Kapitel 12

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Als wir endlich bei mir ankommen, schaut sie mich mit großen Augen an und sagt: ,,Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du so drauf bist. Hast du zu viel getrunken, weil etwas passiert ist?" Ich stehe vor einem Dilemma, das selbst in meinem betrunkenen Zustand nicht zu leugnen ist - wie soll ich ihr erklären, dass meine Probleme mit Werwölfen zu tun haben?

Ich muss mir schnell eine Ausrede einfallen lassen. Ich sage: ,,Ich hatte Stress mit einem Typen." Das ist nicht ganz gelogen, aber auch nicht die komplette Wahrheit. Sie schaut mich an und lacht leicht:,, Und das nur wegen eines Typen? Der muss es dir ja angetan haben." ,,Nein eben nicht, er ist mein Mobber aus Schulzeiten gewesen, den ich letztens wieder gesehen habe." ,,Oh, scheiße. Ja gut, dann kann ich das etwas nachvollziehen."

Wir steigen aus dem Auto. Sie hakt sich bei mir unter und wir schlendern langsam zum Haus. Ich lalle ihr zu: ,,Du bist wirklich eine großartige Kollegin." ,, Eine Kollegin würde dich nicht nach Hause bringen und dich ins Bett packen wollen, das machen nur Freundinnen." Ich strahle vor Freude über ihre Worte und lasse einen etwas zu lauten Jubelschrei los, während ich in meinem betrunkenen Zustand verkünde: ,,Juhu, wir sind Freundinnen, du bist definitiv normaler als die anderen!" Sie beginnt herzhaft zu lachen. Plötzlich öffnet sich die Haustür nebenan und ich sehe, wie eine Gestalt langsam auf uns zukommt.

Bea kichert ausgelassen und haucht: ,,Selena, du hast gerade die ganze Nachbarschaft aufgeweckt." ,, Ist mir egal" sage ich benebelt und das ist es wirklich, selbst als sich die Gestalt als Noah entpuppt. Noah fragt mit besorgtem Blick: ,,Selena, was ist denn passiert? Bist du etwa betrunken?" Ich antworte mit einem verschmitzten Lächeln: ,,Ja, darf ich das etwa nicht?" Bea mischt sich ein und stellt sich vor. Noah schaut ihr tief in die Augen und strahlt sie mit einem breiten Lächeln an, als ob er sie schon sein ganzes Leben lang kennt.

Noah bietet seine Hilfe an und nimmt mich galant wie ein Prinz im Brautstil hoch. Währenddessen schnappt sich Bea die Schlüssel aus meiner Hand und öffnet das Haus.
Noah legt mich behutsam in mein kuscheliges Bett, während Bea sich auf den Weg in die Küche macht und mir ein Glas Wasser bringt. Dankbar lächle ich den beiden zu.

Der Montagmorgen bricht an und die Arbeitswelt ruft nach mir. Mit Bea habe ich geschrieben und ich habe mich für mein Verhalten entschuldigt, doch die Peinlichkeit sitzt mir immer noch tief im Magen. Bea begrüßt mich mit einem strahlenden Lächeln, als ich auf der Arbeit ankomme. ,,Und, hast du genug ausgenüchtert?" fragt sie mit einem Augenzwinkern. ,,Ja, gerade genug", lachte ich. Sie war mir also nicht böse.

Wir beginnen mit unserer Arbeit und Bea fängt an, zu erzählen. Offenbar hat sie mit Noah heftig geflirtet und ihre Nummern ausgetauscht. Ich halte es für eine furchtbare Idee, mit ihm auszugehen, aber den Grund kann ich ihr nicht sagen. Mein Kopf ist ein Wirrwarr aus Gedanken und Gefühlen, als ich versuche, die richtigen Worte zu finden. Ich will Noah nicht verärgern, aber gleichzeitig mache ich mir Sorgen um sie. Mein Herz klopft laut in meiner Brust, während ich nach einer Lösung suche. Die Stille ist erdrückend, und ich wünschte, ich könnte die richtigen Worte finden, um meine Gedanken auszudrücken. Aber im Moment bin ich einfach ratlos.

Ich entscheide mich, das Thema nicht zu kommentieren und stattdessen wieder an die Arbeit zu gehen. Wir nahmen Proben von Einsendungen, analysieren sie sorgfältig, dokumentieren unsere Ergebnisse und verschicken sie an die entsprechenden Stellen. Wir lassen uns von der Zeit treiben und plaudern über Nichtigkeiten, bis die Arbeit vorbei ist.

Während wir zum Parkplatz schlendern, tauschen wir noch ein paar Worte mit einigen anderen Kollegen. Es ist wirklich schön, wie freundlich und nett alle in meiner Abteilung sind. Als wir schließlich auf dem Parkplatz neben der Firma ankommen, verabschieden wir uns und gehen getrennte Wege zu unseren Autos.

Plötzlich spüre ich, wie sich ein unheimlicher Schatten über mich legt und mein Nacken sich kalt anfühlt. Ein eisiger Schauer läuft mir über den Rücken und ich beschließe, mit eiligen Schritten zu meinem Wagen zu gelangen, um diesem unheimlichen Gefühl der Beobachtung zu entkommen. In dem Moment, als meine Hand den kühlen Türgriff umklammert, erblicke ich Finn ein paar Autos weiter. Sein selbstgefälliges Lächeln löst eine Welle der Panik in mir aus. Schnell öffne ich die Tür und flüchte in mein Auto, verriegelnd die Türen hinter mir.

Als ich den Schlüssel umdrehe und das Auto zum Leben erwecke, spüre ich die Aufregung in mir aufsteigen. Doch als ich versuche, loszufahren, scheitere ich kläglich und das Auto säuft ab. Plötzlich höre ich ein diabolisches Lachen hinter mir. Mit einem wilden Herzklopfen und einem unkontrollierbaren Drang, einfach nur zu entkommen, trete ich erneut aufs Gaspedal und spüre, wie die Geschwindigkeit mich förmlich davonträgt. Die Straßen fliegen an mir vorbei, viel zu schnell, viel zu hektisch. Alles was ich will, ist weg von hier, weg von allem.

Mondlichtgeheimnisse - Entdecke das MitternachtsgeheulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt