Vierundzwanzig

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Langsam stieg ich die knarrende, hölzerne Treppe hinauf, meine Schritte hallten leise im Flur wider. Es war 13:42 Uhr. In wenigen Momenten würde ich wieder inmitten einer Schlacht stehen, Seite an Seite mit den anderen, im Kampf gegen die Räuber der Elemente. Noch nie hatte ich mir so sehr gewünscht, keine Auserwählte zu sein. Ein bedrückendes Gefühl legte sich wie ein schwerer Mantel über mich. Die Aussicht, dass wir gegen die Räuber nicht bestehen würden, ließ meine Schultern sinken. Ich seufzte leise und ließ mich auf mein Bett fallen, die weiche Matratze gab unter meinem Gewicht nach.

Aber ändern konnte ich es sowieso nicht.

Kaum hatte ich mich niedergelassen, öffnete sich die Zimmertür mit einem leisen Quietschen. Zu meiner Überraschung war es nicht Mama, die wie sonst nach mir sah, um sicherzugehen, dass ich auch in meinem Zimmer war, bevor ich ohnmächtig wurde. Es war mein kleiner Bruder Marik.

„Was willst du denn hier?", fragte ich irritiert, als er ohne ein Wort näher an mich herantrat.

„Ich will sehen, wie du das machst", erklärte er, während seine Augen neugierig über mein Gesicht wanderten.

„Wie ich was mache?", fragte ich und sah ihn auffordernd an.

„Wie du es schaffst, seit Monaten die Schule früher zu verlassen, weil du umkippst. Ich will auch nicht länger als bis eins in der Schule bleiben müssen", sagte Marik, seine Stimme klang fast beleidigt.

„Du weißt doch, dass das eine Krankheit ist. Da ist überhaupt nichts Toll daran. Es ist einfach nur super nervig, und jetzt geh bitte", erwiderte ich und warf einen hektischen Blick auf meinen Wecker. Nur noch zwanzig Sekunden, dann würde ich wieder in die andere Welt eintauchen.

Wie gewohnt spürte ich den leichten Schwindel, der mich müde werden ließ, gefolgt von der vertrauten Energie, die an mir zog und mich von hier wegbrachte. Aus dem Augenwinkel sah ich noch, wie Marik meinen Arm berührte, dann verlor ich das Bewusstsein.

Als ich wieder zu mir kam, schoss mein Puls sofort in die Höhe. Der Schutz, den Lani um uns errichtet hatte, war verschwunden, und wir waren unseren Feinden wieder hilflos ausgeliefert. Panik durchflutete mich.

„Offenbar kann man seine Kräfte nicht zwischen den Sprüngen halten", rief Lani unruhig, während sie mühevoll eine neue Kugel formte, die uns schützen sollte. Ihr Gesicht war angespannt, Schweiß perlte auf ihrer Stirn.

Ara war mit größter Mühe damit beschäftigt, die Feuerbälle abzuwehren, die unaufhörlich auf uns geschossen wurden. Tierra und Ivy bauten erneut eine Mauer aus Erde und Dornen, die uns wenigstens für den Moment Deckung bieten sollte. Lavea, die sich neben Lani positioniert hatte, fügte der Kugel ein wenig Feuer hinzu, das nun um uns herumflackerte und unsere Feinde abschreckte.

Ich hingegen stand nur nutzlos herum, während die anderen kämpften. Die Machtlosigkeit nagte an mir.

„Das ist so cool!", rief plötzlich eine viel zu vertraute Stimme neben mir, und ich wirbelte herum. Marik stand tatsächlich neben mir, seine Augen leuchteten vor Aufregung.

„Wie hast du das gemacht!", schrie ich ihn an, und er zuckte unter meinem lauten Tonfall zusammen, als hätte er mich erst jetzt bemerkt.

Wie war Marik hierher gekommen? Er hatte nichts mit dem Stern oder unserer Bestimmung zu tun. Ich erinnerte mich an den Moment, als ich gesprungen war. Er hatte mich berührt – konnte das ausgereicht haben, um ihn mitzubringen? Mama hatte mich auch oft berührt, wenn ich die Welten gewechselt hatte, aber sie war nie mitgekommen.

„Lani, beeilt euch! Sie sind zu viele, lange halten wir das nicht mehr durch!", rief Ivy erschöpft, während sie mit aller Kraft die Erde formte, um uns zu schützen.

Die Legende der Elemente - Das Erbe der AuserwähltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt