Kapitel 10

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Es ist stickig in der Holzkiste, in die sie mich gesteckt haben. Ich kann es fühlen. Das raue Holz, welches über meine Haut scheuert bei jedem Ruck, der durch die Kiste fährt. Meine Hände geknebelt und mein Mund mit einem alten Lappen gestopft. Es schmeckt schrecklich. Wenn ich könnte, würde ich ihn auskotzen. Mir ist speiübel von den Bewegungen, der Dunkelheit und der Luft. Jeder Millimeter meines Körpers schmerzt, aber ich sehe keinen Ausweg für meine Situation in absehbarer Zukunft. Wie lang ich wohl betäubt war? Oder besser ohnmächtig? Die Luft war dünn und es war schrecklich laut als ich erwachte. So laut wie die Turbinen eines Flugzeugs. Der Mann sagte, dass sie mich nach Frankreich bringen werden. Wenn ich eins über die Mafia weiß, ist es, dass es die wohl korrupteste und gefährlichste gang Europas ist. Der Man hatte recht, niemand würde mich dort suchen oder auch nur vermuten, dass ich dort stecke. Meine Freunde werden mich niemals finden und es gibt keinen Weg mehr für mich, in mein altes Leben zurück. Tränen kullern mir über die Wangen. Ich bin kein Mensch, der oft weint, aber einen Moment der Schwäche genehmige ich mir. Es ist so heiß und stickig hier drin...

Kleine Löcher in den Wänden verschaffen mir etwas Frischluft, aber ich erkenne durch sie nichts. Es muss bereits nachts sein. Wieder ruckelt es und ein Schniefen entflieht mir. Was machen die nur mit mir? Verkaufen mich wie ein Stück Vieh...

Die letzten Wochen sind schrecklich gewesen. Erst wurde ich entführt und zu diesem unausstehlichen Typen gebracht, dann zu dem Mann in die Katakomben und nun nach Frankreich verschleppt. Dabei bin ich eine von den guten. Nicht bestechlich und jemand, der einfach seiner Pflichten nachgeht. In den letzten Monaten habe ich von Fällen von Vermissten mitbekommen. Mal selbst so ein Fall zu werden, hätte ich mir nie ausdenken können. Ich hatten schon lange die Vermutung, dass die Garcias etwas mit dem Menschenhandel am Hut hatten. Als ich selbst eines der Opfer wurde, die auf der Straße weggefangen wurden, ist mir bewusst geworden, dass meine Spur von Anfang an richtig war. Manchmal hat es ja doch Vorteile, so wenig Freunde zu haben das man den ganzen Tag Zeit hat für sowas zu recherchieren.

Ein erneutes Ruckeln fährt durch die Kiste und lässt meinen Rücken Bekanntschaft machen mit der harten Rückwand der Kiste. Keuchend versuche ich irgendwo halt zu finden, aber die Turbulenzen nehmen nicht ab. Ich höre in der Ferne gedämpfte Stimmen. Sie sprechen eine Sprache, die ich nicht verstehe. Vermutlich Französisch. Verdammt...

Musik mischt sich ihren Stimmen bei. Der harte Beat eines Songs der von irgendwo hineindringt. Wo bin ich bloß? Es kracht und die Kiste fällt zu Boden. Jemand ächzt, während mein Körper auf dem harten Boden aufschlägt und ich glaube kurz das Bewusstsein zu verlieren.

»Vorsichtig Jungs. Der Boss soll sein Geschenk in einem Teil erhalten. Seid nicht so grob«, höre ich jemanden lachen. Mein Herz klopft wild gegen meine nackte Brust. Ich will hier raus!

»Mhm!«, gebe ich von mir und versuche mit den Füßen gegen die Wand zu treten. Aber meine Knöchel sind mit Ketten zusammengebunden und die Kiste viel zu groß. Jede Bewegung schmerzt. Ich habe mir bestimmt schon irgendwo Splitter eingerissen. Keiner antwortet auf meine verzweifelten laute. Wieso sollte es auch? Ich bin ihnen hilflos ausgeliefert. Die Männer hier sind sicher schlimmer als der Man und dem unausstehlichen Typen. Die Hölle. Sie werden mich in die pure Hölle geschickt haben...

Verzweifelt winde ich mich und muss geschlagen aufgeben, da die Luft dünn wird. Verdammt! Wenn die mich hier weiter einsperren, werden mir die kleinen Löcher auch nicht helfen können.Vedammter Mist ich werde jetzt dann einen Anfall bekommen wenn es so weitergeht, tief einatmen Ella und dann wieder aus.Doch es hilft nicht.Ich bekomme Panik, Tränen steigen in meine Augen...


»Okay tragt sie raus. Der Boss ist bereit sein Geschenk auszupacken«, erklingt plötzlich eine fremde Stimme. Das rasen meines Herzens nimmt mit jeder verstreichenden Sekunde zu. Mein Instinkt sagt mir, dass ich keine Angst haben brauche. Aber in letzter Zeit, traue ich ihm nicht so wie früher. Bevor ich gemobbt worden  bin, hat er mir oft den Arsch gerettet. Jetzt hoffe ich einfach, dass mir nicht gleich jemand eine verpassen wird. Mein Kopf schmerzt immer noch von dem Schlag, den mir die Männer von dem Mann  verpassten, bevor ich ohnmächtig geworden bin. Meine Stirn schmerzt jedes Mal, wenn ich sie runzle und ich nehme an, dass ich geblutet habe. Immerhin klebt da etwas Trockenes neben meinem Auge. Jedes Mal, wenn ich gegen die Dunkelheit anblinzle, bemerke ich es.

+

Ich höre wieder Stimmen. Diesmal sind sie näher und lauter. Sie unterhalten sich aufgeregter und jemand lacht. Schritte nähern sich der hölzernen Kiste. Es knarzt, Holz splittert, Eisen bricht. Als die Dunkelheit plötzlich schwachem Licht weicht und ein kühler Windzug über meine schwitzigen Wangen streift, blicke ich in zwei furchteinflößende Augen. In die meines zukünftigen Besitzers. Und obwohl solch ein durchdringender, angsteinflößender Ausdruck in seinen harten Gesichtszügen liegt, beginnt er plötzlich mit Lachen, als er mich erblickt.

»Willkommen zuhause, kleine Kratzbürste«, sagt er und meine Alarmglocken schrillen sofort. Mehrere Männer beobachten mich. Ich schaue desorientiert hinauf in bunte Lichter. Die Szenerie, die sich mir zeigt, erinnert mich an einen Nachtclub. Hohe Decken, lila blaues Licht, eine Discokugel über unseren Köpfen. Nur der mit Glasscherben bedeckte Boden und der starke Geruch nach Blut und Tequila passen nicht zusammen. Einer der Männer packt mich grob am Arm und zerrt mich auf den Po. Gleichzeitig durchtrennen sie die Fesseln an meinen Händen. Ich atme auf.

BlakeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt