Kapitel 28 - Ein temporäres Problem

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[Harry - LoriWriteBlue]

„Haz, versuch dich zu beruhigen. Das kann sich ja keiner mit ansehen", sagte Niall, als wir uns drei Tage später auf dem Weg zur Pferderennbahn befanden. „Und wenn er mir sagt, dass er nichts für mich empfindet und wir uns künftig nicht mehr wiedersehen werden?", fragte ich. „Ein sehr wahrscheinliches Szenario", kommentierte Niall trocken. Er war keine sonderlich große Hilfe, denn meine Nervosität befand sich auf ihrem absoluten Höhepunkt, als wir die Einfahrt erreichten. „Und jetzt? Hier sind überall Pressevertreter", fragte ich. Der Plan wies offensichtlich Lücken auf. „Der Plan ist absolut wasserdicht. Vertrau mir einfach", sagte Niall sichtlich genervt. Vielleicht habe ich die Gespräche um Louis in den letzten drei Tagen etwas übertrieben. Zu meiner Verteidigung, nicht anderes beschäftigte mich in den letzten drei Tagen.

Wir fuhren einen kleinen Feldweg entlang bis zu zwei kleinen, nebeneinander befindlichen Hütten. Ich erkannte Catherine bereits von weitem, was meinen Herzschlag ganz von allein auf eine neue Stufe brachte. „Hi", sagte ich mit zitternder Stimme, als ich das Fahrzeug verließ und auf sie zulief. „Hey Harry, kommst du mit mir mit?", fragte sie und legte ihre Hand auf meinem Rücken ab, um mich sanft in eine der Hütten zu schieben. „Dir ist bewusst, dass du am ganzen Körper zitterst?", fragte sie lachend. „Wo ist er? Wo ist Louis? Ist Louis hier?", fragte ich, nachdem ich mich in der Hütte umsah und ihn nirgends sehen konnte. „Du musst dich noch ein paar Augenblicke gedulden, er ist gleich da. Wir haben nachher noch einen gemeinsamen Termin. Wäre es okay, wenn du währenddessen hier wartest?", fragte sie sanft.

Ich erkannte ihren Versuch, mich mit ihrer sanften Stimmlage beruhigen zu wollen, doch das schlug gänzlich fehl. „Hi Harry", hörte ich dann jedoch aus Richtung der Tür sagen und wirbelte sofort herum. „Louis!", rief ich und rannte auf ihn zu, um ihn unvermittelt in meine Arme zu ziehen und in der Luft herumzuwirbeln. „Wir warten gegenüber", sagte Catherine und verließ die Hütte. Ich hörte ihr nicht zu, war viel zu beschäftigt damit, Louis so fest wie möglich an meinem Körper zu halten. „Harry, ich kriege keine Luft mehr", sagte Louis, gefolgt von einem leisen Kichern. Ich ließ ihn notgedrungen zu Boden. „Louis, wie geht es dir? Du hast mir gefehlt, so unglaublich gefehlt", sagte ich und sah ihn mit leuchtenden Augen an.

„Es geht mir gut", antwortete er. „Bitte, hör auf mich anzulügen", sagte ich leise, denn ich erkannte die Trauer, die sein Gesicht umhüllte. Er atmete tief durch und sah mir in die Augen. „Es geht mir furchtbar. Vater ist unglaublich enttäuscht von mir. Ich kann mich nicht mehr frei bewegen, befinde mich unter ständiger Beobachtung. Und du hast mir ebenso gefehlt. Genau genommen bist du derzeit der einzige Lichtblick in diesem Leben, in dem ich mich gerade wie ein Fremdkörper fühle", sagte er. „Die Presse belagert den Palast, ich werde im Internet als die Schande Englands bezeichnet und der einzige Mensch, in dessen Gegenwart ich mich wirklich wohl fühle, darf nicht in meiner Nähe sein", fuhr er fort, während seine Augen sich mit Tränen füllten.

Vorsichtig legte ich die Arme um seinen Körper, was den letzten Rest seiner Schutzmauer einriss und er bitterlich zu weinen begann. „Harry, ich will das nicht mehr. Ich will nur dich und die gemeinsame Zeit mit dir. Ich will nicht mehr zurück. Ich will mit dir einschlafen und in deinen Armen aufwachen. Jeden Tag. Ich will mit dir und deiner Tochter die restlichen Harry Potter Filme sehen. Ich will auf der Steinmauer sitzen. Jeden Abend. Und du sollst immer an meiner Seite sein", sagte er schluchzend, was einerseits mein Herz erwärmte, es andererseits jedoch in tausend Stücke zerreißen ließ. „Louis, ich möchte nichts anderes, als all das, was du gerade aufgezählt hast", sagte ich nun ebenso schluchzend, während wir uns weinend in den Armen lagen.

„Können wir uns bitte hinlegen und ein bisschen kuscheln?", fragte er. Ich nickte, zog ihn mit mir nach unten und kuschelte mich fest an ihn, während er sein Gesicht in meiner Halsbeuge vergrub. „Du riechst so gut und deine Haut so weich", sagte er und verteilte kleine Küsse auf meinem Hals, bis hin zu meinem Gesicht, bis er meine Lippen mit seinen traf. „Louis, ich muss das einfach fragen. Wie geht es jetzt weiter? Ich möchte dich weiterhin treffen", sagte ich trotz meiner Angst vor der Reaktion. „Ich möchte dich auch weiterhin treffen. Ich habe nur keine Ahnung, wie wir das anstellen sollen. Ich bin wirklich ratlos, Harry", sagte er. „Ich auch, Louis. Ich auch", erwiderte ich leise und streichelte über jeden Zentimeter seines Körpers.

„Harry, würdest du mich auch mögen, wenn ich nicht der Kronprinz wäre?", fragte er und sah mir erwartungsvoll in die Augen. „Machst du Witze? Natürlich. Wahrscheinlich sogar noch mehr, denn dann könnten wir all die gemeinsamen Erfahrungen sammeln, die man als gewöhnliches Paar sammeln kann. Louis, ich hätte dich vermutlich nicht kennengelernt, wenn du nicht der Kronprinz wärst, deswegen bin ich froh, dass du es bist. Aber diese Funktion ist nicht der ausschlaggebende Punkt dafür, dass ich dich mag. Gewiss nicht", sagte ich. Louis lehnte sich in meine Richtung und küsste mich sanft, legte währenddessen seine Hände an meiner Wange ab. Vorsichtig schob er seine Zunge in meinen Mund und stieß gegen meine eigene. Sie spielten miteinander, bis es an der Tür klopfte und wir uns wieder voneinander lösten.

„Ich gönne euch die Zweisamkeit von Herzen, aber Louis, das Rennen startet gleich. Kommst du?", fragte Catherine. „Darf ich danach wieder zu Harry?", fragte er sofort mit leuchtenden Augen. „Natürlich darfst du. Ich habe uns für das Wochenende eine romantische Unterkunft gebucht, die etwas abgelegener ist. Dein Vater war einverstanden. Vielleicht hat Harry ja Lust, uns zu begleiten", sagte sie mit einem Zwinkern in meine Richtung. „Hast du Lust?", fragte Louis, während er zu mir herumwirbelte. Hektisch nickte ich. „Unbedingt", sagte ich zufrieden. „Super. Dann komm jetzt, Louis. Ihr könnt euch später voneinander verabschieden", sagte sie. „Ich will mich nie wieder verabschieden", sagte Louis schmollend, richtete sich dennoch auf und sprang nach einem flüchtigen Kuss vom Bett auf, drehte sich jedoch noch einmal in meine Richtung.

„Harry, du musst das alles nicht tun. Wenn dir die Umstände zu viel werden, dann sag es mir bitte. Du musst dich nicht in mein verkorkstes Leben ziehen lassen", sagte er leise, was mich nun ebenso vom Bett aufspringen ließ. „Louis, die Umstände könnten sicherlich besser sein, aber ich würde so einiges in Kauf nehmen, um dich sehen zu können", sagte ich. „Mir geht das Herz auf", mischte Niall sich ein, der sich an Catherine und Louis vorbeischlängelte und sich auf das Bett fallen ließ. Louis lief noch ein letztes Mal zufrieden lächelnd auf mich zu, um mir einen Kuss zu geben und kurz darauf endgültig aus dem Zimmer zu verschwinden. „Also. Ich muss am
Wochenende auf Emma aufpassen, nehm ich an?", fragte er grinsend. „Das wäre toll, ja. Niall?", fragte ich.

Niall sah erwartungsvoll in meine Richtung. „Mach ich mir etwas vor? Kann das überhaupt den Hauch einer Chance haben?", fragte ich. „Ich weiß es wirklich nicht. Ich hoffe es, aber die Umstände sprechen für sich. Ich denke, dass Louis auch möchte, dass es funktioniert, aber ob es funktioniert, das kann niemand wissen", sagte er ernster denn je. „Es kann nicht funktionieren. Er ist der Kronprinz des Vereinigten Königreichs. Er müsste die Krone abgeben, um mit mir glücklich werden zu können. Und warum sollte er das tun? Vielleicht stellt sich heraus, dass wir überhaupt nicht zusammen passen. Dann hat er sein Leben aufgegeben für eine Beziehung, die scheitert", gab ich zu Bedenken.

„Haz, ich bin da definitiv der falsche Gesprächspartner. Genau dieses Gespräch solltest du mit jemand anderem führen", sagte Niall und streichelte sanft über meinen Kopf. „Und wenn er es beendet?", fragte ich. „Dann kannst du das nicht beeinflussen. Aber du steckst viel zu tief drin, als dass du kein Gespräch darüber führen solltest, was die Zukunft für euch bereithält", sagte er. Ich nickte und wusste schon jetzt, dass es das vermutlich schwerste Gespräch meines bisherigen Lebens werden würde. „Ich wusste, dass wir keine Zukunft haben werden. Doch wahrhaben wollte ich es nicht", sagte ich und spürte die aufkommenden Tränen. „Oh, Haz. Rede doch mit ihm. Weiß er überhaupt, dass du verliebt bist?", fragte Niall, woraufhin ich zögerlich den Kopf schüttelte. „Dann fang doch damit an, ihm das zu sagen. Man kann sich doch keine Gedanken über etwas machen, was man nicht weiß", sagte er zuversichtlich.

Über den kleinen in der Hütte befindlichen Fernseher sahen wir uns gemeinsam das Rennen an. Mein Herz setzte jedes Mal einen Schlag aus, wenn die Kamera zu Louis schwenkte. Er lächelte in das Bild und ich schmolz in Niall's Armen dahin. „Wie schön kann ein Mensch allein sein?", fragte ich seufzend. „Ich glaub, ich steh auf seine Verlobte", sagte Niall. „Du stehst auf Catherine?", fragte ich in einer deutlich höheren Tonlage. „Die schönste Frau, die ich je gesehen habe. Und unsere gemeinsamen Schlachtpläne bringen uns enger zusammen", sagte er. „Sie ist vergeben", warf ich ein. „Ein temporäres Problem", sagte er mit einem Zwinkern, gefolgt von einem teuflischen Lachen, bevor er mich in seine Arme zog und wir weiter das Rennen verfolgten.

Blue Crown | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt