Epilog

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Epilog: Ein neues Kapitel

Sechs Jahre waren vergangen, seit India den großen Schritt gewagt und ihr Leben nach Madrid verlegt hatte. Die Stadt, die einst wie ein fremdes Abenteuer gewirkt hatte, war inzwischen ihre Heimat geworden – nicht nur wegen Jamal, sondern auch wegen der Familie, die sie gemeinsam aufgebaut hatten.

India saß im Wohnzimmer ihrer gemeinsamen Wohnung und beobachtete, wie die Nachmittagssonne durch die großen Fenster fiel. Draußen konnte sie das Lachen von Kai hören, ihrem vierjährigen Sohn, der mit Jamal im Garten spielte. Ihre Hände ruhten auf ihrem inzwischen deutlich gewölbten Bauch – sie war im achten Monat schwanger mit ihrem zweiten Kind, einem Mädchen, das sie Jamie nennen würden.

Das Leben hatte sich auf eine Weise entwickelt, die India sich nie hätte vorstellen können, als sie vor sechs Jahren ihre Wohnung in München aufgab. Damals war alles neu und ungewiss gewesen, aber jetzt fühlte sich alles so klar und richtig an. Madrid war nicht nur zu ihrem Zuhause geworden, sondern auch zu dem Ort, an dem ihre Familie wuchs, an dem sie ihre Träume als Autorin verwirklichen konnte und an dem sie und Jamal die tiefste Form der Verbundenheit gefunden hatten.

„Mama, schau mal!" rief Kai und lief freudestrahlend ins Haus, seine Locken flatterten, während er eine Spielzeugrakete stolz in der Hand hielt. „Papa hat sie hoch in den Himmel geschossen!"

India lächelte und beugte sich zu ihrem Sohn hinunter. „Wirklich? Das sieht ja toll aus, mein Großer."

Hinter Kai trat Jamal ins Haus und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Er ist unaufhaltsam," sagte er lachend. „Du solltest sehen, wie hoch er sie alleine schießen will. Ich glaube, wir haben einen kleinen Raketenwissenschaftler hier."

India lachte und stand vorsichtig auf, um ihren schwangeren Bauch zu stützen. „Ich bin mir sicher, dass er das kann. Genau wie du damals. Immer auf dem Weg nach oben."

Jamal kam zu ihr und legte eine Hand sanft auf ihren Bauch. „Und jetzt sind wir hier. Mit Kai, und bald mit Jamie."

India spürte einen leichten Tritt in ihrem Bauch, als ob Jamie die Erwähnung ihres Namens bemerkt hätte. „Es fühlt sich manchmal immer noch surreal an, weißt du?" sagte sie. „Wie weit wir gekommen sind."

Jamal lächelte und zog sie in eine Umarmung. „Das denke ich auch oft. Aber gleichzeitig fühlt es sich so richtig an. Du, ich, Kai – und bald Jamie. Das ist das Leben, das ich mir immer gewünscht habe, auch wenn ich es damals nicht wusste."

India lehnte ihren Kopf an seine Schulter und genoss den Moment der Ruhe. Sie dachte an die Zeit zurück, als sie in zwei Welten gelebt hatte – eine in München, eine in Madrid. Damals war alles ungewiss gewesen, aber jetzt war alles klar. Ihre Liebe zu Jamal war mit den Jahren tiefer und stabiler geworden. Sie hatten Höhen und Tiefen durchlebt, und es gab Tage, an denen die Herausforderung, ihre Karrieren und ihre Familie zu jonglieren, überwältigend gewesen war. Aber sie hatten es immer geschafft – gemeinsam.

Kai zupfte an Indias Hand und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich. „Mama, wann kommt Jamie?"

India lächelte und kniete sich zu ihm hinunter. „Bald, mein Schatz. Noch ein paar Wochen, und dann kannst du deine kleine Schwester kennenlernen."

„Ich werde der beste große Bruder sein," sagte Kai ernsthaft, als ob es seine wichtigste Aufgabe der Welt wäre.

Jamal lachte und wuschelte ihm durch die Haare. „Daran habe ich keinen Zweifel, Kumpel."

India stand auf und beobachtete die beiden – Jamal und Kai, so voller Energie und Leben. Es war ein Moment voller Frieden, und sie wusste, dass das Leben, das sie hier in Madrid aufgebaut hatten, genau das war, was sie immer gewollt hatte.

Später am Abend, nachdem Kai ins Bett gebracht worden war und die Stadt in die Ruhe der Nacht getaucht war, saßen India und Jamal gemeinsam auf dem Balkon. Es war ein vertrauter Platz für sie, ein Ort, an dem sie in den letzten Jahren oft gesessen und über das Leben gesprochen hatten – über ihre Träume, ihre Familie und die Zukunft. Der Himmel war klar, und die Sterne funkelten über Madrid, genauso wie an dem Abend, als sie zum ersten Mal beschlossen hatten, dass sie es zusammen versuchen würden.

„Kannst du glauben, dass wir hier gelandet sind?" fragte Jamal leise und hielt ihre Hand.

India sah ihn an und lächelte. „Manchmal kann ich es kaum glauben. Aber dann schaue ich Kai an, spüre Jamie in mir, und ich weiß, dass das genau der Ort ist, an dem wir sein sollten."

Jamal nickte und zog sie sanft näher zu sich. „Ich weiß. Es fühlt sich an, als hätten wir alles erreicht, wovon wir jemals geträumt haben. Und jetzt – mit Jamie – beginnt ein neues Kapitel."

India lehnte sich an ihn und schloss die Augen. „Ja, ein neues Kapitel. Aber eines, das ich mit dir, Kai und Jamie schreiben möchte."

„Und was ist mit deinen Büchern?" fragte Jamal spielerisch. „Du bist die große Autorin hier."

India lachte leise. „Ich werde immer weiter schreiben. Aber unsere Geschichte – die, die wir gemeinsam erleben – wird immer meine liebste bleiben."

Sie saßen eine Weile schweigend da, das leise Flüstern der Nacht um sie herum. In diesem Moment fühlte sich alles vollkommen an. Sie hatten ihr Leben gemeinsam aufgebaut, hatten Höhen und Tiefen durchgestanden und waren nun an einem Punkt, an dem sie nur noch nach vorne schauen mussten – zu ihrer wachsenden Familie, ihren Träumen und allem, was die Zukunft für sie bereithielt.

Als India schließlich die Augen öffnete und zu Jamal aufsah, wusste sie, dass sie genau dort war, wo sie immer sein wollte – in seinem Leben, in ihrer gemeinsamen Geschichte, und bereit für alles, was noch kommen würde.

Das Ende.

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