Kapitel 26

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Der Abend mit meinen Eltern war schön. Clair kam etwas später mit zwei Pizzen vorbei und wir unterhielten uns über Gott und die Welt. Whisky ging es wohl auch gut und ich konnte es kaum erwarten sie wieder zu sehen. Bedauerlicherweise war der nächste Tag umso anstrengender. Es ging von einer Physiotherapie zum nächsten Termin. Ich verbrachte gefühlt den ganzen Tag damit auf dem Gang zu warten oder im Behandlungszimmer. Am suspektesten war mir nach wie vor das MRT. Ob das an der Klaustrophobie oder dem eigenartigen Apparat lag kann ich nicht sagen. Vielleicht war es die Kombi. Das einzige positive an diesem Tag war das bis auf einige Blutwerte, welche das Labor noch nicht bearbeitet hatte, alle Befunde zufriedenstellend waren. Bis auf einige Muskuläre Probleme war alles so wie es sein sollte. Die Muskulären Probleme sollten durch einige Aufbauende Medikamente und viel Training und Physiotherapie Innerhalb der nächsten Monate behoben werden. Das Ende vom Lied ist, dass ich heil froh war als ich endlich Abend wieder auf meinem Zimmer lag und mich durch das mäßig gewürzte Abendessen quälen konnte bevor ich weg döste.

Das nächste was ich dunkel war nahm waren leise Schritte die um mein Bett herum gingen, das öffnen eines Fensters und ein so bekannter Geruch das es mir schwer fiel nicht tief ein zu Atmen. Langsam senkte sich das Bett zu meiner linken. Sanft Finger schoben mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und im nächsten Moment drückte man mir einen sanften Kuss auf die Stirn. Ich spürte das kitzeln von Bartstoppel. Mir stieg der Vertraute Geruch nach Minze, Zitrusfrüchten und Kakao in die Nase. Er setzte sich wieder auf und griff nach meiner Hand. „Du hast ein neues Zimmer... es hat eine schönere Aussicht als das letzte", sagte er leise und zeichnete währenddessen mit seinem Daumen Kreis auf meinen Handrücken. Er schwieg und seufzte. „Es tut mir leid, dass ich die letzten Wochen nicht zu Besuch war. Aber ich hab dir doch erzählt das ich ins Trainingslager nach Österreich gefahren bin und im Anschluss weiter nach Frankreich zur Europa Meisterschaft. Es lief wirklich gut aber schlussendlich haben wir im Halbfinale gegen Frankreich verloren. Es war verdammt ärgerlich, und vor allem Mats war rasend vor Wut. Ich glaube, es lag daran das er nicht spielen durfte, wegen zwei Gelben Karte. Aber vermutlich hat Frankreich verdient gewonnen, sie waren einfach das jüngere Team mit etwas mehr Ehrgeiz. Ich bin ja gespannt ob sie gegen Portugal gewinnen. Aber ärgerlich war es trotzdem! So nah war ich einem Europa Titel noch nie. Es war fast wie 2014. Nur ohne den Titel...und ... unsere Telefonate haben mir gefehlt... und dich auf den Tribünen zu sehen", seine Stimme stockte. „Ich vermiss dich so!", flüsterte er mit gebrochener Stimme und ich spürte wie er meine Hand mit beiden Händen umschloss und einen Kuss auf meine Finger drückte. „Wach bitte wieder auf.", murmelte er leise.

Langsam öffnete ich die Augen und sah ihn dort sitzen. So wie er dort saß in Jeans und T-shirt mit zerzausten Harren meine Hand fest umschlungen. Er starte aus dem Fenster, wo man am Horizont noch den Rest des Tageslichts hellblau erahnen konnte. Der Morgenstern leuchtete bereits und die ersten Sterne glänzten. „Was würde ich dafür gegeben dich wieder in die Arme nehmen zu können, dich wieder zu küssen und deine Stimme wieder zu hören", sagte er Tonlos ohne den Blick vom Fenster zu nehmen. Er stand auf, legte meine Hand zurück auf meinen Bauch und stellte sich ans Fenster.

„Ich muss dir etwas beichte", fing er nach einer Weile an und brach doch wieder ab. Er rieb sich über das Gesicht und wirkte so müde und verzweifelt. Ich war fast an den Punkt aufzustehen und ihn einfach in den Arm zu nehmen. „Ich habe Nina gesagt... Ich habe Nina gesagt, dass ich dich aufgebe, das ich die Geräte die dich am Leben halten abstellen lasse aber... na ja... offensichtlich hast du mir die Entscheidung abgenommen, schließlich liegst du hier ohne jede Maschinelle Hilfe. ... Aber Lisa? Ich halte das langsam nicht mehr aus! Ich will dich wiederhaben und wenn das nicht geht möchte ich wenigstens einen Abschluss... einen Schlussstrich. Abe ich möchte und kann diese Entscheidung nicht treffen, also nimm sie mir bitte ab. Ok? Ich weis, dass ich das nicht von dir verlangen kann. Aber ich kann nicht mehr und ich vermisse dich so unbeschreiblich!... Und wenn du wieder aufwachst bekommen wir das hin. Ich weis noch nicht wie... aber wir bekommen das mit uns wieder hin. Versprochen!", seine Stimme wurde immer Rauer und brach schlussendlich.

Ich sah in der Spiegelung der Scheibe wie sein Adamsapfel hüpfte und seine Augen vor Tränen glänzten. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass die letzten Wochen des Grübelns eigentlich für die Katz waren. Es war nicht allein meine Entscheidung was aus uns wurde und ich hatte nicht das Recht ihm vorzuenthalten das ich wach war. In dem Moment wo sich eine Träne aus seinen blauen Augen löste traf mich selbst die Erkenntnis. Wir konnten das wieder hin bekomme, wie war eine andere Frage, aber wenn wir beide es wirklich wollen würden wir ein „uns" wieder hinbekommen. Langsam schlug ich die Decke zurück und schwand die Beine über die Bettkannte. Der Krankenhausboden war kalt und die kühle Luft die durch das Fenster zog löste eine Gänse Haut bei mir aus. Das dünne Baumwollnachthemd schützte nicht besonders gut vor der Kälte aber das war mir in diesem Moment egal. Ich schlich hinter ihn, vergrub mein Gesicht in seinem Rücken und Schlang die Arme um seinen Oberkörper ich spürte wie er zusammenfuhr und sog den so vertrauten, und so sehr vermissten Geruch gierig ein. 



Einen schönen Start in die Woche euch allen!

Mrs. Keeper - Never? or Forever!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt