Kapitel 31

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Es war schon absurd, wie wir hier standen. Mitten im Wald mit einem traumhaften Blick über die Alpen in der Ferne. Keine halbe Stunde vom Tegernsee entfernt. Keine halbe Stunde entfernt von dem Ort, der jetzt unser Zuhause hätte sein sollen. Es brach mir das Herz, ihn so verloren zu sehen. Müde fuhr ich mir mit den Händen durch die Haare. Ich war erschöpft, und meine Gedanken waren schwer und langsam. Irgendwie fühlte ich mich erleichtert, endlich seine Sicht zu hören. Wirklich weiter brachte es mich leider auch nicht.

"Meine Mutter meinte mal zu mir: Manchmal muss sich der Staub nach einer Schlacht erst legen, bevor man sieht, was übrigbleibt", sagte ich und spürte seinen irritierten Blick. Ich drehte mich zu ihm und sah ihn an. "Ich glaube, ich brauche Zeit für mich. Und ich möchte dich nicht um eine Pause bitten, wenn ich dir nicht versprechen kann, dass es mit uns weitergeht. Und so sehr es mir das Herz bricht, das kann ich gerade nicht." Ich sah, wie sich sein Kiefer verspannte und sein Blick glasig wurde. "Manuel, versteh mich nicht falsch. Ich liebe dich. Nur habe ich gerade fast zwei Jahre meines Lebens verloren, kein Studium, bin körperlich immer noch nicht wieder an dem Piunkt wo ich gerne wäre. Mir ist bewusst, dass das seine Zeit brauchen wird. Und bei aller Liebe. Ich weiß gerade nicht, wo mir der Kopf steht, und noch weniger weiß ich, wo ich stehe. Und ich möchte gerne herausfinden, wer ich jetzt bin. Und ich werde dich nicht bitten, noch länger auf mich zu warten, weil es einfach dir gegenüber nicht fair wäre." "Findest du nicht, dass es meine Entscheidung sein sollte, ob ich auf dich warte oder nicht?", unterbrach er mich. "Manuel...", flüsterte ich. "Ich habe die letzten zwei Jahre auf dich gewartet, vielleicht nicht so, wie du es dir vorstellst, aber ich habe gewartet. Und ich bin bereit, auch noch länger zu warten, weil ich trotz all der Scheiße der festen Überzeugung bin, dass wir das wuppen können." Seine Augen funkelten so, dass ich fast bereit war, ihm zu glauben. "Ich weiß nicht, Manu. Ich brauche Zeit. Und ich will und werde dir nichts versprechen, was ich nicht halten kann." "Ich weiß, das tust du nie." Schweigend standen wir uns gegenüber. Einzelne Tränen liefen ihm über die Wangen. Zögerlich trat ich einen Schritt auf ihn zu, hob die Hand und wischte die Tränen fort. "Gib mir Zeit", flüsterte ich. "Ich geb dir alle Zeit, die du brauchst, solange du mir versprichst, uns nicht aufzugeben. Und wenn du es tust, lass es mich bitte wissen." "Versprochen", dabei blieb es.

Schweigend liefen wir zurück Richtung Parkplatz. Ein gutes Stück davor blieb Manuel auf einmal stehen. "Lisa?", fragte er, den Blick Richtung Himmel. "Ja?", fragend sah ich ihn an. "Bekomme ich noch einen letzten Kuss?" Er sah mich mit schief gelegtem Kopf an. Seine Augen leuchteten fast im gleichen Ton wie der Himmel. "Ja", sagte ich leise. Vorsichtig zog ich ihn an mich und küsste ihn. Seine Hände schlangen sich um meine Taille und er zog mich fest an sich. Seine Lippen schmeckten leicht salzig und fühlten sich so vertraut an. Fast so, als wäre es keine Jahre her, dass er mich das letzte Mal geküsst hat. Am liebsten hätte ich den Kuss nicht enden lassen und mich nicht mehr aus seinen Armen gewagt, aber es war richtig, jetzt zu gehen. Wie sollte ich eine Beziehung führen, wenn ich nicht einmal ansatzweise wusste, wer ich war oder sein wollte? Und es wäre falsch, einfach da weiterzumachen, wo wir aufgehört haben.

Zaghaft löste ich mich aus seinen Armen, auch wenn er mich nur widerstrebend losließ. "Es fällt mir so schwer, dich gehen zu lassen", murmelte er in meine Haare. "Ich weiß", sagte ich, "es fällt mir mindestens genauso schwer."

Er ging in Richtung seines Wagens. Auf halbem Weg drehte er sich noch einmal um. "Hören wir voneinander?", fragend sah er mich an. "Ich glaube erstmal nicht", sagte ich, und mir brach die Stimme. Er fuhr sich über die Augen und nickte langsam. Kurz bevor er in das Auto stieg, sah er mir noch einmal in die Augen. "Ist es ein Abschied oder ein Auf Wiedersehen?", fragte er. In diesem Moment löste sich etwas in meinem Herzen, was sich unbeschreiblich leicht anfühlte. Nur kurz, aber lange genug, um es wahrzunehmen. "Ich hoffe, es ist ein Auf Wiedersehen!"

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 15 ⏰

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Mrs. Keeper - Never? or Forever!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt