XLIX

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Ich musste mich nicht mehr verstecken. Nie wieder würde ich mich verstellen müssen. Auf diesem Moment hatte ich so lange hingearbeitet und doch kam er fast zu schnell. Aber ich war vorbereitet.

Drei volle Tage hatte ich kein Auge zugetan und mit meinem Blut und verschiedenen Pflanzen experimentiert, um die ultimative Waffe gegen Muzan zu erschaffen. Es war mir gelungen.

Und als es mir gelungen war, kehrte ich zu Douma zurück.

Ich hatte es noch ein letztes Mal versuchen müssen. Ich hatte gewusst, wie seine Entscheidung lauten würde, doch ich musste es einfach nochmal hören.
Und das hatte ich.

Douma war zwar grob, arrogant und manipulativ, aber loyal bis ins Blut. Nur nicht zu mir. Ich war nun mal nicht sein Meister. Nur ein schönes Spielzeug.

Ich ballte die Fäuste, während ich durch meine Schatten wanderte. Das Infinity Castle war nicht mehr weit entfernt. Ich zitterte nicht. Ich hatte keine Angst.
Ich hatte nur ein Ziel. Die Vernichtung der Dämonen.

Selbst, wenn das bedeutete, dabei selbst zu sterben.
Ich war bereits tot. Das durfte ich nicht vergessen.
Mein Körper lag zertrümmert und geknickt am Boden des Waldrands vor Doumas Anwesen. Kaum vorstellbar, dass dort alles angefangen hatte.

Obwohl ich in meinem Innersten wusste, dass ich schon vorher von Douma magisch angezogen worden war. Das war diese einnehmende Aura. Sein Duft. Und seine Augen.

Vorsichtig fasste ich in mein Gesicht. Ich hatte jegliche Tarnung fallen gelassen. Kein Versteckspiel mehr. Wenn ich Muzan vernichtete, sollte er in mein wahres Gesicht sehen. Ob er wusste, dass ich kam? Ob er es ahnte? Oder spürte?

Oder dachte er, wir wären tot und würdigte uns keinen Gedanken mehr, weil wir versagt hatten? Ich wusste es nicht. Es interessiert mich nicht. Heute Nacht würde Muzan Kibutsuji sterben und dann würde auch niemand mehr einen Gedanken an ihn verschwenden.

Er sollte leiden. Oh, und wie er leiden würde.
In meinem Kopf hatte ich diesen besonderen Abend schon oft durchgespielt. Wie es sich anfühlen würde, ihm die ganzen Herzen rauszureißen oder ihn elendig der Sonne auszuliefern. Oder ihn in kleine Stücke zu schneiden und zu fressen - obwohl mir dieser Gedanke dann doch etwas zu pervers war.

Egal, ich liebte es. Der Drang ihn zu zerfetzten war nie größer gewesen. Jeder Tropfen Blut in mir lechzte danach. Meine Finger krampften vor Anspannung. Meine Beine zitterten vor Erregung.

Ein Gefühl der vollkommen Befriedigung hatte die Überhand über jede meiner Zellen gewonnen. Und ich konnte mir nur ausmalen, welches Hochgefühl mich überkommen würde, wenn ich ihm jeden einzelnen Knochen wieder und wieder brach. Ich würde ihn zerreißen, wie er mich verrissen hatte und ich würde ihn alles spüren lassen, was er den Menschen und seinen eigenen Dämonen angetan hatte.

Für einen kurzen Moment hielt ich inne.
Die hungrigen Adern unter meinen leuchtenden Augen wichen nur langsam zurück.

Für nur einen kurzen Moment hielt ich an. Ich sah mich. Sah den mächtigen Dämon, der ich geworden war. Wieder fasste ich in mein Gesicht.

Das Gesicht, das heute perfekt geformt war. Wie gemalt. Ich spürte die Energie und die Kraft, die durch jede Kontur und Faser meines Körper floss. Lustigerweise fühlte diese Energie sich blau an. Der blauen Spinnenlilie hatte ich viel dieser Kraft zu verdanken, aber nicht alles kam von ihr.

Der andere Teil kam aus meinem Herzen. Dem Herzen, dass eigentlich kalt und undurchdringlich hätte sein sollen. Nicht heiß und unberechenbar. Voller Leidenschaft und Gefühlen, die ich teilweise heute immer noch nicht zuordnen konnte.

Ich hatte diesen Weg anders vorhergesehen. Muzan wollte alle meine Erinnerungen und meinen Willen löschen und zurücksetzen. Ersetzen. Doch er hatte es nicht geschafft. Ich wusste und spürte Dinge, die ich nicht wahrnehmen sollte und das allein machte mich zu seinem größten Misserfolg und Feind.
Und nun war ich gekommen, um ihn abzulösen.

Mit starken Beinen, festen Händen, einem ruhigen Atem und gerecktem Kinn verließ ich meine Schattenteleportation.

Das Infinity Castle baute sich so groß und unendlich vor mir auf wie beim ersten Mal. Ich war auf einer langen Brücke gestrandet, rundherum nichts als Wände, Türen, Treppen und Räumen in jeder Größe und Formation. Ein wahrhaftiges Meisterwerk, Nakime.

Es war ruhig. Nur meine Schritte waren zu hören. Sie sollten zu hören sein. Ich fasste in meinen Ausschnitt, tastete nach meinen rot-goldenen Anhänger. "Runame.", flüsterte ich, "Halt einer Freundin dort oben einen Platz frei."
Dann hielt ich abrupt an. Er war gekommen.

Blended Blood || Demon Slayer DoumaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt