Hendrik
Obwohl ich den Kater noch nicht einmal richtig los bin, entscheide ich mich kurzerhand noch einmal in die Stammkneipe von David und mir zu fahren. Alleine mit meinen Gedanken will ich einfach nicht sein. Sonst komme ich doch noch auf irgendeine bescheuerte Idee. Nur heute Abend gehe ich ohne meinen besten Freund, der mir nur eine kurze WhatsApp geschrieben hat, in der steht, dass er heute einfach mal seine Ruhe braucht. Klar akzeptiere ich das und klammern darf ich erst gar nicht anfangen, sonst stehe ich mit Sicherheit bald ganz alleine da.
Meinen alten Opel habe ich noch bei David stehen, weswegen ich mir gleich ein Taxi bestelle.
„Wo soll es denn hingehen?", brummt der Taxifahrer, als ich in der kühlen Abendluft vor meinem Elternhaus stehe. Das mag ich am Herbst nicht. Mittags ist es manchmal noch so richtig schön mild, aber sobald die Sonne untergegangen ist, zieht einem meist ein ziemlich kühler Wind um die Ohren. „Ich nehme an in die Beethovenstraße 5"
Ziemlich bedeppert schaue ich ihn an, bis ich realisiere, dass es derselbe Taxifahrer ist, der mich erst heute Morgen hier abgesetzt hat, als ich noch eine ziemliche Fahne hatte.
Der hat aber eine lange Schicht. Oder muss er etwa schon wieder ran? Aber ein gutes Gedächtnis hat er auf jeden Fall.
„Nein, bringen Sie mich bitte in die Bar Midnight. Die ist in der..."
„Die kenne ich. Alles klar, Chef."
Er erinnert sich wohl an die Kreditkarte und das Trinkgeld, das bei mir immer ziemlich hoch ausfällt. Ich glaube, wenn ich ans Ende der Welt wollte, würde er auch nicht Nein sagen.
„Ruf mich an, wenn du hier durch bist", ruft er mir hinterher, als ich vor der Kneipe aus dem Taxi steige. Es ist ein einfaches Wohnhaus, in welchem unten die Kneipe untergebracht ist. Die Besitzer wohnen oben, sind aber so ziemlich die meiste Zeit unten vor zutreffen.
Ich winke dem Fahrer nur zum Abschied und schaue kurz zu, wie das gelb-weiße Taxi in der beginnenden Nacht verschwindet.
Heute Abend ist ziemlich was los in der Bar, weshalb ich nicht einmal einen guten Platz am Tresen bekomme. Stattdessen lasse ich mich auf die Sitzbank eines Vierer-Tisches sinken, ohne wirklich auf die Frau zu achten, die dort schon auf der gegenüberliegenden Bank sitzt und ein Glas Sekt schlürft.
„Du hättest mich zumindest fragen können, ob ich es okay finde, dass du dich einfach zu mir setzt. Vielleicht bin ich ja mit Freunden hier, die nur mal schnell was zum Trinken holen", beginnt sie ein Gespräch. Die Musik ist noch nicht so laut, weswegen ich sie ziemlich gut verstehen kann.
„Bist du mit ein paar Freunden hier?" Ich komme nicht umhin einen Blick auf sie zu werfen. Langes, blondes Haar, das offen über ihre Schultern fällt. Ozeanblaue Augen, die mich amüsiert anfunkeln.
Fast genau die Farbe, die Caroline als Kontaktlinsen hat und sich immer dann reinmacht, wenn sie glücklich ist. Oder traurig.
„Nein zufällig bin ich ganz alleine hier", antwortet sie und ich starre dabei nur auf ihre vollen Lippen.
Es wäre falsch... Alleine diese Gedanken sind falsch, Hendrik. Aber ein kleiner Fick, was spricht schon dagegen? Immerhin hat Caroline dich auch betrogen.
„Kann ich dir einen Drink anbieten?", wage ich den Versuch eines Flirts.
Sie scheint mich sofort zu durchschauen, aber anstatt einer Ablehnung, die ich schon fürchte, nickt sie, steht auf und lässt sich dann neben mir auf die Bank nieder.
Nur kurze Zeit später befinde ich mich mit eben dieser Frau in der engen Toilettenkabine in der Männertoilette. Ich kenne noch nicht mal ihren Namen, was mich nicht davon abhält, sie gegen die Wand der Kabine zu drücken. Ihre rechte Hand liegt auf meinem erregten Penis und damit macht sie mich wahnsinnig. Alles, was ich jetzt will, ist sie zu nehmen. Ungeduldig fummele ich an dem Stück Stoff, das sie anhat. Ein rotes Kleid, das wunderbar mit ihrer Haarfarbe harmoniert. Ich ziehe es nur etwas nach oben, dann ihren Slip nach unten, was sie mit einem gierigen Japsen quittiert.
„Kondom", murmele ich, während ich das quadratische Päckchen, das ich immer bei mir habe, aus meiner Hosentasche ziehe.
Wir stöhnen beide auf, als ich in sie eindringe und durch meine harten Stöße, reibt ihr nackter Hintern an der Kabinenwand.
Ja, ich nehme mir das, was ich gerade so sehr brauche. Das Gefühl, das ich gebraucht werde. Und nebenbei fühle ich mich so frei und unbeschwert, als ich keuchend den Höhepunkt erreiche.
Das hitzige Gesicht der Fremden starrt mich an, während ich mir die Hose hochziehe und sie wieder mit dem Gürtel festmache. Die Glücksgefühle in mir sind wieder verschwunden. Das hier war kurz und so unbedeutend.
„Du warst gut", sagt sie. „Wenn du willst, können wir das gerne wiederholen. Magst du meine Nummer haben?"
Ich nicke. Was spricht schon hin und wieder gegen Sex, der mir so bereitwillig angeboten wird. Ohne Forderungen und viel Herzschmerz. Ohne Bedingungen.
Fuck! Du hast soeben Caroline betrogen. Was ist nur falsch bei dir?
„...16496", leiert sie mir ihre Handynummer vor. „ Ach ja. Und ich heiße übrigens Tabea. Schön, dich kennenzulernen."
„Hendrik."
„Ruf mich an, Hendrik."
Ich schaue ihr zu, wie sie sich am Waschbecken frisch macht und dann wieder in das schwummrige Licht der Kneipe verschwindet.
Kurz sammele ich mich und folge ihr dann in den überfüllten Raum, der nach Zigarettenrauch, Alkohol und Schweiß stinkt.
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In Your Eyes (Band 3)
RomanceHendrik ist sich sicher, dass er mit Caroline die Frau fürs Leben gefunden hat. Doch selbst im Paradies lauern Gefahren und schnell ist er die rosarote Brille wieder los. Trost sucht er bei seinem besten Freund David, der aber selbst genug mit eigen...