Ein paar Stunden später:
Aryll stand am Fenster und starrte vor sich hin. Gedankenversunken analysierte sie die Bäume, den Parkplatz und die ganzen Menschen, die zum Krankenhaus hin oder vom Krankenhaus weg gingen.
„Hab ich das Richtige getan?", fragte sie sich selbst. „Ich hab schon wieder gelogen, nur um die unangenehme Wahrheit zu verbergen – oder eher zu verdrängen." Aryll hasste sich selbst für das, was sie getan hatte. Sie konnte einmal mehr nicht zu ihren Fehlern stehen und wand sich wie eine Schlange, um den Konsequenzen zu entgehen. Und es hatte funktioniert – zumindest bei ihren Eltern und Dr. Norton. Was Carlisle angeht, hatte sie es sich selbst eingebrockt. Sie war immer noch verwundert darüber, dass er genau wusste, was sie vorhaben würde und sie daran gehindert hatte. Hätte er es nicht getan, wäre die Sache ganz anders für sie ausgegangen – dessen war sie sich bewusst. Genauso wie sie sich bewusst war, dass er die ganze Sache nicht unkommentiert lassen würde.
Nachdem sie einige Zeit selbst reflektiert hatte, ging sie zurück zu ihrem Bett. Sie kramte ein Buch hervor und begann zu lesen. Sie hatte sich seit dem Umzug kaum dafür Zeit genommen, aber im Krankenhaus konnte sie sowieso nicht viel anderes machen. Gerade als sie gespannt die Seiten umblätterte, hörte sie, wie ihre Tür geschlossen wurde. Verwundert schreckte sie hoch.
Jasper stand ihr gegenüber. Verwundert sah sie ihn an. Nicht, weil er wie aus dem nichts gekommen war – dass Vampire das können, wusste sie mittlerweile – sondern, weil sie nicht wusste, wieso er hier war. Sie legte das Buch zur Seite, ohne ihren Blick von ihm abzuwenden.
„Ich hab gerade erfahren, dass du beinahe ertrunken wärst...", sagte er, so als würde er ihre Frage schon kennen. „Alice hat mir zwar gesagt, dass es dir gut geht, aber...Ich musste einfach kommen und mich selbst davon überzeugen. Ansonsten hätte es mich wahnsinnig gemacht." Aryll sagte immer noch nichts. "Ich weiß, du willst nicht drüber reden. Musst du auch nicht. Ich bin nur erleichtert, dass es dir gut geht."
Jasper sah sie an. Aryll konnte all seine Emotionen seinen Augen ablesen. Sorge, Angst, Trauer, Verzweiflung und Wut. "Ich hätte sie aufhalten sollen...", dachte er sich, „Wäre sie nicht so schnell weggerannt, hätte Edward ihre Gedanken gelesen und ich hätte ihre Emotionen manipulieren können. Ich hätte es verhindern können - verhindern müssen." Er sah sie weiterhin an. Und sie sah ihn an. Sie wusste genau, was in ihm vorging – und wieso er hier war. Er gab sich selbst die Schuld. Er redete sich ein, er hätte es verhindern können, wenn er ihre Gefühle manipuliert hätte. Doch leider ließen sich manche Dinge nicht so einfach lösen...
"Es tut mir leid" waren die ersten und einzigen Worte, die sie herausbrachte. Sie war traurig und wütend auf sich selbst. Und sie hatte Angst. Das alles fühlte Jasper. Instinktiv setzte er seine Fähigkeiten ein. Doch Aryll schüttelte den Kopf. Damit wollte sie ihm sagen, er solle damit aufhören. "Das, was ich fühle zu manipulieren, ändert nicht, was ich getan habe. Ich habe Carlisle belogen - und meine Eltern - und meinen Psychiater. Gute Menschen tun das nicht. Gute Menschen stehen zu ihren Fehlern...und leben mit den Konsequenzen." „Trotzdem macht es dich nicht zu einem schlechten Menschen. Viele machen Fehler und manchmal entscheiden sie sich dazu, nicht dazu zu stehen. So wie du dich heute entschieden hast nicht riskieren zu wollen, eingesperrt zu werden. Das ist vollkommen normal."
Beschämt sah sie weg. „Sieh mich an." Sie schüttelte den Kopf. „Aryll, stell dich der Wahrheit. Wenn schon nicht vor allen anderen, dann wenigsten vor mir." Sie sagte nichts. Schritte kamen näher auf sie zu und plötzlich hielt er ihr Kinn hoch, sodass sie ihn ansehen musste.
„Du schämst dich für das, was du getan hast, schämst dich für deine Notlügen – aber am meisten schämst du dich dafür, dass du dir selbst nicht die Wahrheit eingestehen kannst. Deswegen denkst du, du wärst ein schlechter Mensch. Weil du dich selbst von allen am meisten belügst..." Aryll reagierte nicht mit Worten darauf. Ihr Blick genügte, um ihm zu zeigen, dass er recht hatte. Er ließ sie los. Ihr Blick blieb trotzdem an seinem hängen.
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Bis(s) zum Schluss - Twilight FanFiction
FanfictionAryll ist 17 Jahre alt als ihre Eltern mit ihr nach Forks ziehen. Zuerst fällt es ihr schwer dem etwas schrägem Mädchen Alice und ihren Adoptivgeschwistern zu vertrauen, doch nach einiger Zeit werden die beiden gute Freundinnen. Was Aryll jedoch nic...