[Harry - LoriWriteBlue]
„Ob du von allen guten Geistern verlassen bist, habe ich gefragt", schrie Zayn mich schon beinahe an. So schnell konnte ich gar nicht reagieren, wie Emma und ich von ihm zur Seite gezogen wurden. „Und ich habe dich gefragt, was passiert ist? Wo ist er? Wie geht es ihm?", fragte ich ihn hysterisch in selbiger Lautstärke, was Emma erschrocken in meine Richtung blicken ließ. Ich wurde sonst nicht laut, schon gar nicht vor meiner Tochter. „Das war eine absolut unnötige Aktion. Wie sollte es deiner Meinung nach ausgehen? Du kannst hier nicht einfach auftauchen. Was ist, wenn euch jemand erkannt hat? Mein Gott, Harry. Du hast sie doch nicht mehr alle", fuhr er mit seiner wütenden Ansprache fort. „Zayn!", schrie ich laut, was ihn überrascht zusammenzucken ließ.
„Er ist zusammengebrochen. Sie bringen ihn gerade in das Royal Hospital. Harry, er ist umzingelt von Personenschützern, bitte komm nicht auf dumme Ideen", sagte er deutlich ruhiger. „Ich will zu ihm, Zayn. Ich will bitte, bitte zu ihm", flehte ich ihn an, doch er schüttelte energisch den Kopf. „Nein, Harry. Keine Chance. Du hast gesehen, welche Auswirkungen dein Erscheinen auf ihn hatte", erwiderte er. „Natürlich lag es an meinem Erscheinen und nicht etwa daran, dass ihm alles zu viel ist. Warum siehst du es nicht? Er leidet. Hat er überhaupt geschlafen? Seine Augen waren vollkommen eingefallen", sagte ich. „Ich weiß, dass er leidet, doch wir können es derzeit nicht ändern. Nicht du, nicht ich. Niemand kann das. Gib ihm die Zeit, sich zu erholen. Bitte tauch nicht auf, Harry. Er kann das gerade wirklich nicht", sagte er und legte eine Hand auf meiner Schulter ab.
„Bitte verzeih mir die harte Wortwahl, Harry. Meine Aufgabe ist es, auf ihn aufzupassen und ich versage gerade auf ganzer Linie. Er ist vor meinen Augen zusammengebrochen und das Einzige, was ihm helfen könnte, kann ich ihm nicht geben", sagte er leise, während die Hand noch immer auf meiner Schulter lag. „Zayn, ich mach mir furchtbare Sorgen. Wäre es denkbar, dass du mich über seinen Gesundheitszustand auf dem Laufenden halten könntest?", fragte ich vorsichtig. „Ich werde mich melden, aber bitte versprich mir, dass du nichts Unüberlegtes tust. Harry, ich weiß, dass du ihn sehen willst. Er will genau das selbe. Aber bitte akzeptier, dass es aktuell unter keinen Umständen möglich ist. Ich weiß nicht, ob es eine Lösung gibt. Aber wenn es eine gibt, wirst du sie erfahren", sagte Zayn, blickte mir währenddessen tief in die Augen.
Stumm nickte ich. „Ich werde jetzt zum Krankenhaus fahren. Ich melde mich bei dir", sagte er und verabschiedete sich. Meinen Besuch habe ich mir anders vorgestellt. Ich wollte Louis Gewissheit und Sicherheit geben, doch das Gegenteil war der Fall. Mein schlechtes Gewissen plagte mich und Emma hörte nicht auf zu weinen. „Prinzessin, bitte. Es tut mir leid, dass ich laut geworden bin. Das wollte ich nicht. Ich mache mir nur so schrecklich große Sorgen um Prinz Louis", sagte ich, während ich mich vor sie kniete. „Wird Prinz Louis sterben?", fragte sie bitterlich weinend. Sofort zog ich sie fest in meine Arme. „Nein, mein Engel. Natürlich nicht. Prinz Louis hat gerade eine sehr schwere Zeit, aber er wird es schaffen, denn er ist stark", versuchte ich sie zu beruhigen.
Nach unendlichen Entschuldigungen und noch vielen weiteren Umarmungen schaffte ich es, ihr Tränenfluss endlich zu beenden. Wir fuhren nach Hause, da Emma heute Nacht nicht im Waisenhaus schlafen wollte. Meine Nachtschicht hatte Gemma kurzfristig für mich übernommen, sodass ich eingekuschelt mit meiner Tochter in ihrem für mich viel zu kleinen Bett die Augen schloss. Immer wieder scheiterte meine Nachtruhe daran, dass die Gedanken sich ausschließlich um Louis kreisten. Ich fragte mich, wie es ihm ging, was er gerade tat. Ich fragte mich auch, ob er ebenso an mich dachte. Vor allem aber fragte ich mich, ob diese Liebe einen positiven Ausgang zu erwarten hatte.
Vorsichtig stieg ich aus dem Bett und lief mit einer Schachtel Zigaretten auf den Balkon, scrollte durch die zahlreichen Berichte der heutigen Pressekonferenz, bis ich einen Artikel entdeckte, der meine volle Aufmerksamkeit erlangte.
‚Wie eine verbotene Liebe dem Thronfolger die Gesundheit kostet'
Das Titelbild des Artikels zeigte Louis, der Emma im Arm hielt. Sein Blick war jedoch nicht auf sie gerichtet, er lag auf mir. Unsere Blicke trafen sich auf dem Bild, was mit einem eingefügten Regenbogen verdeutlicht wurde. Unsere Blicke sprachen Bände. Der kleine blaue Vogel, der sich sowohl an Louis', als auch an meinem Revers befand, war jeweils mit einem roten Kreis markiert. Der Artikel war anders als erwartet, er enthielt keinerlei Verurteilungen oder ähnliches, vielmehr war es eine Lobeshymne an seine trotz der Widrigkeiten bestehende Stärke und eine Kritik an dem Königshaus und die damit einhergehenden etwas zu konservativen Ansichten. An dem letzten Absatz des Artikel blieb ich besonders lange hängen.
‚Auch, wenn eine gleichgeschlechtliche Ehe theoretisch rechtlich möglich wäre, so hat es doch noch nie ein homosexuelles Paar in einem der zahlreichen Königshäuser gegeben. Mag es daran liegen, dass sich nur ‚natürliche Nachkommen' in die Thronfolge einreihen dürfen, oder eben daran, dass das Königshaus es grundlegend ablehnt. Trotz der vermeintlich weltoffenen Einstellung und der stetigen Unterstützung zahlreicher LGBTQ+ Organisationen, kann von Toleranz derzeit keine Rede sein. Wir alle haben die zahlreichen Bilder gesehen, in denen Prinz Louis einen Mann küsste. Diese Bilder wurden schnell verurteilt und kurz darauf totgeschwiegen. Als ein Fehltritt wurde es bezeichnet. Doch warum? Was ist verwerflich an diesen Bildern? Großbritannien könnte ein Vorreiter sein, könnte längst veraltete Traditionen hinter sich lassen, stattdessen wurde Prinz Louis heute in das Royal Hospital eingeliefert, während der Mann, dem sein Herz zu gehören scheint, von einem Sicherheitsmitarbeiter abgeführt wurde.'
Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Ob Louis diesen Artikel ebenfalls gesehen hat? Ob sein Vater diesen Artikel gesehen hat? Ich setzte meine Internetrecherche fort und stieß auf zahlreiche weitere Artikel, die das Verhalten des Königshauses verurteilten und Louis Mut zusprachen. Ein kleines Lächeln zierte mein Gesicht, ehe ich mir wieder in Erinnerung rief, dass die Artikel nicht der Realität entsprachen. Louis wurde nicht mit Toleranz empfangen, vor allem nicht in seinen eigenen vier Wänden. Er wurde verurteilt, die Last auf seinen Schultern vergrößert. Ich vermisste ihn so schrecklich, vermisste die Zweisamkeit, all die Gespräche und Berührungen.
Ehe ich mich versah, saß ich bitterlich weinend auf der Terrasse, bis ein Anruf einer unbekannten Nummer auf meinem Handy erschien. Ich nahm den Anruf entgegen, sagte zunächst nichts, nahm einen leisen Piepton an der anderen Leitung wahr. „Louis?", fragte ich. „Harry", hauchte er gequält, gefolgt von einem leisen Schluchzen. Mehr brauchte es nicht. Die Nennung unserer beider Namen reichte aus, dass wir beide heftig zu weinen begannen. Ich war mir nicht sicher, wie lange dieses Gespräch, das eigentlich keines war, schon dauerte, doch es tat gut, all den Tränen ihren freien Lauf zu lassen.
„Wie geht es dir?", flüsterte ich nach unzähligen Minuten. „Gut", hauchte er. „Bitte lüg mich nicht an, mein Liebling", sagte ich, was ihn jedoch nur noch mehr in den Hörer schluchzen ließ. „Bitte nenn mich nicht so, Harry. Ich bin nicht dein Liebling. Ich werde es niemals sein. Wir werden niemals zusammen sein", stotterte er. Ich ignorierte das große Messer, das sich in meinem Herzen befand und wohl für immer einen Platz darin haben würde. „Louis, wie geht es dir?", fragte ich noch einmal. „Schrecklich. Harry, ich kann nicht aufhören, an dich zu denken. Dich heute zu sehen, es war so wunderschön und doch so furchtbar. Ich schaff das alles nicht mehr. Ich kann nicht ohne dich. Harry, ich will nicht ohne dich", sagte er, während seine Stimme mit jedem Wort etwas mehr brach.
„Darf ich dich besuchen?", fragte ich vorsichtig. „Das geht nicht. Es tut mir leid, dass ich dich versetzt habe. Ich möchte, dass du weißt, dass das keine böse Absicht war. Ich liebe dich mehr als alles andere in meinem Leben. Danke für die Zeit, die ich mit dir teilen durfte. Danke, dass du mir gezeigt hast, was wahre Liebe ist", sagte er. „Verabschiedest du dich gerade von mir?", fragte ich und ignorierte die Angst vor der Antwort, die ich erwartete. „Es tut mir leid, Harry. Bitte gib deiner Tochter einen Kuss von mir. Es war schön, sie heute in meinen Armen zu halten. Es war schön, dich zu sehen. Auch wenn es das letzte Mal war", sagte er, bevor er das Gespräch beendete.
Mein ganzer Körper begann heftig zu zittern. Das Telefon rutschte mir aus der Hand und landete mit dem Display voran auf die steinernen Fliesen. Der laute Knall des brechenden Display's war das letzte, was ich hörte, bevor ich in mir zusammensackte. All die Tränen, die ich bis zu diesem Punkt vergossen habe, waren lachhaft gegen die Menge der Tränen, die in diesem Moment meine Augen verließen. Ich würde ihn nie wiedersehen. Würde ihn nie wieder in meinen Armen halten und küssen dürfen. Nie wieder seine kurzen Bartstoppeln an meiner Wange spüren. Ich hatte ihn für immer verloren.
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Blue Crown | L.S.
FanfictionEine gemeinsame Story von @susiiTomlinson und @LorWriteBlue. ______________________________ Nur einen Moment Ruhe. Nur einen Moment durchatmen und die Geschehnisse der letzten Tage verarbeiten. Mehr wollte Louis, Sohn des Königs des Vereinigten Köni...