Kapitel 38 - Ich geh nie wieder weg

217 42 26
                                    

[Harry - LoriWriteBlue]

Seit ungefähr zehn Minuten stocherte ich in der Pasta, die Niall mir vorbeibrachte. Ich bekam keinen Bissen runter. Vier Tage ist es her. Vier Tage seit dem Telefonat. Vier Tage, in denen ich nicht mehr ich selbst war. Meine Mutter hat Emma kurzfristig mit in den Urlaub genommen, denn ich konnte gerade nicht für sie sorgen. Ich konnte nicht einmal für mich selbst sorgen. Ich fühlte mich wie eine leere Hülle, habe allmählich sogar aufgehört zu weinen, zu tief saß die Trauer. Niall kam jeden Tag vorbei, brachte mir etwas zu essen und zwang mich, zu duschen. Stundenlang saß er bei mir, doch ich redete nicht. Nicht mit ihm, nicht mit meiner Familie, mit niemandem. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals derart traurig gewesen zu sein.

Die Dunkelheit brach herein und ich hatte wieder einen Tag geschafft. Ich legte mich in mein Bett, gab dem kleinen blauen Vogel einen Kuss und zog die Decke über den Kopf. Ich hoffte, heute schlafen zu können. Hoffte, dass die Gedanken aufhörten und ich endlich zur Ruhe kam. Doch es war zwecklos. Ich konnte nicht zur Ruhe kommen, denn er war nicht bei mir. Er war es nicht jetzt, nicht in den letzten vier Tagen und auch in Zukunft würde er es nicht sein. Ich wälzte mich gefühlte Stunden im Bett umher, bis ein Geräusch aus dem Flur meine Aufmerksamkeit erlangte. „Niall, ich schlafe", rief ich laut.

Das penetrante Klopfen und Klingeln im Vorfeld hatte ich bewusst ignoriert. Ich wusste, dass er nur mein Bestes wollte. Aus diesem Grund habe ich ihm auch meinen Ersatzschlüssel gegeben, denn ich war es leid, jedes Mal das Bett verlassen zu müssen, nur um die Tür zu öffnen. Die Schritte kamen näher und ich verdrehte automatisch die Augen, bevor ich mich nur zögerlich aufzurichten versuchte. Meine Kraft hat mich schon lange verlassen. Mag es an der fehlenden Nahrung oder an der fehlenden Bewegung liegen, aber jeder Schritt fiel mir zunehmend schwerer. Ich öffnete die Schlafzimmertür, konnte Niall jedoch im ersten Moment nicht sehen. „Niall?", rief ich erneut, wartete noch immer auf seine Reaktion.

Ein schwacher Lichtschimmer zog mich ins Wohnzimmer. Mein gesamter Körper fing plötzlich zu zittern an, als ich den Ursprung für die Geräusche sah. „Louis?", fragte ich irritiert, wobei es nicht mehr als ein Hauchen war. Ich ging einen Schritt auf ihn zu, legte vorsichtig meine Hand auf seiner Wange ab. Ich sah ihn, konnte jedoch nicht glauben, dass ich ihn sah. Unbewusst wollte ich mich versichern, gerade nicht in einem zu realen Traum gefangen zu sein. „Bist du echt?", fragte ich. Louis sah mir tief in die Augen, bevor er kaum sichtbar nickte. Ich legte meine Lippen auf seine, zog mich jedoch sofort zurück, nachdem Louis heftig zu schluchzen begann.

Mit meinen Händen an seiner Taille sackte er in meinem Griff zusammen. Mit meiner letzten Kraft konnte ich ihn noch festhalten, glitt mit ihm gemeinsam zu Boden. Er schlang seine Arme um meinen Körper und begann augenblicklich zu weinen. „Louis?", fragte ich vorsichtig, gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange, was ihn jedoch nur noch stärker weinen ließ. Ihn so zu sehen, ließ alles in mir zerbrechen. „Ich liebe dich, Harry", hauchte er, klammerte sich immer fester an meinen Körper, sog meinen Geruch in sich auf. „Louis, warum bist du hier?", fragte ich nach weiteren unzähligen Minuten des gemeinsamen Tränenflusses.

„Ich... Mein Vater... Ich... Wir haben geredet. Ich werde nicht... Kein König", stotterte er. „Du wirst nicht kein König? Also wirst du König? Louis, was ist passiert?", fragte ich sichtlich verwundert. Er richtete sich etwas auf und nahm mein Gesicht in seine Hände. „Möchtest du mit mir zusammen sein?", fragte er mich direkt. „Ja. Natürlich möchte ich mit dir zusammen sein. Aber worüber habt ihr geredet. Ich verstehe gerade überhaupt nichts. Warum bist du hier?", fragte ich noch einmal. Nach einem kurzen Räuspern und dem mehrfachen tiefen Durchatmen, sah er mich mit seinen tränengefüllten Augen an. „Ich habe die Krone abgelehnt. Vater weiß, dass ich einen Mann liebe, dass ich dich liebe. Er hat mir gestattet zu dir zu gehen", sagte er.

Blue Crown | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt