Ein bitteres Erwachen

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Aryll wachte durch das Geräusch ihres eigenen Herzschlages auf. Langsam öffnete sie die Augen. Der kleinste Lichtstrahl schmerzte fürchterlich. "Oh verdammt...", fluchte sie leise. Sie versuchte die linke Hand zu heben um das Licht zu verdecken, aber schon die kleinste Bewegung schmerzte. Ihre Ohren waren verschlagen und sie hörte nur ein fürchterliches Piepen. Langsam kehrten die Erinnerungen an das, was passiert war zurück. Und auch ihr Gehör normalisierte sich allmählich. Sie hörte etwas, was sich wie das Knistern eines Lagerfeuers anhörte. Mit jeder Sekunde wurde alles um sie herum lauter - beinahe unerträglich laut. 

"Wir müssen das Feuer löschen. Da ist noch eine Person im vorderen Teil eingeklemmt!" "Lebendig?" "Kann ich zu dem Zeitpunkt noch nicht sagen." "Dann Brand löschen, Bergung vorbereiten. Was ist mit den anderen?" "Wir haben eine männliche Person geborgen, Sir. Kritischer Zustand. Die Sanitäter sind schon am Reanimieren." "Reanimieren", schoss es ihr durch den Kopf. "Dad?! Dad!", fragte sie verzweifelt, doch sie selbst konnte ihre Stimme kaum hören. 

Auf einmal spürte sie wie ihre Brust zu stechen begann. Es war kein starker Schmerz, aber Schmerzen in der Herzregion bedeuten nie etwas Gutes. Verzweifelt versuchte sie immer wieder die Leute auf sich aufmerksam zu machen. "Ich bin hier!", schrie sie so laut sie konnte. Doch sie war viel zu leise, um gehört werden zu können.

Plötzlich wurden die Trümmer, die sie eingeklemmt hatten, angehoben und sie blickte in ein ihr sehr bekanntes Gesicht. Erschrocken sah sie ihn an. "Carlisle?!", sagte sie erschrocken, verwundert aber gleichzeitig mehr als nur erleichtert. Jetzt würde alles gut werden. "Aryll..." Er kniete sich zu ihr und sah sich die Situation genauer an. "Wo hast du Schmerzen?" "Überall." "Okay. Zumindest fühlst du noch alles. Das ist ein gutes Zeichen", sagte er mit beruhigender Stimme. "Hatte Alice...", sagte sie leise, während Carlisle ihr die Sticker für das EKG aufklebte. Er sah sie an und nickte. Das EKG piepte. Er ließ eine Auswertung rausfahren. "Weißt du noch, was passiert ist?", fragte er während er das Papier studierte. "Wir waren auf dem Weg nach Wisconsin zu Verwandten, ich hab Musik gehört und hab geschlafen und dann..." Sie sprach nicht weiter. Das EKG schlug etwas aus. "Versuch bitte dich nicht aufzuregen. Ich weiß, dass es in der Situation schwer ist, aber...du darfst dich nicht aufregen. Das würde deinen Körper im Moment zu sehr beanspruchen." Aryll atmete tief durch. Carlisle arbeitete seine Liste weiter ab. 

Einige Sanitäter kamen und sprachen kurz mit ihm. Sie gingen ein paar Schritte zur Seite. Aryll konnte nicht hören, was gesprochen wurde. Als er wieder zu ihr kam, fragte sie ihn sofort: "Was ist mit meinen Eltern? Sind sie noch am Leben?" Sofort schlug das EKG wieder aus. "Aryll, du musst dich beruhigen. Bitte." "Sag mir, was mit meinen Eltern ist." "Ich weiß es nicht." "Lüg mich nicht an!" Carlisle seufzte. "Es ihr jetzt zu sagen würde sie umbringen", dachte er sich und bat den Sanitäter um etwas. "Sag mir die Wahrheit", verlangte Aryll. 

Der Sanitäter gab Carlisle die aufgezogene Spritze. "Es tut mir leid Aryll, aber ich hab keine andere Wahl. Ich weiß, dass du mich dafür hassen wirst, aber dein Körper braucht Ruhe, um das hier überstehen zu können." "Du wirst mich jetzt definitiv nicht ruhigstellen. Du wirst mich nicht ruhigstellen, bevor du mir nicht gesagt hast, was mit meinen Eltern ist. Bitte sag mir, dass es ihnen gut geht. Bitte...bitte sag es mir..." Doch Aryll konnte sich nicht wehren. "Es tut mir leid", sagte er, während er ihr die Spritze in den Arm drückte. "Du Arschloch...", brachte Aryll leise heraus, bevor das Betäubungsmittel wirkte und sie einschlief.

"Sofort auf eine Trage mit ihr. Wir müssen sie so schnell wie nur möglich in die Notaufnahme bringen", sagte er den Sanitätern. "Sie ist lichtempfindlich, was auf eine Gehirnerschütterung oder schlimmeres hindeutet. Im Krankenhaus soll sofort das ganze Programm gemacht werden. CT, Röntgen, MRT, alles. Vermutlich hat sie eine Gehirnerschütterung. Ich vermute auch mehrere Knochenbrüche und dass auch die Rippen etwas abbekommen haben. Alles andere müssen wir uns im Krankenhaus ansehen. Es grenzt an ein Wunder, dass sie bei vollem Bewusstsein war, als ich sie gefunden habe", besprach er Arylls Fall mit den Sanitätern. "Denken Sie, sie wird überleben?", fragte einer ihn. "Schwer zu sagen. Ihre Verletzungen sind ziemlich schwerwiegend. Sie muss sofort in ein Krankenhaus", sagte er. "Auch wenn sie es schafft, wird es für sie danach nicht leichter. Es wird nicht einfach für sie. Sie weiß noch nicht, dass sie nun eine Waise ist..." Aus diesem Grund würde er sie vermutlich vor ihrem erwachen fixieren lassen. Er wusste nicht, ob sie die Nachricht überstehen würde, ohne sich etwas anzutun. 

Als die Sanitäter Aryll auf die Trage legen wollten, fing das EKG wie wild an Alarm zu schlagen. "Verdammt!", rief er und rannte sofort auf sie zu. "Anscheinend ist sie mit ihrem Oberschenkel aufgespießt gewesen", erklärte einer der Sanitäter. Tatsächlich hatten diese eine Stange die in ihr Bein gerammt war übersehen. Diese war nun gelöst worden und das Blut floss unkontrolliert heraus. "Sofort abbinden!", sagte er und die Sanitäter halfen ihm das Bein abzubinden. Dies würde ihr vielleicht das Bein kosten, jedoch vielleicht ihr Leben retten. 

Doch selbst das konnte den hohen Blutverlust nicht ausgleichen. "Verdammt, sie hat viel zu viel Blut verloren. Sie wird es nicht bis ins Krankenhaus schaffen", dachte er sich. Er sah sie an. Ihr Gesicht wirkte so leer. Er erinnerte sich daran, wie er sie das erste Mal Richtung Krankenhaus gehen sah. Als sie vor lauter Aufregung stolperte. Seitdem hatte sich so viel geändert. Diese Aryll gab es nicht mehr. Die Aryll, die sie nun war, war ganz anders. Er erinnerte sich an das Gespräch mit Jasper. "Verdammt...", dachte er. 

"Ich kümmere mich darum", meinte er und schickte die Sanitäter mehr Ausrüstung holen. Während die Sanitäter eilig zum Auto rannten, zog er unauffällig das EKG ab um ihren Tod vorzutäuschen. "Hoffentlich funktioniert das. Ansonsten wird sie wirklich sterben", dachte er und zog seine Show ab: "Oh nein. Nein. Nein", schauspielerte er. Er hoffte, dass die Sanitäter sein Theater nicht lange hinterfragen würden. "Was ist passiert?", fragten die Sanitäter panisch und hektisch. Alle versuchten eine "Reanimation", doch Carlisle stoppte nach einigen Minuten die Aktion. "Lasst es", sagte er traurig. "Es ist zu spät. Sie hat durch den aufgespießten Oberschenkel viel zu viel Blut verloren. Sie hätte es nicht bis ins Krankenhaus geschafft." Alle waren sehr bedrückt und sahen sie mitleidig an. "Zeitpunkt des Todes: 17:19", sagte Dr. Cullen als er auf die Uhr sah. "Dann können wir hier nichts weiter tun", sagte einer der Sanitäter. "Fahrt schonmal ins Krankenhaus und meldet euch für den nächsten Einsatz. Ich werde hier auf den Leichenwagen warten und alles klären." Der Rettungswagen machte sich keine zwei Minuten später auf den Weg. Carlisle zählte jede Sekunde. Immerhin hatte er nicht mehr viel Zeit. 

Sofort als niemand mehr in Sicht war überprüfte er Arylls Puls. Sie war noch am Leben, jedoch schon an der Schwelle zum Tod. Er sah sich nochmal um. Er brauchte einige Sekunden um sicherzugehen, dass er das was er tun würde mit seinem Gewissen vereinbaren konnte. Dann hob er ihr Handgelenk hoch und biss sie - direkt in die Pulsader. Kontrolliert trank er ein paar Schluck ihres Blutes und ließ dann sein Gift in ihre Blutlaufbahn laufen. Sofort als er von ihr abgelassen hatte, wischte er sich den Mund ab und übergab sich. Das tat er immer, nachdem er Blut getrunken hatte. 

Schnell hob er sie hoch und legte sie in sein Auto. Davor zog er ihr ihre Jacke aus und schmiss sie in eines der Wrackteile. Dann zündete er dieses an, sodass es aussah als ob eine Leiche verbrannt wurde. Der Leichenwagen fuhr vor. Die offizielle Geschichte würde nun lauten, dass 2 Personen geborgen wurden. Eine war verbrannt und 2 wurden versucht zu reanimieren - jedoch ohne Erfolg. Offiziell würde Aryll als tot gelten. Er hoffte nur, dass sich das ganze nicht medial verbreiten würde und sie in Forks ihr Leben fortsetzen konnte. Vorausgesetzt er konnte sie schnell nach Hause bringen.

Keine zehn Minuten später stieg er ins Auto und fuhr los. Er sah nach hinten. "Jetzt kann ich es so oder so weder rückgängig machen noch aufhalten." Arylls Körper zitterte. Die Verwandlung hatte also begonnen. Keine zehn Sekunden später erhielt er einen Anruf. "Und?", fragte Esme aufgeregt. "Ihre Eltern waren sofort tot. Aryll war noch am Leben." "War?", fragte sie besorgt. "Ich hab getan, was ich konnte...Jetzt hängt es davon ab, ob ihr Körper stark genug ist, es zu überstehen..." "Alice hatte eine Vision. Sie wird es schaffen, da bin ich mir sicher." "Ich bin in 15 Minuten zuhause." Dann legte Carlisle auf und sah nochmal zu Aryll. "Wehe du stirbst mir jetzt." 

Sofort als sein Wagen zum Stehen kam öffnete Esme die Tür. Zwanzig Sekunden später stand Carlisle schon neben ihr - mit der bewusstlosen, blutüberströmten Aryll im Arm. "Das arme Ding." "Ich hoffe, dass meine Entscheidung nicht zu spät kam." Er brachte sie in sein Arbeitszimmer. Alice hatte frische Kleidung aus ihrem Zimmer bereitgelegt und sie und Esme zogen sie um. Alice wusch vorsichtig ihren Körper mit einem Waschlappen und kämmte ihre Haare. "Wie lange denkst du wird es dauern, bis sie wach wird?", fragte Alice Carlisle, als sie fertig waren und er ihren Zustand untersuchte. "Schwer zu sagen. Das Gift wird eine zeitlang brauchen, um das Blut zu verbrennen und die Verletzungen zu heilen. Je nachdem kann es noch Stunden oder gar Tage dauern, bis sie wach wird." 

Jasper war währenddessen in seinem Zimmer gesessen und hatte über alles nachgedacht. Er hätte darauf beharren sollen sie zu begleiten. Dann hätte er noch etwas tun können, um das schlimmste zu verhindern. Denn er wusste nicht, wie Aryll auf ihr neues Leben reagieren würde - und darauf, was mit ihren Eltern passiert war. 

Bis(s) zum Schluss - Twilight FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt