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Ich musste nach Santinos und Lorenzos auftauchen, entweder in einen tiefen Schlaf gefallen oder wirklich auf dem kalten Boden verblutet sein. Denn das Letzte, was ich mitbekam, war, wie mich Erstgenannter in seine wohltuenden Arme zog und fest an sich hielt. Doch als ich in diesem Moment der Gedankensortierung den dröhnenden Schmerz meines Kopfes und auch das Stechen auf meinem Rücken spürte, wurde mir bewusst, dass ich wohl noch lebte.

Ob dies jedoch gut oder schlecht war, wusste ich noch nicht einzuordnen.

Ich öffnete langsam meine schweren Augen, um sofort in ein helles Licht zu blicken. Meine Augen brannten. Augenblicklich hob ich meine Hand, um diese schützend vor mein Gesicht zu halten. Als ich mich jedoch nach einer Weile an die Grelle gewöhnt hatte, sah ich mich vorsichtig um. Ich lag auf der Liege in demselben Krankenzimmer, in welchem ich aufwachte, als ich meinen ersten Fluchtversuch gewagt hatte.

,,Kleines! Du bist wach!", hörte ich anschließend auch schon Bernardo's kehlige Stimme. ,,Wie geht es dir?"

Ohne ihm zu antworten, versuchte ich mich aufzurappeln. Stöhnend drückte ich mich an meinen Händen nach oben, während das Ziehen in meinem Rücken an Intensität zunahm.

,,Alles tut weh.", gab ich ihm ehrlich zurück.

Mein Kopf, mein Rücken, mein Herz und... Meine Seele.

Bernardo stellte sich sofort an meine Seite, um mir eine Hand bedacht an die Stirn zu legen.

,,Du scheinst durch das starke Schmerzmittel Fieber bekommen zu haben.", informiert er mich. ,,Es wäre wirklich besser, wenn du noch etwas liegen bleiben und dich schonen würdest."

Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte nicht hier sein - ich wollte zu Santino. Ich musste wissen, wie es ihm ging. Wie es Domenico und Lorenzo ging. Und vor allem was mit Silas und Riziero passiert ist.

Ironisch, dass ich mich ausgerechnet nach dem Mann zehrte, welcher mich an sich band und belog, als wäre ich ein kleines Kind.

,,Wo ist Santino?"

,,Oben." Bernardo schien meinen besorgten Gesichtsausdruck zu verstehen, weshalb er gleich darauf fortfuhr. ,,Es geht ihm gut, bis auf ein paar Schürfwunden. Aber du kennst ihn doch mittlerweile. Alles ist besser, als sich helfen zu lassen - sturer Bock."

Ich atmete erleichtert durch. Eine Last fiel von meinen Schultern und auch die Hitze, welche meinen Körper zuvor noch einnahm, schien zu verblassen. Über Domenicos Zustand würde ich mich bei Santino informieren.

,,Ich will zu ihm."

,,Mirabella, Kleines, du bist gerade erst aufgewacht. Außerdem sieht dein Rücken aus wie ein Schlachtfeld. Gönn dir selbst etwas mehr Ruhe."

Ich sah ihn ausdruckslos an. Ich hatte schon lange keine Ruhe mehr. Mein Herz gab keinen richtigen Takt mehr vor. Es lag einzig und allein zerfallen in meiner Brust. Und ich wusste nicht, ob ich je wieder die Kraft dazu finden würde, es zusammen zu puzzeln.

Ich stand mit wackligen Beinen auf und ließ mir vor Bernardo helfen, mich vor einer der großen Ganzkörperspiegel in der Ecke des Raumes zu stellen. Langsam lief ich auf diesen zu. Ich trug nur ein schwarzes Hemd, welches mir mindestens drei ganze Größen zu groß war. Doch das war mir egal. Denn als mir der Geruch von Aftershave, Leder und etwas Zigarettenrauch in die Nase schweifte, wusste ich, wessen Klamotten mich so wohltuend umgaben.

Vorsichtig begann ich damit, meine Hände an den Saum des Shirts zu legen und dieses so weit hochzuziehen, dass mein Rücken frei lag. Ich drehte mich zur Seite, um einige Pflaster zu erkennen, die den Großteil der Wunden unsichtbar machten.

Sei mia, bellezza, per sempreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt