38. Kribbeln und Übelkeit

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Olivia P.O.V.

Wie wild strampel ich im Wasser und versuche nach oben zu kommen. Meine Lunge brennt. Es ist dunkel, doch plötzlich sehe ich sie. Ich sehe das Auto meiner Eltern, welches von der Tiefe des Flusses verschlungen wird.

So schnell ich kann schwimme ich zu ihnen. „Mom!", brülle ich so laut es mir unter Wasser möglich ist. Ich schwimme zu der Autotür und versuche sie mir all einer Kraft zu öffnen. „Moooom!!"

Ihr Blick ist panisch. Wie wild klopft sie gegen die Fensterscheibe.

„Olivia!" schreit sie.

„Olivia!!" Ich höre sie so deutlich.

„Olivia! Hör auf damit...du tust dir noch weh..!" schlagartig wache ich auf.

Aiden beugt direkt über mir. Im schwachen Licht der Straßenlaternen welches durch mein Fenster dringt, kann ich seine mit Schweiß benetzte Stirn sehen. Seine Brust hebt und senkt sich mit jedem gestressten Atemzug den er nimmt. Verwirrt versuche ich zu verstehen, was los ist.

Erst jetzt fällt mir auf dass Aiden meine Hände rechts und links neben mir fixiert.

Wieso hält er meine Hände fest?

„Ist alles okay?! Was ist los?!", gestresst sieht er mich an.

„Lass mich los!", sage ich mit zitternder Stimme und bin überrascht von dem plötzlichen Anflug von Angst, der mich einen Moment lang erfasst hat.

Schlagartig lockert sich sein Griff und er lässt mich los.

„Tut mir leid ich wollte dir keine Angst machen..ich wollte nur nicht dass du dir wehtust...du hast dich vor Panik in deine Oberschenkel gekrallt und wie wild gekratzt..."

Schlagartig wird mir übel.

Oh Gott. Oh gott. Oh Gott.

Ich lege meine Hände an seine Brust, drücke ihn weg von mir und springe aus dem Bett auf.

„Was ist los?", fragt er überfordert.

In der Dunkelheit taste ich über meine Oberschenkel. Sofort sind meine Hände nass von einer warmen Flüssigkeit.

Verdammt.

„Ähm... n-nichts.. a-alles gut..., stammele ich zittrig und presse meine Hände verzweifelt auf die offenen Schnitte an meinen Oberschenkeln, um die Blutung irgendwie zu stoppen. Mit zitternden Beinen laufe ich ins Badezimmer und knalle die Tur hinter mir zu.

Das kalte, weiße Licht, das den Raum erfüllt, enthüllt das volle Ausmaß meiner Verletzungen. Meine dünne schwarze Strumpfhose ist zerissen und meine Oberschenkel sind voller Blut.

Verdammt. Verdammt. Verdammt.

Ein Klopfen an der Tür lässt mich heftig zusammenzucken.

„Olivia? Ist alles okay?", fragt Aiden von der anderen Seite der Tür.

„E-e ist alles okay...i-ich...ähm...mir ist nur schlecht v-vom Alkohol...", lüge ich.

Ich schnappe mir das erstbeste Handtuch welches ich finden kann und presse es gegen die offenen Wunden.

„Brauchst du Hilfe? Soll ich reinkommen?", fragt Aiden.

„Nein bleib draußen!", sage ich etwas zu schnell und sperre im selben Moment die Tür zu.

„Soll ich dir etwas bringen? Ich kan-"

„Bitte geh..", unterbreche ich ihn mit zittriger Stimme und fühle mich absolut erbärmlich dabei.

„Ähm...soll ich im Zimmer warten oder..."

„Nein..ich denke es wär besser wenn du Nachhause gehst..", sage ich, während ich ein frisches Handtuch nehme weil das andere schon voller Blut ist.

Verdammt ich fühl mich wie ein Arschloch. Aber er kann mich so nicht sehen. Niemals.

Für mehrere Sekunden schweigt er.

„...bist du dir sicher? Ich ka..."

„Aiden. Bitte. Geh!", sage ich ohne Raum für Diskussion zu lassen und presse das Handtuch noch stärker an meine Wunden.

Ich bin so ein schlechter Mensch.

„Okay..", sagt er und ich kann an seiner Stimme hören, dass ihm meine abweisende Art wehtut.

Erschöpft sinke ich an der Tür des Badezimmers zu Boden, bis ich auf den kalten Fliesen sitze. Mit angehaltenem Atem presse ich mein Ohr gegen die Tür und lausche seinen sich entfernenden Schritten.

Jeder Schritt, der leiser wird, schürt meine Schuldgefühle. Ich höre wie er langsam die Treppen nach unten geht und schließlich die Eingangstür, die ins Schloss fällt. In diesem Moment fühle ich mich wie das größte Arschloch.

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10:57 Uhr

Mit einem pochenden Schädel wache ich auf dem Boden meines Badezimmers auf. Ich brauch ne Kopfschmerztablette.

Sofort.

Unbeholfen rappel ich mich vom Boden auf. Das Blut auf meinen Oberschenkeln ist mittlerweile getrocknet. Ich krame in der Medikamenten-Schublade im Badezimmer herum und werfe mir 2 Schmerztabletten ein.

Langsam mach ich mich auf den Weg ins Zimmer. Die Sonnenstrahlen die durch mein Fenster dringen verpassen mir stechende Schmerzen hinter den Augen. Ich ziehe genervt den Vorhang zu und lasse mich ins Bett fallen. Müde schließe ich meine Augen und sofort blitzen die Bilder von letzter Nacht in meine Gedanken.

Aidens Hände an meinem Körper.

Wie wir uns näher kamen.

Diese unterträgliche Spannung die auf einmal zwischen uns war.

Seine Lippen auf meinen.

Wie wir uns geküsst haben.

Oh Gott wir haben uns geküsst.

Ich habe Aiden geküsst.

Oh Gott oh gott oh gott..

Ohne dem Alkohol in meinem Blut hätte ich vermutlich niemals den Mut gehabt, die letzten Milimeter zwischen uns zu überwinden.

Aber ich bereue keine Sekunde davon.

Ich kann immer noch das Gefühl spüren, welches sich in meinem Körper ausgebreitet hat in der Sekunde als sich unsere Lippen berührten.

Ich kanns nicht glauben dass ich ihn geküsst habe.

Zum Glück hat uns niemand gesehen

Was wäre wenn uns jemand gesehen hätte...

Aber es kann mir egal sein.

Tyler war sogar auf der Party, er hätte uns erwischen können

Aber hat er nicht.

Aber was wenn uns doch jemand gesehen hat und ich es einfach nicht mitbekommen habe?

Langsam verwandelt sich das angenehme kribblige Gefühl in meiner Magengrube in eine Art Übelkeit.

Verdammt verdammt verdammt

Tyler darf niemals davon erfahren das würde alles noch schwieriger machen.

Was wenn Aiden ihm etwas davon erzählt?

Gestresst schlage ich die Hände in mein Gesicht.

„Okay Olivia beruhig dich...es ist alles okay...." sage ich zu mir selbst während mein Herz wie wild klopft.

Und dann kommt noch dazu das Aiden beinahe das Blut und die Schnitte gesehen hätte.

Ich muss besser aufpassen. Das darf nicht passieren. Er hätte nicht hier schlafen dürfen.

Was hab ich mir nur dabei gedacht?

OliviaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt