Jaspers Vergangenheit

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Es klopfte an seiner Zimmertür. Kurze Zeit war es still. Es dauerte eine Weile, bis die Tür aufging. Ein verwunderter Jasper sah in das leicht besorgte Gesicht von Aryll. „Kann...kann ich dir irgendwie helfen?", fragte er etwas verwundert und wurde nervös. Aryll schluckte und versuchte die Worte rauszubekommen. „Können wir uns kurz unterhalten?"

Jasper machte einen Schritt zur Seite, damit sie sein Zimmer betreten konnte. "Du kannst dich gern setzen, wenn du willst", meinte er höflich. Langsam ließ sie sich auf der Couch nieder. Sie sah sich um. Aryll hatte noch nie Japsers Zimmer gesehen. Daran sah man, wie sehr sich sein Alter von seinem Aussehen unterschied. Jasper besaß eine erstaunliche Sammlung von Büchern, CDs, Filmen und sonstigen Sammelgegenständen. "Beeindruckend", sagte sie. Jasper nickte verlegen. "Es kommt einiges zusammen." Er sah sie an und sie sah ihn an. Beide schwiegen. Doch Jasper wusste, was sie ihn fragen wollte. Er seufzte.

"140." "Oh..." "Ja,...ich dachte schon, dass dich das abschrecken wird..." "Wieso abschrecken?" Jasper seufzte. "Du weißt jetzt, wie alt ich wirklich bin. Du kannst nicht mehr den jungen, unschuldigen Jasper sehen - sondern nur noch das Monster." "Monster? Wieso sollte ich dich als Monster sehen?" Er zögerte. "Weil..." "Weil?" "...Ich eins bin. Schon immer eins war..." "Nur weil du ein Vampir bist, heißt es nicht, dass du ein Monster bist." Japsers Blick reflektierte Schmerz. Er wollte Aryll von seiner Vergangenheit erzählen, aber er hatte Angst, was sie dann von ihm denken würde...

"Meine Verwandlung in einen Vampir war anders als bei meinen Geschwistern. Carlisle hat Edward, Emmet und Rosalie verwandelt, um ihr Leben zu retten. Esme, weil sie sich geliebt haben und er sie nicht gehen lassen konnte. Alice wurde verwandelt, um sie vor einem anderen Vampir zu schützen. Ich hingegen wurde verwandelt...um ein Diener und Sklave zu sein." Aryll sah ihn erschrocken an. "1861 trat ich der Armee der Konföderation bei. 2 Jahre später wurde ich bei einer Mission von 3 Vampiren verführt. Maria, die Anführerin, verwandelte mich. Sie machte sich meine militärischen Fähigkeiten zu nutze. Meine Fähigkeit Gefühle anderer zu fühlen und zu manipulieren, kam ihr gelegen. Das war der einzige Grund, wieso sie mich am Leben ließ. Mit meiner Hilfe war es ihr möglich eine Neugeborenen-Armee aufzustellen." "Neugeborene?" "Vampire sind in den ersten Monaten nach ihrer Verwandlung stärker, aber unkontrollierbarer. Während dieser Phase werden sie Neugeborene genannt. Sie sind getrieben von unstillbarem Durst. Maria hat sich ihre Stärke zu Nutze gemacht. Ich musste sie ausbilden, während sie durch die Städte zog, um neue Opfer zu finden. War jemand nicht stark genug oder versuchte sich zu widersetzen...war es meine Aufgabe das zu regeln...Ebenso, wenn sie zu alt und damit 'zu schwach' wurden." "Was so viel heißt wie...", fragte sie zögernd, sprach es aber nicht aus. Und das musste sie auch nicht. "Ich habe sie getötet. Jeden einzelnen von ihnen. Ich fühlte alles: den Blutdurst, die Todesangst, den Schmerz, die Verzweiflung. Es machte mich wahnsinnig. Aber ich hatte keine andere Wahl – weil es das einzige war, das ich tun konnte, um am Leben zu bleiben."

"Wie bist du aus dieser Situation rausgekommen?", fragte Aryll nach einer längeren Schweigepause. Sie merkte, dass Jasper nachdenklich und ruhig wurde, also gab sie ihm ein paar Minuten Zeit sich wieder zu sortieren. "Ein Freund, der es davor schon geschafft hatte zu fliehen, kam zurück und überredete mich schließlich mit ihm zu kommen. Ich wartete, bis Maria wieder in der Stadt war, um sich neue Opfer zu holen und tötete ihre gesamte Armee, bevor ich ging." "Wieso hast du sie nicht mitgenommen?" "Es wären zu viele gewesen. Außerdem hätten sie ihren Blutdurst nicht kontrollieren können. Sie hätten in ihrem Wahnsinn ganze Dörfer und Städte abgeschlachtet. Ich konnte nicht riskieren durch sie meine einzige Möglichkeit auf Flucht zu verlieren."

Er seufzte. "Ich hab doch gesagt, dass ich ein Monster war." Aryll sah sie an. "Das stimmt nicht. Maria hat dich verführt, manipuliert und ausgenutzt. Das bedeutet nicht, dass du ein Monster bist." Jasper sagte nichts darauf. Er wusste, was er war. Und er wusste auch, dass Aryll zu wenig vom Dasein eines Vampirs wusste, um wirklich beurteilen zu können, wie schrecklich seine Taten waren.

"Und wie hast du dann Alice kennen gelernt? Sie sagte, dass ihr beide gemeinsam zu den Cullens gefunden habt." "Sie hatte mich in einer ihrer Visionen gesehen - genauso wie sie die Cullens gesehen hat. Sie hat mich gefunden und mir erzählt, dass es anscheinend eine Familie von Vampiren gibt, die sich nicht von menschlichem Blut ernähren. Ich war allein und wusste nicht, wohin ich gehen sollte, also habe ich mich ihrer Suche nach den Cullens angeschlossen."

Es war eine Zeitlang still. "Ich weiß, wieso du mit mir reden wolltest", sagte Jasper dann. Aryll sah ihn etwas erschrocken an. "Ich gehe dir nicht aus dem Weg, weil ich dich nicht leiden kann. Ich gehe dir aus dem Weg, weil ich dich leiden kann." Sie sagte immer noch nichts. "Ich kann nicht riskieren, dass ich die Kontrolle verliere und dir wehtue...oder noch schlimmeres."

"Wirst du nicht", sagte Aryll entschlossen. "Wieso bist du dir da so sicher?" Sie sah ihn an. "Weil ich dir vertraue." "Wieso?" "Du hast von Anfang an versucht mir zu helfen. Du hast versucht mich davon abzuhalten euer Geheimnis rauszufinden. Du bist mir hinterhergelaufen, als ich vom Haus weggerannt bin und hast mir versprochen, dass mir nichts passieren wird. Du hast gesagt, ich soll dir vertrauen. Deswegen bin ich mir so sicher, dass du nicht die Kontrolle verlieren wirst - dass du mir nicht wehtun wirst. Weil ich dir vertraue."

Jasper musste sich zusammenreißen nichts Unüberlegtes zu tun. Auch wenn er sie gerne umarmt oder geküsst hätte, konnte er sich nicht seinen Gefühlen hingeben. Niemals. Denn Aryll war ein Mensch und auch wenn sie ihm noch so sehr vertraue und glauben wollte, dass er kein Monster sei, war er sich sicher, dass sie in seiner Nähe nie sicher sein würde.

Aryll atmete tief durch. "Ich...ich mag dich eigentlich sehr gerne. Aber es ist deine Entscheidung, ob du dich fernhalten willst, oder nicht", sagte sie leise, aber doch bestimmt. "Aryll... Ich kann nicht riskieren, dass ich die Kontrolle verliere. Du weißt nicht, wie sehr es mich innerlich quält, dir aus dem Weg gehen zu müssen. Aber nur so kann ich garantieren, dass ich..." Er atmete tief durch. "Alice und ich verbringen auch sehr viel Zeit zusammen und sie hat keine Angst." Jasper seufzte. "Alice hat nicht so viel menschliches Blut getrunken, wie ich es in meiner Vergangenheit getan habe. Sie...sie hatte sich immer schon besser unter Kontrolle." Aryll nickte. "Ich verstehe." Sie stand auf. Bevor sie die Tür öffnen konnte, hörte sie ihn leise sagen „Es tut mir leid."

Sie ging zu Alice ins Zimmer und setzte sich. Diese konnte natürlich sofort erkennen, dass etwas nicht in Ordnung war. "Was ist los?" "Nichts", sagte sie leise. Alice beschloss nicht auch noch in der Wunde rumzustochern. Sie konnte auch nichts ändern. Jasper fühlte sich in der Gegenwart von Menschen nicht so wohl, wie Alice es tat. Sie hatte nie Probleme mit der Versuchung gehabt. Jasper hingegen schon. Gerade in der Anfangszeit bei den Cullens hatte er öfters beinahe die Kontrolle verloren. Er stand schon oft über wehrlosen Opfern, während sie schliefen, und konnte sich gerade noch im letzten Moment zusammenreißen - oder wurde von Edward, Emmet und den anderen überwältigt.

Sie seufzte. "Ich weiß, dass du uns nicht als das sehen willst, was wir sind. Und das bewundere und schätze ich auch so an dir. Ich konnte noch nie zuvor bei einem Menschen ich selbst sein. Jasper wird das auch irgendwann so sehen. Er braucht nur mehr Zeit." "Also geht es ihm nicht nur um meine Sicherheit?" Alice seufzte. "Er hat dir erzählt, was er in der Vergangenheit getan hat..." " Und ich hab ihm gesagt, dass das nicht ausmacht, wer er heute ist. Er ist kein Monster, er ist ein Opfer von Manipulation und Missbrauch." Alice seufzte. "Jasper ist und war schon immer kompliziert, was seine Selbstwahrnehmung angeht. Und daran konnte ich nie etwas ändern. Seit ich in kenne, versuche ich es - und ich kenne ihn schon sehr lange."  







Bis(s) zum Schluss - Twilight FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt