3. Klopfen

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5 Wochen später

Freitag

„Olivia!", ruft Frau Lekovski ermahnend.

Wieso kann sie mich nicht einfach ignorieren wie alle anderen Lehrer? Gut...Mathe ist mit Abstand meine größte Schwachstelle, aber trotzdem.

„T-tut mir leid..ich war abgelenkt.", entschuldige ich mich und versuche meine Aufmerksamkeit auf die Tafel zu richten.

Ich kann mich absolut nicht konzentrieren. Ich fühle mich als würde ich jede Sekunde einschlafen. Die letzte Nacht, war so wie jede andere Nacht davor der reinste Horror.

„Die Antwort?"

Als würde es etwas bringen, versuche ich das Mathe Beispiel zu lösen.

„150", flüstert mir Sophie, die hinter mir sitzt zu.

Auf meinem Gesicht bildet sich ein Grinsen.

„Ähm 150.", antworte ich und versuche dabei überzeugend zu klingen.

„Danke....Sophie." antwortet Frau Lekovski streng und wirft uns einen ermahnenden Blick zu. Neben mir beginnen Mitschüler zu kichern.

Nach weiteren 20 Minuten Unterricht, erlöst uns endlich das Läuten der Glocke.

„Olivia kommst du bitte mal kurz zu mir?", sagt meine Lehrerin als ich gerade dabei bin das Klassenzimmer zu verlassen.

Was ist denn jetzt schon wieder?

Seufzend drehe ich mich um und gehe zu ihrem Schreibtisch.

„Setz dich bitte."

Irritiert nehme ich auf dem Sessel gegenüber von ihr Platz.

„Olivia deine Leistung ist immer schlechter geworden...Ich hatte nach den Sommerferien Nachsicht mit dir. Doch wir sind nun 2 Monate in diesem Semester und deine erste Klausur war eine glatte 6. So wirst du dieses Semester nicht bestehen."

Mein Herz rutscht mir in die Hose.

„nein..nein bitte...ich verspreche ich werde wieder mehr lernen...", versuche ich sie zu überzeugen.

Verdammt

„Dir fehlen die Grundlagen..ich möchte dass du Nachhilfe in Anspruch nimmst. Im Abschlussjahrgang gibt es einige Schüler die sich ihre Note verbessern wollen und Nachhilfe anbieten. Ich gebe dir eine Nummer weiter."

Sie öffnet ihre Schublade und kramt einige Sekunden darin herum, bevor sie einen neongelben Zettel mit einer Nummer hervorholt.

„Hier.", sagt sie und streckt mir den Zettel entgegen. „Diese eine Person wäre noch verfügbar, also nutze es. Bis zu Abschlussprüfung dieses Semesters sind es etwa 8 Wochen...ich bin mir sicher dass du es schaffen wirst."

Fast schon bemitleidend sieht sie mich an.

Ich nehme mir den Zettel und nicke ihr dankend zu.

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Bei mir im Haus angekommen werfe ich meinen Rucksack auf den Boden und lasse mich ins Bett fallen.

Ich krame den mittlerweile zerknitterten Zettel mit der Nummer aus meiner Hosentasche und beginne in mein Handy zu tippen.

O: Hallo! Meine Mathe Lehrerin hat mir diese Nummer gegeben. Ich drohe durchzufallen und muss nun Nachhilfe Stunden in Anspruch nehmen. 14:46 Uhr

Oh Gott irgendwie klingt das erbärmlich.

Egal. Ich hab ohnehin keine Wahl.

Ich zögere noch etwas schicke die Nachricht dann jedoch ab.

Nur wenige Minuten später vibriert mein Handy.

„Hey. Okay. Schick mir deine Adresse ich komme morgen um 14 Uhr vorbei." 14:51 Uhr

Verwundert lese ich die Nachricht. Keine Frage nach dem genauen Stoff den wir durchmachen? Keine Frage nach meinem Namen? Ob ich überhaupt Zeit habe? Wow...scheinbar eine Person der wenigen Worte.

Ich schicke der Person gerade meine Adresse, als in der nächsten Sekunde Sophie anruft.

„Hey!",

Hey! Tut mir leid, dass ich nach der Schule nicht warten konnte. Marcus hat mir angeboten mich mit dem Auto mitzunehmen. Was wollte denn Frau Lekovski von dir?"

„Musste nach dem Matheunterricht noch bleiben....ich muss ab morgen Nachhilfe nehmen, weil ich sonst durchfalle.."

Oh Mann das klingt echt öde...aber vielleicht hab ich ne passende Ablenkung. Mein Bruder schmeisst heute ne Party bei uns, bist du dabei?"

„Ist dein Bruder nicht mit Tyler befreundet? Der wird doch bestimmt dort sein.."

Ach scheiss doch auf Tyler..wir können uns doch trotzdem nen tollen Abend machen.."

„Ich weiß nicht...ich hab morgen meine erste Nachhilfestunde...eigentlich sollte ich fit sein."

Enttäuscht seufzt Sophie aus.

Ja vermutlich hast du recht...trotzdem schade. Naja, aber nächstes Mal bist du dann wieder dabei!"

„Bestimmt,", sage ich und muss aufgrund ihrer euphorischen Stimme lachen.

Aber ansonsten kommst du alleine klar..?", ihre Stimme klingt besorgt.

„Klar alles gut...", lüge ich, denn bereits jetzt habe ich panische Angst vor einer weiteren einsamen Nacht in diesem Haus. Angst vor den Albträumen. Den Stimmen. Den Bilder von meinem geistigen Auge.

Bist du dir sicher?" hakt Sophie nach.

„Ganz sicher...mach dir keine Sorgen! Geniesse die Party!", versuche ich ihr die Sorge zu nehmen.

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Wie wild strampel ich im Wasser und versuche nach oben zu kommen. Meine Lunge brennt. Es ist dunkel, doch plötzlich sehe ich sie. Ich sehe das Auto meiner Eltern, welches von der Tiefe des Flusses verschlungen wird.

So schnell ich kann schwimme ich zu ihnen. „Mom!", brülle ich so laut es mir unter Wasser möglich ist. Ich schwimme zu der Autotür und versuche sie mir all einer Kraft zu öffnen. „Moooom!!"

Ihr Blick ist panisch. Wie wild klopft sie gegen die Fensterscheibe.

Panisch schrecke ich hoch.

Mein Kopf brummt vor Schmerzen und meine Bettdecke ist nass von meinem Schweiß. Die Uhr auf meinem Nachtkästchen zeigt an, dass es 02:34 Uhr ist.

Mein Puls ist am explodieren und ich kann es immer noch hören. Ich kann immer noch hören wie meine Mutter gegen die Fensterscheibe des Autos klopft.

Moment.

Konzentriert lausche ich den Geräuschen in meiner Umgebung, als ich merke, dass das Klopfen nicht nur in meinem Traum war.

Es kommt aus dem Untergeschoss.

OliviaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt