
Lyla packte mich am Arm und zog mich hinter sich her.
Mit unseren Ellenbogen kämpften wir uns einen Weg bis nach ganz vorne.
Das heisst , Mylo und Kora blieben zurück. Sie wollten lieber hinten bleiben.
Was ich hätte auch mal lieber tun sollen.
Vorne angekommen mussten wir nicht lange suchen.
Erschrocken stolperte ich zurück und trat versehentlich auf den Fuß eines anderen.
Das Mädchen warf mir irgendetwas an den Kopf ,wahrscheinlich eine Beleidigung, aber ich hörte nicht hin.
Knapp drei Meter entfernt, erkannte ich den Kopf mit den Toten Augen , dessen restlicher Körper von einer Plane bedeckt war , wieder.
Der Hausmeister.
"Oh du meine..."
Lyla sah genauso geschockt aus wie ich.
"Bitte treten Sie zurück."
Ein junger Mann , in einer schwarzen Uniform und dunkler Haut , bahnte sich seinen Weg nach vorne.
Beim Klang seiner Stimme , bildeten die Schüler eine Gasse für ihn.
Nach seiner Schuluniform zu urteilen, gehörte er zum Schülerrat.
Außerdem kannte ich ihn von den Versammlungen.
Und vor allem...Osborne. Seinem Vater gehörte ein Milliardenschweres Elektrounternehmen.
Auf so gut wie allen Elektrogeräten war das Osborne Logo drauf, selbst auf die der Nicht-Elementaren.
Es hatte auf jeden Fall etwas mit Jess in einem Zimmer zu sein.
Er ging zu den LEX Männern und unterhielt sich leise mit ihnen.
Komischerweise bekam ich ein ganz übles Gefühl.
Mein Blick zuckte zurück zur Leiche.
Ich hatte ihn nur einmal getroffen und trotzdem, jemanden den man gekannt hat , der nun Tod war...
"Bei den heiligen Geistern."
Lyla fecherte sich Luft zu. "Wie furchtbar."
"Äh...Roman..."
Einer der Schüler , eine Reihe hinter uns, hob die Hand.
Roman , so hieß er also mit Vornamen, drehte sich zu besagtem Schüler um.
"Was ist Carlos?"
"Besteht die Möglichkeit...also....wurde er vielleicht von....gestern ist doch jemand....in die Bibliothek..."
"Du willst also wissen , ob der Einbrecher , der gestern in die Bibliothek eingedrungen ist , auch derjenige ist , der Jenkins umgebracht hat?"
Es wurde totenstill.
Roman holte tief Luft. Er warf den Herren in Uniform einen kurzen Blick zu , die nickten.
"Ja. Ja , dass nehmen wir sogar an."
Jetzt... stand ich unter Mordverdacht.*Blutsauger sind so etwas wie Mücken und Blutegel in einem. Ziemlich fiese Kombination, wenn ihr mich fragt ;)
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The first element
Fantasy"Elementare regieren die Welt! " In dieser Welt lebt die Siebzehn jährige Cassandra. Als eine nicht Elementar hat sie es zwar manchmal ziemlich schwer im Leben, doch sie liebt ihr durch und durch normales Leben. Nie hätte sie sich träumen lassen, da...