13. Benommen

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Olivia P.O.V.

Ich laufe.

Ich laufe um weg zu kommen.

Weg von der Brücke.

Weg von meinen toten Eltern im Fluss.

Ich muss zu der Abzweigung kommen.

Wie in Trance laufe ich die dunkle Waldstraße entlang. Es ist alles wie damals. Ich weiß nicht mal ob ich in der Lage bin die Realität mit den Bildern aus jener Nacht, die immer wieder vor meinem geistigen Auge aufblitzen, zu unterscheiden.

Es dürften nur mehr wenige Meter sein bis ich wieder auf der Hauptstraße bin.

Mir ist schwindlig.

Mir ist übel.

Ich weiß nicht ob ich es schaffe.

Nur mehr wenige Meter.

Nur...mehr...wenige...Meter.

Ich presse meine Augen immer wieder zusammen in der Hoffnung meine verschwommene Sicht zu fokussieren.

Nach einigen taumelnden Schritten bin ich auf der Hauptstraße.

Hier habe ich damals geschrien.

Nach Hilfe.

Das ein Auto anhält und die Rettung ruft.

Das jemand meine Eltern zurück holt.

Ich war durchnässt. Ich hab gezittert.

Wie in Trance stehe ich am Rande der Straße und kann nicht mehr gegen die schrecklichen Erinnerungen jener Nacht ankämpfen.

Ein warmes Gefühl an meinen Fingern lenkt meine Aufmerksamkeit für einen Moment weg. Ich werfe einen Blick auf meine zitternden Hände.

Sie sind voller Blut.

Danach fällt mein Blick auf meine Oberschenkel. Durch meine Jeans tritt Blut. Ich habe mir meine Schnitte auf den Oberschenkeln aufgekratzt und es nicht mal mitbekommen.

Aus der Ferne sehe ich Autoscheinwerfer näher kommen. Das Auto wird immer langsamer. Benommen versuche ich meine Sicht zu fokussieren, als das Auto neben mir am Straßenrand zum Stillstand kommt.

Eine Person steigt aus.

Sie kommt näher.

Sie spricht mit mir. Doch ich verstehe nichts.

Die Person steht vor mir.

Ich werde gerüttelt.

„Olivia hey!", holt mich eine tiefe Stimme etwas aus meinem benommen Zustand.

„Aiden?", frage ich hörbar verwirrt. „w-was...machst du h-hier..?"

„Ich komm gerade von der Party aber was machst du hier!?"

„I-ich...ich...", beginne ich zu stammeln doch brauche gerade jeden Funken Kraft um mich auf beiden Beinen zu halten.

Unbeholfen stolpere ich nach vorne. Mein Kopf landet auf Aidens harter Brust.

„Hey...vorsichtig...", sagt er besorgt. Mit seinen Händen stützt er mich an meinen Schultern.

„Sag mal bist du betrunken?!", fragt er kritisch.

Ich schüttle den Kopf.

„Sieht aber ziemlich danach aus...was machst du überhaupt hier auf der Hauptstraße?"

Ich zucke mit den Schultern.

Verwirrt wandern seine Augen meinen Körper entlang als sein Blick bei meinen Oberschenkeln haften bleibt.

„Olivia fuck was ist denn da passiert? Du blutest..", fragt er erschrocken.

„I-ich...bin...g-gestürzt..", presse ich heraus, woraufhin Aiden angespannt einatmet.

Sanft nimmt er mein Kinn und bewegt behutsam meinen Kopf nach oben, sodass ich ihn nun direkt in die Augen sehe. Konzentriert mustert er mein Gesicht.

„Fuck du bist ja komplett neben der Spur..", flüstert er vor sich hin.

Angespannt schluckt er. Man sieht ihm an dass ihm tausend Gedanken durch den Kopf gehen.

„Komm...ich bring dich Nachhause...", sagt er und deutet mir zum Auto.

„Nein....neinneinnein...ganz bestimmt nicht...bitte nicht...", beginne ich gestresst zu stammeln.

Sofort kommt wieder die Panik hoch. Unkontrolliert beginne ich zu Zittern.

„Okay okay...alles gut...", sagt Aiden ruhig und nimmt einen Schritt Abstand.

Hin und hergerissen greift er sich in den Nacken.

„Dann lass mich dich bitte begleiten...in dem Zustand lass ich dich nicht alleine hier."

Tyler schon

„Lass mich nur schnell mein Auto richtig parken..."

Aiden läuft zu seinem Auto und parkt es sicher am Straßenrand. Dann kommt er wieder zu mir.

„Hier...", sagt er und zieht sich seinen Pulli aus. „Zieh dir den an..." auffordernd streckt er mir seinen Pullover entgegen.

„G-geht schon....", lehne ich ab. „E-es ist k-kalt...du b-brauchst ihn.."

Auf seiner Stirn bildet sich ein Runzelnd.

„Du Zitterst...ich konnte deine Zähne bis zum Auto klappern hören...und jetzt zieh dir sofort den Pulli an sonst zieh ich ihn dir an.."

Seine Stimme lässt keinen Raum für eine weitere Diskussion.

Zögerlich nehme ich seinen Pulli und zieh ihn mir über. Sofort umgibt mich der Duft seines Parfüms und die Wärme seines Körpers, die noch im Stoff des Pullis gespeichert ist.

Langsam greift Aiden zu der Kapuze des Pullis und zieht sie über meinen Kopf.

Auf seinem Gesicht bildet sich ein Grinsen.

„Steht dir gut.."

„Danke..", sage ich schwach.

„Na komm...gehen wir..."

OliviaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt