《• 45 •》

94 8 8
                                    

Ruckartig dreht Essad den Kopf zu mir, sein Gesicht entgeistert, sein Blick irgendwas zwischen fassungslos und panisch. "Das war dein erstes Mal?"

"Ja?", antworte ich irritiert. Ich dachte, das sei ihm klar gewesen.

"Hast du nie mit Nael geschlafen?" Er richtet sich im Bett auf.

Ich schüttele entschieden den Kopf. "Nein, nie."

"Aber ihr wart sogar verlobt."

"Wir wollten bis zur Ehe warten."

"Wieso hast du denn dann mit mir geschlafen?" Er bedeckt sich notdürftig mit der Bettdecke und rauft sich verzweifelt durch die Haare.

Ich zucke mit den Schultern. "Weil ich es wollte."

Er schüttelt den Kopf. "Wir hätten das nicht tun sollen, Shalia." Seine Stimme ist vorwurfsvoll, seine Stirn in Falten gelegt. "Nicht so, Hals über Kopf, in meinem Kinderzimmer. Hätte ich gewusst, dass du noch Jungfrau bist, hätte ich dich gar nicht angefasst, oder ich hätte mir zumindest mehr Mühe gegeben, was besonderes vorbereitet oder so.."

Ich greife nach seiner Hand und umschließe sie liebevoll mit meiner. "Es war wunderschön, Essad. Ich hätte es mir nicht schöner vorstellen können. Ich habe mich wohlgefühlt, du warst einfühlsam und liebevoll. Und außerdem erzählst doch gerade du mir seit Monaten, dass ich nicht für dein Glück verantwortlich bin und du selbst entscheiden kannst, was du willst. Das Gleiche gilt dann auch für mich."

"Hast du mir das extra nicht gesagt?"

Ich lache auf. "Nein! Ich bin irgendwie davon ausgegangen, dass du das weißt und ich fand es auch nicht so wichtig. Du hast mir ja schließlich auch nicht gesagt, dass du mit mehreren Mädels vor mir geschlafen hast und trotzdem weiß ich das."

Er legt den Kopf schief, wirkt plötzlich beschämt und nestelt mit seinen Fingern am Saum der Bettdecke herum. "Ist das ein Problem für dich?"

"Wenn das ein Problem für mich wäre, hätte ich mich gar nicht auf dich eingelassen. Mir war das von Anfang an bewusst, dass du schon einiges an Erfahrung gesammelt hast", probiere ich neutral zu formulieren.

"Woher wusstest du das eigentlich?"

Ich beiße mir auf die Unterlippe. "Nael hat da mal was erwähnt."

Seine braunen Augen verengen sich, sein Kiefer spannt sich an. "Wieso redet Nael mit dir über mein Sexleben?"

Ich verdrehe die Augen. "Hat er nicht."

Schutzsuchend ziehe ich die graue Bettdecke über meinen nackten Körper. Es ist mir unangenehm, nackt, nach meinem ersten Mal, mit meinem frischgebackenen Freund über meinen Exfreund zu reden.

Leise seufze ich. "Als Zayn herausgefunden hat, dass Nael und ich eine heimliche Beziehung haben, haben die beiden gestritten. Nael meinte, was Zayn denn für ein Problem habe, schließlich wäre er ein guter Kerl und im Gegensatz zu dir oder meinem Bruder oder euren Kollegen würde er auch nicht ständig rumhuren."

Essad sieht mich starr an, prüfend und ungläubig. Dann lacht er verächtlich auf, sein Gesichtsausdruck wird bitter.

"Das hat Nael gesagt?"

Ich nicke stumm.

"Das klingt ja so, als hätte ich mich durch halb Berlin gebumst. Habe ich nicht. Ich habe mit fünf Frauen geschlafen. Ich bin nicht stolz darauf, rückblickend würde ich es auch anders machen, aber ich lüge dich auch nicht an. Es war kein Rumhuren, es waren fünf Frauen.

Und außerdem finde ich es wirklich lächerlich, dass ausgerechnet Nael auf Moralapostel macht. Ich habe Nael nie bei dir schlecht gemacht, kein böses Wort über ihn verloren, auch nicht nach eurer Trennung. Ich habe mit meiner Meinung über ihn und eure Beziehung immer hinterm Berg gehalten, aber jetzt reicht es mir. Wieso soll ich ihn noch schützen, wenn er so über mich spricht? Ich erzähle dir jetzt mal die ganze Wahrheit." Er setzt sich aufrecht hin und nimmt mich mit seinem durchdringenden Blick gefangen, dabei klebe ich sowieso an seinen Lippen.

Süß wie Baklava Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt