Kapitel 1

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Ich steige aus dem Flieger und die warme Luft Kaliforniens strömt mir regelrecht ins Gesicht. Ich nehme kurz mein Handy aus der Hosentasche und skippe den gerade laufenden Song. Meine Freundin hatte mir zum Abschied eine Playlist mit den Songs gemacht die wir beide liebten und zu denen wir auch mal gemeinsam gesungen hatten. Ich werde sie vermissen. Aber sie ist auch wirklich die einzige Person die ich vermissen werde. Danach mach ich mich auf den Weg zu der Gepäckausgabe. Wie immer warte ich hier eine halbe Ewigkeit bis mein Koffer auf dem Rollband auftaucht. Ich kann ihn nicht schnell genug fassen bevor ich mich auf den Weg zur Ausgangshalle mache. Dort halte ich Ausschau nach meiner neuen Pflegemutter. Toll oder? Eine Pflegefamilie. Wiedermal. Ist ja nicht so als wäre es meine Erste.

Eine halbe Stunde später entdecke ich endlich meine Pflegemutter aber auch nur weil sie ein Schild mit der Aufschrift "Welcome, Evelyn" in die Luft streckt. Der Flughafen ist defintiv zu groß um Leute zu finden die man nicht kennt. Bisher hatte ich erst 2 Anrufe mit meiner Pflegemutter und ihrem Mann. Und wirklich gesehen habe ich sie da auch nicht.

Ich gehe auf sie zu und bevor ich überhaupt Hallo sagen kann zieht sie mich schon in eine Umarmung. Ich erwidere sie überfordert. "Es freut mich so dich endlich kennenzulernen. Oh und deine Geschwister sind alle auch schon sehr aufgeregt" fängt sie gleich an. Ich lächle einfach nur überfordert. Sie bugsiert mich in Richtung Ausgang und dann zu ihrem Auto. Das kann ja was werden.

Ca. 2 Stunden später sitze ich im Wohnzimmer meines neuen Zuhauses. Mal sehen für wie Lang. Gerade ist meine neue Pflegemutter, die übrigens Amy heißt, dabei alle zusammenzutrommeln um mich kennenzulernen. Zuerst betritt ein etwa 6 Jahre alter Junge das Wohnzimmer dicht gefolgt von einem Jungen der etwa in meinem Alter sein sollte. Sie beide sahen mich nur wortlos an bevor sie sich auf das Sofa gegenüber von mir hinsetzen. Als nächstes kommt ein Mädchen das jetzt etwa 13 oder 14 sein sollte ins Zimmer. Sie schenkt mir wenigstens ein Lächeln. Zu guter Letzt betreten Amy und mein Pflegevater das Zimmer. Auch sie setzen sich und dann ergreift mein Pflegevater schon das Wort.

"Es freut uns alle sehr, dass du hier bist Evelyn" Er zeigt auf den Typ etwa in meinem Alter. "Das ist Taylor, er ist 18" Also war er 1 Jahr älter als ich. Aber ich würde trotzdem in seinem Jahrgang sein da er überworfen wurde. Taylor schenkt mir ein schüchternes lächeln was ich knapp erwidere. "Das hier ist Jay und er wurde vorgestern 8" dabei zeigt er auf den kleinsten. "Und das hier ist Stella, sie ist 14 und freut sich nun endlich eine Schwester unter all den Jungs zu haben" Ich nicke und starre dann wieder auf den Teppich vor meinen Füßen. Wie oft hatte ich schon diese komischen Vorstellungsrunden. Solche gäbe es nicht wenn ich wirklich mal in eine Familie gehören würde. Doch das werde ich nie. Zumindest nicht richtig. Ich fand es ziemlich unangenehm einfach dazusitzen und meine „Geschwister" anzustarren aber was blib mir anderes übrig. Ich wustte nicht was ich mit ihnen reden sollten oder ob sie überhaupt mit mir reden wollen. Mehr als ein schwaches „freut lich euch kennenzulernen" bekomme ich nicht raus.

"Gut, dann schlag ich vor, dass wir uns zum Abendessen eine Pizza bestellen. Was hältst du davon, Evelny?" fragt nun Amy und bricht somit das Schweigen. "Ehm klar" antworte ich nur schüchtern.

Ich wache um 2 Uhr morgens schweißgebadet auf. Verdammt. Wiedermal einer dieser beschissen Albträume. Das bedeutet wohl das ich die ganze Nacht wieder nicht schlafen werde. Ich schlage die Decke zur Seite und verlasse mein neues Zimmer. Amy hatte drauf bestanden das ich mein eigenes Zimmer bekam und dafür die 2 jüngeren in ein gemeinsames Zimmer gesteckt. Ich versuche leise in die Küche zu schleichen um mir etwas zu trinken zu holen. Im dunkeln ist das nicht so einfach wenn man sich noch nicht auskennt aber schließlich finde ich die Küche. Ich nehme mir ein Glas aus dem Schrank und drehe mich um als plötzlich jemand hinter mir steht. Ich schreie auf doch die Person legt ihre Hand auf meinen Mund. Will der mich entführen? Was soll das? Ich bekam heftige Panik.

"Verdammt sei leise" flüstert der Kerl aggressiv. Er nimmt seine Hand von meinem Mund und sieht mich fragend an. Ich starre ihn einfach weiterhin mit offenen Augen an. Was will der Kerl? Wenn er Geld will ist er hier bei der falschen Person gelandet.

"Hörst du auch mal auf zu starren?" Doch ich kann nicht. Viel zu sehr bin ich in meinen Ängsten und Erinnerungen gefangen. Er tritt ein paar Schritte zurück ehe er eine Schublade öffnet, eine Uhr raus nimmt und den Raum verlässt. Ich bin immer noch wie erstarrt. Verdammt was mach ich? Ich muss den Dieb aufhalten. Aber ich kann nicht. Stattdessen steh ich noch 20 Minuten wie angewurzelt in der Küche, ehe ich mich wieder hoch in mein Zimmer zwinge und dort die ganze Nacht an die Decke starre. Manche Erfahrungen hinterlassen einfach ihre Spuren.

Ending Loneliness Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt