Kapitel 7 - Lianne

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In wenigen Minuten bekomme ich eine Standpauke. Vom Dekan höchst persönlich. Was eine Ehre. Nicht. Als ich das Gebäude erreiche, sehe ich viele Sekretäre und Studenten durch die Gänge eilen. Morgane hat mir bei der Führung gezeigt, wo sich das Büro des Dekans befindet. Doch das Gebäude ist viel zu groß und überall gibt es Büros und Seminarräume. Ich weiß nur, dass ich nach oben muss. Irgendwo am Ende des Flures sollte sein Büro sein.

Ich werde mich wieder verlaufen. Da bin ich mir sicher.

Mit Mühe gehe ich die Treppen hinauf und in den Gängen sind nur noch wenige Studenten zu sehen. Keine Tür ist beschriftet. Wie zur Hölle soll ich hier sein Büro finden? Na toll. Ich laufe im Gang hin und her. Laufe den Gang mehrmals ab. Entweder befinden sich leere Büros dahinter oder die Türen sind abgeschlossen. Vor der letzten Tür höre ich eine Stimme, die meinen Namen ruft. Es hallt durch die Gänge und verschafft mir eine Gänsehaut über meinen ganzen Körper.

Ganz ruhig.

Denk logisch.

Geister gibt es nicht.

Der Flur verzerrt sich langsam. Ich schaue um die Ecke, kein Mensch ist weit und breit zu sehen. Es fühlt sich so an, als würde mich jemand verfolgen, wie beim Semester Empfang.

»Lianne«, hallt es schrill durch den Flur. Es ist keine Menschliche Stimme. Niemand ist hier. Mein Puls schießt von null auf hundert in die Höhe.

Überall Gänsehaut.

Es ist ein unheimliches Gefühl. Mein Atem beschleunigt sich, und ein eisiger Windhauch streicht über meine Haut. Draußen ist es nicht so kalt, wie jetzt hier in diesem Flur. Als würde der Winter einbrechen. Ich halte mich bereit zum Angriff, als plötzlich die Tür hinter mir aufgeht und ich zusammenzucke. Mr. Black steht im Türrahmen. »Hier sind Sie. Kommen Sie rein«, sagt er.

Er hält mir die Tür auf. Ich zögere und blicke noch einmal in den Flur. Alles ist wieder normal. Keine Verzerrung. Was war das? Drehe ich jetzt hier durch? Die Kälte verschwindet, als wäre sie nie da gewesen. Das unheimliche Gefühl ist immer noch da. Es hat sich in meine Haut eingebrannt. Mit zittrigen Beinen gehe ich zur Tür.

»Sie sehen blass aus. Ist etwas vorgefallen, Ms. Aragon?«, fragt der Dekan mit gehobenen Augenbrauen und blickt mich an. Ich schüttel den Kopf und überquere die Türschwelle.

Das Büro ist klein, aber fein. An den Wänden befinden sich mehrere Bücherregale, randvoll mit Büchern und magischen Artefakten. Hier ist nichts modern, sondern alles altmodisch, mit einem gewissen Charme. Sogar ein Grammophon steht neben dem Fenster, und in der Mitte des Raumes steht Mr. Blacks Schreibtisch.

»Nehmen Sie Platz«, deutet er auf den leeren Stuhl, der vor seinem massiven Schreibtisch steht. Jetzt geht es los. Nervös falte ich meine Finger ineinander, begebe mich zum Stuhl und lasse mich fallen. Er lächelt freundlich und geht zu seinem Platz gegenüber von mir. Uns trennt nur der Schreibtisch. Ich lehne mich zurück und zupfe an meinem Rock. »Was heute Morgen passiert ist, dulde ich nicht an der Celestial. Gewalt gegen eine andere Studentin... Was ist passier?«, seine Stimme ist ruhig, dennoch hört man die Autorität heraus. Seine Stimme ist zwar rau, aber ich habe das Gefühl, dass man mit ihm über alles reden kann. Ich erzähle ihm alles und immer weiter verzieht sich sein Lächeln zu einem ernsthaften Blick. Ein kleines Mitgefühl, konnte ich in seinem Gesicht Wiedererkennen. Diesen Blick habe ich unzählige Male gesehen. Von Morgane.

Ich brauche kein Mitleid.

Ich erkläre auch, warum ich ausgeflippt bin. Niemand zieht meine Eltern in diesen Mist hinein.

Er hört mir aufmerksam zu und zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass mir jemand wirklich zuhört. Er zeugt Verständnis, weist mich aber dennoch zurecht. Es ist verständlich, dass es nicht akzeptabel ist sich mit Gewalt gegen eine andere Studentin zu behaupten. Das hatte ich ja auch nicht vor. Aber ich konnte nicht anders. Die Wut hat gewonnen.

Celestial University - Dunkle GeheimnisseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt