Mein Herz bleibt stehen, als einige Wochen später sein Name völlig überraschend auf meinem Handydisplay auftaucht.
Nael.
"Ich habe mir geschworen, ich lasse dich in Ruhe, aber ich vermisse dich so krank. Wallah, ich sterbe ohne dich. Können wir uns bitte treffen und reden?"
Meine Finger werden feucht und ich starre wie gebannt auf den kleinen, viereckigen Bildschirm, in der Hoffnung, dass die Nachricht genauso schnell verschwindet, wie sie aufgetaucht ist. Fata Morgana.
Ich versuche sie einfach zu ignorieren, doch auf meine Mathe-Hausaufgaben, die ich gerade mache, kann ich mich jetzt nicht mehr konzentrieren.
Ich vermisse Nael auch wie verrückt. Noch immer leide ich jeden Tag unter der Trennung. Keine Stunde vergeht, in der ich nicht an ihn denke und um unsere Beziehung trauere. Doch mittlerweile schaffe ich es auch, weiterzumachen. Ich lenke mich ab, treffe Freunde, hauptsächlich Yara und Essad. Ich lerne für meinen Abschluss, oder kümmere mich um mich selbst.
Ich bin noch lange nicht geheilt, aber ich heile.
Endlich gibt es wieder Momente, wie gestern mit Essad, in denen ich lachen und flockig sein kann.
Und ausgerechnet jetzt schreibt mir Nael und reißt mich allein mit diesen zwei Sätzen um Kilometer zurück.
Ich lege den Kopf in den Nacken und atme tief durch, bevor ich genau vier Buchstaben als Antwort tippe: "Nein."
"Bitte, Shalia. Gib mir ein letztes Treffen. Ich habe noch so viel auf dem Herzen, was ich dir nicht gesagt habe. Ich will dich ein letztes Mal sehen, nur wir zwei. Ich flehe dich an."
Tränen steigen mir in die Augen. Ihm überhaupt zu antworten, war schon mehr, als er verdient hat.
"Nur eine halbe Stunde. Ich hole dich ab, oder wir treffen uns wo du willst."
"Nein", schreibe ich wieder.
"Ich bin um 20 Uhr am JuZe, da wo alles angefangen hat. Ich werde auf dich warten."
Die nächsten Stunden verlaufen quälend langsam. In mir tobt ein Krieg zwischen Herz und Kopf, Gefühlen und Verstand.
Ich würde ihn so gerne sehen und ich kann nicht verleugnen, dass ich wissen will, was er mir zu sagen hat.
Andererseits hat er nichts weniger verdient als eine weitere Chance. Er hatte mehr als genug davon, und keine hat er genutzt.
Mir wird klar, dass ich alleine nicht weiterkomme, deshalb rufe ich Yara an. Sie ist die Einzige, mit der ich darüber reden kann. Niemand sonst würde mich verstehen. Deren Entscheidung wäre bereits gefällt, bevor ich die Frage überhaupt gestellt habe.
"Hallo Maus", meldet sie sich fröhlich.
"Yara, ich habe ein Problem", falle ich direkt mit der Tür ins Haus.
"Was ist los?" Ihre Stimme klingt alarmiert.
"Nael hat mir geschrieben."
"Oh, krass. Was denn?"
"Er will sich mit mir treffen und mit mir reden."
"Und was willst du?", fragt sie behutsam.
Ich lache verbittert. "Deshalb rufe ich dich an. Ich weiß es nicht." Tränen steigen mir in die Augen. "Ich würde ihn so gerne sehen. Natürlich. Am liebsten hätte ich auch, dass alles wieder gut wird. Aber das wird es nicht mehr. Nie wieder. Und ich frage mich, ob dieses Treffen nicht einfach nur wieder meine Wunden aufreißt. Hinterher geht es mir schlechter als vorher, das ist es auch nicht wert."
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Süß wie Baklava
Ficção AdolescenteNael und Shalia kennen sich seit dem Kindergarten, denn genauso lange ist Nael schon der beste Freund ihres älteren Bruders Zayn. Deshalb treffen die beiden sich auch heimlich, als ihnen klar wird, dass sie mehr füreinander empfinden als Freundschaf...