1. Kapitel

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Willkommen zum 1. Kapitel! 

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Viel Spaß!

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Meine Pfoten trommelten in schnellem Rhythmus über den Waldboden. Kleine Kiefernnadeln und Dornen bohrten sich in meine Ballen. Ich bemerkte sie kaum. Mein schwarzes Fell verschmolz immer wieder mit den dunklen Schatten und es reichte aus, damit die Kugeln mich nur streiften. Meine Muskeln brannten, fühlten sich an, als würden sie jede Sekunde unter mir nachgeben, und meine Lungen schrien nach Sauerstoff. Ich bohrte die Krallen tiefer in die Erde und lief schneller. Es brachte Erinnerungen mit sich.

"Lauf in den Wald. Versteck dich, bis sie deine Fährte verlieren, dann verschwinde." Sie wurde von einem Hustenkrampf geschüttelt. "Hast du verstanden?" Tränen liefen über Sayokos Wangen und zogen helle Linien in ihr rußverschmiertes Gesicht. 'Nicht schon wieder.'
"Aber was ist mit eu-" Die Frau schüttelte sie und schrie sie an: "Hast du verstanden?" Sayoko zuckte zurück und nickte. Sie stieß sie nach hinten. Das Mädchen stolperte und fiel. Vor ihr stürzte ein brennender Balken zu Boden und Funken stoben durch die Luft. Ihr Gesicht verschwand hinter lila Flammen. Hustend stolperte Sayoko auf die Füße. "Wir gehen vorne raus."
"Nein! Sie werden euch töten." Sie musste ihre Arme schützend vor ihr Gesicht halten, um länger stehen zu bleiben, aber es kam keine Antwort mehr. Die Hitze trieb ihr Tränen in die Augen und ihre Hose fing Feuer, als sie sich durch die Fensterscheibe warf. Glassplitter schnitten in ihre Haut und ihre Schulter schmerzte, als sie auf dem Boden aufschlug. Zitternd kam sie auf die Füße und rannte stolpernd zum Waldrand.
"Da ist die Kleine!" Sayokos Herz setzte einen Schlag aus. Die Jäger. Kurz bevor sie zwischen den schützenden Bäumen verschwand, schaute ein letztes Mal auf das Dorf zurück. Sie musste. Nur wenige Menschen kamen aus dem orangen Flammenmeer und sie wusste, etwas an dem Anblick war falsch, aber alle drehte sich und ihr Kopf pulsierte vor Schmerz. "Es tut mir leid." Dann drehte sie sich um und rannte. Rannte um ihr Leben.

Es war lange her, nicht einmal die jüngste Flucht. Endlich tauchten Teile der Villa zwischen den Baumkronen auf. Ich spürte meine Muskeln kaum noch. Es schien mehr, als bewegten sie sich von selbst, aber sie liefen und das war genug. Heißer Schmerz brannte sich in mein Fleisch, als eine Kugel meine Flanke streifte. Wenn ich nur fliegen könnte. Es wäre so viel leichter ihnen zu entkommen. Ich schüttelte den Gedanken ab. Meine Sachen waren zu schwer, die Situation zu riskant. Ich musste konzentriert bleiben. Früher hätte ich die Jäger in der Luft zu Fetzen zerrissen. Mittlerweile nicht mehr. Wozu auch? Ich hatte nichts als mein Leben zu verteidigen, also lief ich weg.
Der Zaun des Anwesens tauchte vor mir auf. Ich sprang ab und verwandelte mich im Sprung. Meine Füße rutschten über die Stäbe. Meine Hose blieb an den Spitzen hängen. Das Gewicht meines Rucksacks und Violinenkoffers, die bei der Verwandlung wieder aufgetaucht waren, rissen mich nach unten. Der Stoff riss und die Zaunspitzen schnitten mir ins Bein. Heißes Blut lief über meine Haut, noch bevor ich mit einem dumpfen Aufprall auf dem Boden schlug und übers Gras abrollte. Die Welt bekam schwarze Flecken und kippte und schaukelte. Mühsam rollte ich mich auf die Füße. Die Rasenfläche, auf der ich gelandet war, flimmerte grün und die Muskeln in meinem Körper zitterten mit jeder Bewegung in Richtung der großen Eingangstür. Die Rufe und Schüsse hinter mir verstummten. Dieses Anwesen war auch den Jägern bekannt. Für sie bedeutete es den Tod, für mich Sicherheit. Vorübergehend. Vielleicht.
Bevor ich an die Tür hämmerte, wischte ich mir fahrig und mit zitternden Händen die Haare aus dem Gesicht. Es war reine Erschöpfung, die mich zittern ließ. Die Angst war schon vor Jahren zu einem stumpfen Hintergrundsummen geworden, bis sie kaum noch von Bedeutung war. Meine Bewegungen waren eine Routine, um nicht vollends in die Bedeutungslosigkeit abzurutschen, nicht der wirkliche Drang gut auszusehen. Das Lederarmband mit der metallischen Plakette darin lag unverändert um mein Handgelenk. Mein rechtes Hosenbein war so kaputt, dass ich es ohne Probleme abreißen und das Blut von der Haut wischen konnte. Die Wunde darunter hatte sich schon wieder geschlossen. Auch die an meiner Seite begann langsam zu heilen. Sie brauchte länger, obwohl sie kleiner war und das Jucken nagte an meinen Nerven. Wenigstens blutete sie nicht meine Kleidung voll. Ihre Waffen wurden mit jedem Jahr ausgefeilter. Das linke Hosenbein krempelte ich hoch, beim Rechten schlug ich die Abrisskante um, damit es einigermaßen ordentlich aussah. Ich atmete tief durch und richtete mich auf und wartete. Und wartete... Warum machte niemand die Tür auf? Ein Blick über die Schulter in den leeren Garten, dann stieß ich die Tür auf. Eine Welle angenehmer Kälte schwappte mir entgegen und ich atmete auf. Am liebsten hätte ich mich gleich dort auf die Steinfließen sinken lassen. Stattdessen schleifte ich den Rucksack hinter mir her in das Gebäude und ließ die Tür zufallen. Schummrige Dunkelheit umhüllte mich. Seufzend schloss ich die Augen und langsam beruhigte sich mein Herzschlag. Nur das zitternde Gefühl der Schwäche wurde stärker, jetzt, wo ich stand. Mehr als zuvor, drohte mein Körper nachzugeben. Ich wollte es zulassen, aber noch hatte ich es nicht geschafft. 'Noch ein bisschen.' Mit jedem neuen Atemzug wurde der Drang größer, sich einfach auf den kalten Steinboden zu legen und zu schlafen. 'Noch nicht.' Mühsam schlug ich die Augen auf und blickte direkt in ein Paar Giftgrüner.

Old BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt