[1] Kapitel 18: Unbekannter

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Navinas Sicht

Als der Blick des Unbekannten auf mich fiel, überkam mich eine Kälte. Eine Kälte, die stärker war als alles, was ich zuvor gespürt hatte. Plötzlich stand er hinter mir und umfasste meinen Oberarm.
     »Beweg dich nicht«, flüsterte er in mein Ohr.
     Aus unerklärlichen Gründen tat ich, was er sagte. War dies ein Fluchspruch? Ich hatte schon vieles darüber gelesen, aber noch nie gesehen, wie ihn jemand anwandte. Fluchsprüche erlaubte dem Anwender, über die Taten eines anderen zu bestimmen.
     Die anderen sahen zu uns hinauf, Lokis Blick war auf mich fixiert. Angst kroch meine Kehle hinauf. Scheiße... Mein Verstand versuchte sich gegen seinen Fluchspruch zu wehren, doch er war zu stark. Meine Magie war zu schwach, um seine zu brechen.
     »Das gefällt mir doch schon viel besser. Ihr seht zu mir auf, und ich auf euch herab. Herrlicher Anblick«, ertönte seine tiefe Stimme hinter mir, während er den Griff um meinen Oberarm verstärkte.
     »Was willst du von uns?«, fragte ich. Versuchte meine innere Ruhe beizubehalten.
     »Du standest zwar nicht auf meinem Plan, aber im Moment bist du das Interessanteste hier«, sagte er grinsend. Seine goldblonden Haare fielen ihm geschmeidig über die Schultern, wobei einige Strähnen verschwitzt an seiner Stirn klebten.
     »Lass uns einen Deal machen«, erwiderte ich leise, in der Hoffnung, die anderen würden keine Kenntnis davon nehmen, aber was versuchte ich mir vorzumachen. Loki hörte doch insgeheim unser Gespräch ab.
     Als ich diese Worte aussprach, kam Loki mit schnellen Schritten hoch zu uns, gefolgt von Thor, welcher mit seinem Hammer an Lokis Seite flog.
     »Hier werden gar keine Deals ausgehandelt«, warf Loki grimmig ein.
     »Das hast nicht du zu entscheiden«, entgegnete ich ihm mit finsteren Blick.
     »Wie ist dein Name?«, fragte mich der Unbekannte. Seine Finger gruben sich tief in das Fleisch meines Oberarms ein.
     »Navina.«
     »Hmm... Und was schlägst du vor?«
     »Nimm mich mit dir und verschone Asgard vor deinem Zorn.«
     »Kommt gar nicht in Frage!«, schrie nun Thor und stapfte wütend auf den Mann zu. Dieser machte jedoch eine einfache Handbewegung und schleuderte Thor in die Mauern des Palastes.
     Loki erstarrte. Er schien zu merken, dass es unnütz war, sich gegen ihn zu stellen. Er war allemal stärker als er selbst und könnte ihn mit Leichtigkeit zerquetschen.
     Thor taumelte aus den Trümmern und keuchte heftig.
     »Klingt gut«, murmelte der Fremde und im nächsten Moment umhüllte uns ein schwarzer Rauch.
     Loki übermittelte durch Gedankenkraft eine letzte Nachricht: »Wir kommen dich holen, versprochen.«
     Der schwarze Rauch war überall. Es fühlte sich an, als würde ich in tausend kleine Partikelchen aufgelöst werden. Die Partikelchen wurden wieder zusammengesetzt, als ich schmerzhaft auf harten Boden traf.
     Keuchend erhob ich mich und rieb meinen Kopf.
     »Keine Zeit zum Ausruhen. Komm mit«, sagte der Fremde schroff und zog mich hinter sich her.
      Ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, doch es war nutzlos. Er war um einiges stärker als ich. Nun erkannte ich meine Schwächen und woran ich definitiv noch arbeiten musste. Jedoch wurde mir auch klar, dass ich ihm vollends ausgeliefert war. Ich konnte mich nicht gegen ihn stellen... Musste hoffen, dass ich ihm irgendwie entfliehen konnte.
     »Wer bist du?«, fragte ich.
     »Wer ich bin, fragst du? Nun, mein Name ist Alastair.«
     »Alastair... Sagt mir nichts.«
     Er sah mir finster entgegen. Scheinbar hatte ich ihn in seinem Ego gekränkt, indem ich ihn nicht kannte.
     »Wohin gehen wir?«
     »Du stellst zu viele Fragen«, erwiderte er kalt und zog mich noch immer am Handgelenk hinter sich her.
     Nach einigen Metern türmte sich ein großes Haus vor mir aus. Es glich einer Millionärsvilla auf der Erde. Efeu und römische Säulen schmückten die Fassade des Hauses.
     Ich stieß einen erstaunten Pfiff aus.
     »Gefällt dir, was du siehst?«, fragte er stolz.
     »Nein, ich finde es nur erstaunlich, dass ein Mann wie du ein solches Haus besitzt«, antwortete ich neckisch.
     Seine Augen verengten sich. »An deiner Stelle würde ich ganz schnell deine lästige Zunge zügeln.«
     »Sonst was?«, erwiderte ich. Es tobte ein Tornado in mir, doch ich versuchte es mit einer selbstbewussten Fassade zu verstecken.
     Sein Griff um mein Handgelenk verstärkte sich, als er mich in die Villa zog und auf den kalten Marmorboden schmiss. Er kam mir näher und stand über mir, blickte auf mich herab. »Sonst passieren Dinge, die du dir nicht einmal vorstellen kannst in deinem hübschen Köpfchen.«
     Meine Brust hob und senkte sich heftig. Ich hatte die Lage eindeutig unterschätzt. Er war ein ernstzunehmender Gegner. Eigentlich sollte mir dies schon klar gewesen sein, als ich die Ausmaße an Zerstörung gesehen hatte, die er in Asgard anrichtete. Und dabei war er es allein, der diese Zerstörung hervorbrachte.

Am I the Monster? - Loki FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt