15. Kommst du klar?

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Aiden P.O.V.

11 Stunden vorher

„Hier...", sage ich und zieh mir meinen Pulli aus. „Zieh dir den an..." auffordernd strecke ich ihr meinen Pullover entgegen.

„G-geht schon....", lehnt sie ab. „E-es ist k-kalt...du b-brauchst ihn.."

Ihre Fürsorge trifft mich unerwartet. Sie zittert am ganzen Körper, und sorgt sich trotzdem darum dass mir kalt sein könnte?

„Du Zitterst...ich konnte deine Zähne bis zum Auto klappern hören...und jetzt zieh dir sofort den Pulli an sonst zieh ich ihn dir an..", sage ich ernst.

Zögerlich nimmt sie meinen Pulli und zieht ihn sich über.

Langsam greife ich zu der Kapuze des Pullis und ziehe sie ihr über ihren Kopf.

Bei dem Anblick muss ich grinsen. Ich sollte so nicht über die Ex meines Freundes denken, aber sie sieht irgendwie süß darin aus.

„Steht dir gut.."

„Danke..", sagt sie schwach.

„Na komm...gehen wir...", sage ich.

Unbeholfen beginnt sie mir nachzugehen. Sie zittert so verdammt stark, dass ihre Beine kaum Kraft haben sie zu halten. Ihr Zustand verwirrt mich. Wie kam sie überhaupt hier her? Auf der Party wirkte sie nichtmal so betrunken.

„I-ich kann n-nicht...", stammelt sie schwach und bleibt stehen. Ich drehe mich zu ihr um. Sie taumelt von einem Bein aufs andere. Ihr Blick schweift orientierungslos durch die Gegend.

Fuck. Ihr Zustand beunruhigt mich.

„Olivia...wir müssen noch ein bisschen gehen...denkst du dass dus schaffst? Ich kann auch umdrehen und das Auto holen.."

Panisch beginnt sie mit dem Kopf zu schütteln.

„N-nein...nein....bitte...." Ihre Augen werden glasig und wenn sie noch länger so schnell atmet, wird sie kollabieren.

„Alles gut...hey...alles gut...", langsam gehe ich auf sie zu und stütze sie an ihren Schultern. Ihre Augen treffen meine. Ihr Blick strahlt so viel Angst aus. Und für jemanden der meinem besten Freund schreckliche Dinge angetan hat, kann ich gerade nichts als Unschuld und Unbeholfenheit in ihren Augen erkennen.

Abrupt wende ich meinen Blick von ihr weg. Ich mag das Gefühl nicht, welches gerade beginnt sich in mir auszubreiten.

„Halt dich hier fest..", sage ich, nehme sanft ihren Arm und lege ihn um meinen Nacken. Dann greife ich vorsichtig unter ihre Knie und Schultern und hebe sie mit einem Ruck hoch.

Leise wimmert sie auf.

„Hab ich dir wehgetan?", frage ich gestresst.

Schwach schüttelt sie den Kopf, welchen sie kurz darauf auf meine Brust fallen lässt. Ihre Augen fallen zu. Ihre Atmung wird ruhiger. Ihr Zittern wird leichter.

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Nach etwa 30 Minuten komme ich bei ihrem Haus an. Immernoch trage ich sie in meinen Armen. Ihre Augen sind nach wie vor fest verschlossen.

Sanft rüttel ich sie.

„Olivia....", flüstere ich. „Aufwachen....wir sind hier...."

„Hmmm...?", nuschelt sie und öffnet langsam die Augen.

„Wir sind hier...na komm..", langsam lasse ich sie wieder aus meinen Armen auf den Boden.

Sie braucht ein paar Sekunden um das Gleichgewicht zu finden, während ich sie dabei nicht aus den Augen lasse. Sie kramt in ihrer Hosentasche und holt den Schlüssel heraus. Nach ein paar Anläufen schafft sie es endlich die Tür zu öffnen.

Ich bleibe vor der Tür stehen während sie hinein geht. Mir fällt auf, dass sie schon wieder zu Zittern begonnen hat.

Sie dreht sich zu mir um. „D-danke...", flüstert sie mir erschöpft zu. Ich nicke ihr zu und zögere noch einen Moment, beschließe dann jedoch mich auf den Weg zurück zum Auto zu machen.

Ich drehe mich nochmal zu ihr um. Ihre Augen haften immer noch auf mir.

„Bist du sicher, dass du alleine klar kommst?", frage ich und muss mich davon abhalten, sie nicht einfach hoch in ihr Zimmer zu bringen.

Es wäre nicht richtig. Ich muss Abstand einhalten. Wir verbringen schon durch die Nachhilfestunde mehr Zeit miteinander als mir eigentlich recht ist. Tyler würde mich umbringen, wenn er wüsste dass ich mitten in der Nacht beim Haus seiner Ex bin. Es ist einfach komisch. Er verachtet sie und ich muss es ebenfalls.

„I-ich komm schon k-klar...", sagt sie und ich glaub ihr kein Wort. Ich zwinge mich mich umzudrehen und weg zu gehen. Fuck eigentlich sollte es mir nicht so schwer fallen.

Ich weiß doch wie sie ist. Zu was sie in der Lage ist.

Doch bei der Party...bei der Party war sie so...anders.

In der dunklen Kammer wurde ich mit meinen größten Ängsten konfrontiert und Olivia war dabei. Sie war nicht nur dabei, sie hat es sofort durchschaut. Sie hat mich nicht verurteilt, auch wenn ich mir sicher war, dass sie es tun würde. Sie hat sich nicht lustig gemacht. Sie hat mir geholfen.

Sie war so anders als ich es von ihr erwartet hätte. Und ich weiß nicht was ich davon halten soll.

„A-aiden...?", fragt sie leise, woraufhin ich mich zu ihr umdrehe.

„Ja?"

„K-können w-wir morgen die S-stunde b-bei mir m-machen?", sie zittert so stark dass sie kaum ein Wort herausbringt und trotzdem denkt sie gerade ernsthaft an Mathe?

„Klar..", sage ich und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Vielleicht ist Olivia nicht die für sie ich sie immer gehalten habe.

OliviaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt