Jamal kämpft um sie

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India kehrte in die Stadt zurück, doch die Leichtigkeit, die sie auf dem Land gespürt hatte, verblasste schnell. Kaum war sie wieder in ihrer Wohnung, überrollten sie die Gefühle und Gedanken, die sie eigentlich hatte klären wollen. Die Ruhe und Distanz, die sie sich erhofft hatte, hatten keine klare Antwort gebracht. Stattdessen war sie genauso unsicher wie zuvor.

Jamal hatte sich in den Tagen, die sie weg war, zurückgehalten. Er hatte ihre Bitte um Zeit respektiert, und sie wusste, dass er nur darauf wartete, dass sie bereit war, mit ihm zu reden. Doch jetzt, zurück in der Stadt, spürte India den Druck, sich der Realität zu stellen. Sie konnte nicht ewig vor der Entscheidung fliehen.

An einem verregneten Nachmittag, nur einen Tag nach ihrer Rückkehr, erhielt India eine Nachricht von Jamal:

Jamal: „Ich weiß, du brauchst noch Zeit. Aber ich möchte dich sehen. Es gibt etwas, das ich dir sagen muss. Kann ich vorbeikommen?"

India starrte auf die Nachricht und spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Sie wusste, dass dieses Gespräch unausweichlich war. Sie musste sich der Situation stellen, aber sie wusste nicht, ob sie bereit war, die Antworten zu geben, die Jamal vielleicht erwartete.

Nach einigen Minuten des Zögerns tippte sie:

India: „Okay. Komm vorbei."

Innerhalb einer halben Stunde stand Jamal vor ihrer Tür. Als sie ihn hereinließ, bemerkte sie sofort den ernsten Ausdruck in seinen Augen. Er schien nachdenklich, fast besorgt, und India wusste, dass auch er sich viele Gedanken über die letzten Tage gemacht hatte.

„Danke, dass du mich sehen wolltest," sagte Jamal, als er sich in ihrem Wohnzimmer umsah. „Ich wollte nicht zu aufdringlich sein, aber ich konnte nicht länger warten."

India nickte nur und setzte sich auf das Sofa, während Jamal sich ihr gegenüber niederließ. Die Stille zwischen ihnen war schwer, aufgeladen mit unausgesprochenen Worten, und India wusste, dass es an ihr war, die Konversation zu beginnen.

„Es tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe," sagte sie schließlich. „Ich musste einfach weg... um über alles nachzudenken."

„Du musst dich nicht entschuldigen, India," sagte Jamal leise. „Ich habe dir gesagt, dass ich dir die Zeit gebe, die du brauchst. Aber ich will nicht, dass du dich wegen mir unter Druck gesetzt fühlst. Das Letzte, was ich will, ist, dass du in etwas hineingezogen wirst, was du nicht willst."

India spürte, wie sich ihr Herz verkrampfte. Jamal sprach so verständnisvoll, und doch wusste sie, dass er eine Antwort wollte. Sie wollte ihm nicht wehtun, aber die Wahrheit war, dass sie immer noch nicht wusste, ob sie diese Beziehung – und alles, was damit einherging – ertragen konnte.

„Jamal... ich weiß einfach nicht, ob ich stark genug bin für das, was mit dir kommt," gab India ehrlich zu. „Es ist nicht nur das zwischen uns. Es ist die ganze Welt, die auf uns schaut. Die Gerüchte, die Paparazzi, das ständige Gefühl, beobachtet zu werden... ich weiß nicht, ob ich das durchhalten kann."

Jamal sah sie lange an, seine Augen suchten ihren Blick, bevor er leise antwortete. „Ich verstehe das, India. Ich habe mein ganzes Leben in dieser Welt verbracht, und selbst ich finde es manchmal schwer. Aber ich will dir etwas sagen." Er machte eine Pause, als ob er nach den richtigen Worten suchte. „Du bist die erste Person seit langer Zeit, bei der ich das Gefühl habe, dass ich wirklich ich selbst sein kann. Nicht der Fußballer, nicht die öffentliche Figur, sondern einfach... Jamal."

India spürte, wie ihr Herz schneller schlug, als er weitersprach.

„Und ich weiß, dass das, was ich dir abverlange, viel ist. Aber ich will dich nicht verlieren, bevor wir überhaupt richtig angefangen haben. Du bedeutest mir mehr, als du vielleicht denkst. Und ich bin bereit, für uns zu kämpfen – egal, wie schwer es wird."

India schluckte. Jamals Worte trafen sie tief. Sie hatte immer gewusst, dass er sie mochte, aber die Intensität seiner Gefühle überraschte sie. Sie wollte ihm glauben, wollte sich darauf einlassen, aber die Angst vor der Öffentlichkeit, vor dem Verlust ihrer Privatsphäre und vor all den Erwartungen, die mit einer Beziehung zu jemandem wie ihm kamen, waren stark.

„Aber was ist, wenn ich das nicht kann?" fragte sie, ihre Stimme leise, fast ängstlich. „Was ist, wenn ich nicht bereit bin für diese Welt?"

Jamal lehnte sich nach vorne und nahm ihre Hände in seine. Seine Berührung war warm, beruhigend, und India fühlte sich ein wenig sicherer in diesem Moment. „Dann finden wir einen Weg. Zusammen. Ich will dich nicht in diese Welt zwingen, aber ich will auch nicht, dass sie uns auseinanderreißt. Wir können es langsam angehen, India. Schritt für Schritt. Aber ich möchte, dass du weißt, dass ich für dich da bin, egal, was passiert."

India starrte in seine Augen und spürte die Ehrlichkeit in seinen Worten. Er war bereit, für sie zu kämpfen, bereit, es langsam anzugehen. Doch sie wusste auch, dass ihre Unsicherheit nicht einfach verschwinden würde.

„Ich will es versuchen, Jamal," sagte sie schließlich, ihre Stimme zögerlich, aber ehrlich. „Aber ich brauche Zeit. Viel Zeit. Ich weiß immer noch nicht, ob ich das alles bewältigen kann."

Jamal nickte, ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen. „Das ist alles, was ich hören wollte, India. Wir haben Zeit."

Für den Moment fühlte sich India etwas leichter. Jamal verlangte keine schnellen Antworten, er drängte sie nicht. Doch die Zweifel blieben tief in ihr, und sie wusste, dass die kommenden Wochen und Monate zeigen würden, ob sie wirklich stark genug war, um an seiner Seite zu bleiben.

Die nächsten Tage waren eine Art Testlauf. India und Jamal trafen sich häufiger, aber immer an Orten, die ihnen etwas Privatsphäre boten – Cafés in ruhigen Ecken, Spaziergänge in weniger belebten Gegenden. Sie begannen, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es sein würde, eine Beziehung zu führen, die von der Öffentlichkeit beobachtet wurde.

Doch die Medien ließen sie nicht in Ruhe. Es schien, als ob jede noch so kleine Begegnung zwischen ihnen festgehalten und ausgeschlachtet wurde. India las die Schlagzeilen nicht mehr, doch sie wusste, dass sie da waren. Immer wieder tauchten neue Fotos auf – sie in der Bibliothek, sie und Jamal beim Spaziergang, sogar Bilder von ihrem letzten Treffen.

„Es ist, als würde ich mein eigenes Leben verlieren," gestand sie Jamal eines Abends, als sie bei ihm zu Hause saß.

„Das verstehe ich," antwortete er sanft. „Aber wir werden einen Weg finden, damit umzugehen."

India nickte, doch sie spürte, dass der Druck wuchs. Jamal war ihr wichtig, das wusste sie jetzt. Doch ob das genug war, um all das zu überstehen, blieb unklar.

Unbekannte WegeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt