Neunundzwanzig

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Es war früher Nachmittag, als ich nach dem Sprung abrupt in meinem Zimmer wieder zu mir kam. Der Übergang fühlte sich dieses Mal schwerer an, als ob etwas in der Luft lag, das mich bedrückte. Mein Herz raste noch immer vor Aufregung, während ich auf das vertraute Chaos meines Zimmers blickte. Mein Kopf schwirrte von den Ereignissen in Elysia, doch bevor ich meine Gedanken sortieren konnte, hörte ich hektische Schritte die Treppe hinaufstürmen.

Die Tür flog auf, als Mama hereinplatzte. Ihre Augen waren geweitet vor Panik, und sie rang nach Atem, als wäre sie selbst gerannt. Ihr Gesicht war blass, fast fahl, und sie blickte mich an, als hätte sie Angst, was sie vorfinden würde.

„Mama? Was ist los?" fragte ich, doch tief in mir ahnte ich bereits, dass etwas nicht stimmte. Der besorgte Ausdruck auf ihrem Gesicht machte meine eigene Unruhe noch greifbarer.

Sie drehte sich unruhig im Raum, als könnte sie dem Chaos in ihrem Kopf entfliehen, indem sie sich bewegte. „Marik... Marik ist ohnmächtig geworden", brachte sie schließlich heraus, ihre Stimme zitternd vor Angst und Verzweiflung. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, die sie verzweifelt wegblinzelte. „Was ist hier los? Warum passiert das? Warum werden meine Kinder krank?" Ihre Stimme brach, und sie schluchzte auf, während sie sich hilflos an der Wand abstützte.

Mein Herz setzte einen Moment aus. Sie hatte bemerkt das Marik nun auch Ohnmächtig wurde? Ich spürte, wie eine Welle der Angst über mich hereinbrach, doch ich zwang mich, ruhig zu bleiben. Ich trat zu Mama und schloss sie fest in meine Arme. „Mama, beruhig dich", flüsterte ich sanft, obwohl ich innerlich selbst bebte. „Uns geht es gut, wirklich."

Sie drückte mich fest an sich, als würde sie versuchen, die Wahrheit aus meinen Worten zu ziehen. Doch ihre Stimme war gebrochen, als sie fragte: „Was soll ich tun? Was mache ich nur falsch?" Ihre Augen waren gläsern vor Tränen, als sie mich ansah. „Vielleicht sollte ich mit ihm ins Krankenhaus... aber wenn es dasselbe ist wie bei dir... dann können sie ihm doch auch nicht helfen." Ihre Stimme wurde immer leiser, als hätte sie die Hoffnung verloren.

Ich atmete tief ein und versuchte, meinen eigenen Herzschlag zu beruhigen. „Erspare ihm das, Mama. Die ganzen Untersuchungen, das Warten... das wird nichts ändern." Ich dachte an die unzähligen Stunden im Krankenhaus, die scharfen Lichter, die Kälte der Untersuchungsräume. „Sie werden nichts finden, genauso wenig wie bei mir."

Mama schüttelte langsam den Kopf, als könnte sie die Wahrheit nicht akzeptieren. „Aber... was, wenn es schlimmer wird? Was, wenn ich etwas verpasse? Was, wenn es meine Schuld ist?" Die Verzweiflung in ihrer Stimme schnitt tief in mein Herz.

„Du machst gar nichts falsch", versicherte ich ihr fest und legte meine Hände auf ihre Schultern. „Es gibt keinen Grund zur Panik. Du bist eine großartige Mutter, und Marik braucht nicht diese Strapazen im Krankenhaus. Lass mich ihn mit zu Maila nehmen... vielleicht kann sie ihm genauso helfen wie mir."

Mama sah mich einen Moment lang an, als würde sie nach etwas suchen, das sie beruhigen könnte. Schließlich nickte sie langsam, unsicher, aber mit einem Funken Hoffnung. „Meinst du wirklich, dass das die richtige Entscheidung ist? Ich meine... was, wenn das nicht reicht?"

„Maila hat mir geholfen, Mama", sagte ich, meine Stimme so ruhig und sanft wie möglich. „Und vielleicht kann sie auch Marik helfen. Sie hat so viel Wissen... mehr, als irgendein Arzt. Ich werde ihn mitnehmen und sehen, was sie sagt. Und wenn es nicht hilft, dann können wir immer noch weitersehen."

Mama seufzte schwer und wischte sich die Tränen von den Wangen. „Okay... okay, dann vertraue ich dir. Aber bitte sei vorsichtig, ja? Ich... ich habe das Gefühl, dass hier mehr dahintersteckt als nur irgendeine Krankheit." Ihre Augen funkelten vor Sorge, und ich konnte die Angst spüren, die wie eine unsichtbare Last auf ihr lag.

Ich nickte. „Das werde ich", versprach ich ihr fest, obwohl ich wusste, dass ich ihr nicht alles sagen konnte. Dann drehte ich mich um und ging zu Mariks Zimmer.

Er lag still auf seinem Bett, das Gesicht blass, seine Augen fest geschlossen. Für einen Moment blieb ich stehen und betrachtete ihn. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Das Bild meines Bruders, so ruhig und reglos, ließ die Realität schwer auf mir lasten. Die Ohnmacht – sie war ein Nebeneffekt der Sprünge. Aber wie sollte ich das Mama erklären? Wie sollte ich ihr die Wahrheit sagen?

Ich kniete mich neben sein Bett und legte ihm vorsichtig eine Hand auf die Stirn. Noch bevor ich ihn richtig berühren konnte, schossen seine Augen auf, weit aufgerissen und voller Energie, als wäre er nie bewusstlos gewesen. Mit einem plötzlichen Satz sprang er aus dem Bett.

„Was zur Hölle ist los?" fragte er, als wäre nichts geschehen. Sein Ton war gereizt und genervt.

„Marik, wir haben ein Problem", sagte ich, versuchte meine Stimme ruhig zu halten, doch er unterbrach mich sofort.

„Oh ja? Zum Beispiel, dass du einfach so in mein Zimmer kommst, ohne zu klopfen?" Er verschränkte die Arme vor der Brust und starrte mich missbilligend an.

Ich verdrehte die Augen, frustriert über seine kindische Reaktion. „Ich habe jetzt keine Zeit für deinen Unsinn!", sagte ich scharf, und mein Ton ließ ihn zusammenzucken. Endlich sah er mich mit ernsthaftem Interesse an, bereit, zuzuhören.

„Mama hat bemerkt, dass du ohnmächtig wirst. Sie war kurz davor, dich ins Krankenhaus zu schleifen. Ich konnte sie gerade noch davon abbringen, aber sie macht sich Sorgen. Sie wird sich nicht lange damit zufriedengeben."

Marik blinzelte verwirrt. „Ohnmächtig? Ich war ohnmächtig?" Seine Stimme war überrascht, als ob ihm das völlig neu war.

„Ja, genauso wie ich", erklärte ich. „Es passiert jedes Mal, wenn wir springen. Für etwa 15 Minuten sind wir hier bewusstlos. Das ist eine Sicherheitsvorkehrung, damit uns in dieser Welt nichts passiert, falls uns in Elysia etwas zustößt."

Marik starrte mich an, als hätte ich ihm gerade eine völlig neue Realität offenbart. „Also jedes Mal, wenn wir nach Elysia gehen, fallen wir hier einfach um?"

„Ja", antwortete ich ernst. „Und das ist es, was Mama verrückt macht. Sie versteht es nicht und denkt, wir wären krank. Sie will uns schützen, aber sie weiß nicht, was wirklich passiert."

Marik seufzte schwer und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. „Okay... aber was hat Maila damit zu tun? Man sieht sie nie. Was macht sie eigentlich?"

„Maila gehört zur ersten Generation", erklärte ich ihm geduldig. „Sie hat Kontakt zu mir aufgenommen, nachdem ich aus der Klinik entlassen wurde. Sie hat Mama erzählt, dass sie mir bei meinen Ohnmachtsanfällen helfen kann, und das hat sie auch getan. Sie hat mir beigebracht, die Sprünge besser zu kontrollieren."

Marik schüttelte den Kopf. „Die erste Generation? Du meinst, es gab andere vor uns?"

„Ja", bestätigte ich. „Wir sind die achte Generation. Maila war eine der Ersten, die Elysia entdeckt haben. Sie weiß, wie gefährlich es sein kann, und sie kennt die Risiken. Sie hat mir geholfen, und ich bin mir sicher, dass sie auch dir helfen kann."

„Und was genau hat sie gemacht?", fragte Marik, neugieriger als zuvor.

„Sie hat mir gezeigt, wie ich meine Kräfte kontrolliere", erklärte ich. „Sie hat mir beigebracht, dass die Ohnmacht ein notwendiger Teil des Sprungs ist, um die Verbindung zu beiden Welten aufrechtzuerhalten. Es ist nicht ideal, aber es ist besser, vorbereitet zu sein, als unvorsichtig nach Elysia zu gehen."

Marik verzog das Gesicht. „Und das ist der Preis? Bewusstlos zu werden und Mama ständig Sorgen zu machen?"

Ich seufzte. „Es ist schwer, aber wir müssen uns darauf einlassen. Elysia ist kein Ort, den man ohne Vorbereitung betreten sollte. Die Sprünge haben Konsequenzen, und wir müssen lernen, damit umzugehen. Ich werde dich also von nun an mit zu Maila nehmen. Ich hoffe, dass Mama sich damit beruhigt, denn wir können ihr nicht sagen, was wirklich dahintersteckt."


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