Ein weiterer Versuch

72 2 0
                                    


Die Entscheidung, es mit Jamal zu versuchen, fühlte sich wie ein kleiner Sieg an, aber India wusste, dass dies nur der Anfang war. Sie hatte eingewilligt, sich langsam in die Beziehung hineinzuversetzen, Schritt für Schritt. Doch es gab Momente, in denen sie sich fragte, ob sie sich nur selbst etwas vormachte. Der Druck der Medien und die ständige Aufmerksamkeit lagen wie ein Schatten über jedem Moment, den sie mit Jamal verbrachte.

Die Tage vergingen, und India begann, sich wieder mehr auf ihr Studium zu konzentrieren. Doch selbst in der Bibliothek, einem ihrer Rückzugsorte, konnte sie die wachsenden Zweifel nicht ganz ausblenden. Die Gerüchteküche um sie und Jamal brodelte weiter, und sie hatte aufgehört, die Artikel zu lesen. Es war leichter, so zu tun, als würde die Außenwelt nicht existieren, wenn sie einfach wegblieb.

An einem kühlen Herbstabend, als sie sich mit Jamal in einem kleinen, abgelegenen Café trafen, fühlte sich India zum ersten Mal seit Langem wieder einigermaßen entspannt. Das Café war ruhig, fast leer, und die gedämpfte Beleuchtung schuf eine intime Atmosphäre. Sie saßen an einem Tisch in der Ecke, fernab von neugierigen Blicken, und Jamal schien ebenfalls erleichtert, dass sie zumindest für diesen Moment Ruhe hatten.

„Es fühlt sich gut an, für einen Moment einfach nur hier zu sitzen, ohne dass jemand auf uns schaut," sagte India, während sie einen Schluck von ihrem Kaffee nahm.

Jamal lächelte leicht und nickte. „Ja, das tut es. Ich wünschte, wir könnten mehr solche Momente haben."

India sah ihn an, und für einen Moment war da dieses vertraute Kribbeln, diese Verbindung, die sie trotz all ihrer Unsicherheiten spürte. Sie wollte diesen Moment festhalten, wollte glauben, dass sie es schaffen konnten, dass es irgendwie möglich war, die Welt draußen auszublenden.

Doch tief in ihrem Inneren wusste India, dass das nicht die Realität war. Sobald sie dieses Café verließen, würde die Welt sie wieder einholen. Die Paparazzi, die Gerüchte, die ständige Beobachtung – all das würde wieder da sein, und sie war sich nicht sicher, ob sie stark genug war, um das dauerhaft zu ertragen.

„Ich habe darüber nachgedacht, wie es weitergehen soll," sagte sie schließlich, ihre Stimme leise und nachdenklich.

Jamal sah sie an, und India konnte die Besorgnis in seinen Augen sehen. Er wusste, dass sie noch immer mit ihren Gefühlen kämpfte. „Und was hast du entschieden?"

India seufzte und starrte auf ihre Hände. „Ich will es wirklich versuchen, Jamal. Ich will sehen, ob wir das schaffen können. Aber ich kann nicht leugnen, dass es mich belastet. Es ist so schwer, ständig das Gefühl zu haben, beobachtet zu werden, und ich weiß nicht, wie lange ich das aushalte."

Jamal nickte langsam, und India sah, dass er sich genau der gleichen Herausforderung bewusst war. „Es tut mir leid, dass du das durchmachen musst," sagte er schließlich. „Ich weiß, dass das alles viel verlangt. Aber ich bin hier, und ich will dir helfen, damit umzugehen."

India wusste, dass er es ernst meinte, aber sie fragte sich, ob seine Unterstützung ausreichen würde, um die Last zu tragen, die ihre Beziehung mit sich brachte.

„Wir können es langsam angehen, okay?" sagte Jamal und griff nach ihrer Hand. „Kein Druck. Nur wir zwei, so gut es eben geht."

India spürte die Wärme seiner Berührung und nickte langsam. „Langsam angehen klingt gut."

Die nächsten Wochen verliefen in einer Art Balanceakt. India und Jamal sahen sich regelmäßig, aber immer an Orten, die etwas abgeschieden waren. Sie verbrachten Zeit in Jamals Wohnung oder bei ihr, ungestört von der Außenwelt, und India begann, sich in diesen privaten Momenten sicherer zu fühlen. Jamal tat alles, um ihr zu zeigen, dass er für sie da war, ohne sie zu drängen, und India begann langsam, die Mauern um ihr Herz ein wenig zu senken.

Doch auch wenn die gemeinsamen Stunden ihnen beiden gut taten, konnte India nicht leugnen, dass die Außenwelt immer wieder in ihre Ruhe eindrang. Die Paparazzi schienen nicht aufzugeben, und immer wieder tauchten neue Fotos auf. Jedes Mal, wenn sie zusammen gesehen wurden, folgten Artikel voller Spekulationen über ihre Beziehung, über das, was als nächstes kommen würde.

Eines Tages saß India in der Uni-Bibliothek und versuchte, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, als ihr Handy vibrierte. Es war eine Nachricht von Emma.

Emma: „Hey, hast du den neuesten Artikel gesehen? Die haben es echt auf euch abgesehen. Wie geht's dir damit?"

India seufzte und legte ihr Handy beiseite. Sie hatte sich bemüht, die Medien zu ignorieren, doch es schien, als ob die Welt sie nicht in Ruhe lassen wollte. Es war frustrierend, ständig in Artikeln erwähnt zu werden, über die sie keine Kontrolle hatte, und India begann sich zu fragen, ob das alles irgendwann nachlassen würde.

Als sie abends mit Jamal sprach, erzählte sie ihm von ihrer Frustration. „Es fühlt sich an, als ob wir niemals einfach nur wir sein können," sagte sie. „Es ist immer jemand, der uns beobachtet, immer jemand, der unsere Beziehung in Frage stellt."

Jamal nickte und nahm ihre Hand. „Ich weiß. Es ist schwer. Aber ich verspreche dir, dass wir einen Weg finden, das zu überstehen."

India seufzte. „Ich hoffe es. Aber ich weiß nicht, wie lange ich das noch ertragen kann."

„Du musst das nicht alleine durchstehen," sagte Jamal und zog sie in seine Arme. „Ich bin hier, India. Und ich werde bleiben, egal was passiert."

India lehnte sich an ihn und schloss die Augen. Sie wollte an seine Worte glauben, wollte glauben, dass ihre Beziehung stark genug war, um den Druck von außen zu überstehen. Doch die Zweifel blieben.

Ein paar Tage später, als India durch die Stadt ging, fiel ihr Blick auf eine Zeitschrift am Kiosk. Auf dem Cover waren wieder einmal sie und Jamal, dieses Mal mit einer provokativen Überschrift:

„Verheimlicht Jamal seine Beziehung? Warum er seine neue Liebe vor der Öffentlichkeit schützt!"

India spürte, wie ihr Magen sich verkrampfte. Es fühlte sich an, als würde die Welt sie langsam erdrücken. Sie nahm ihr Handy heraus und schrieb Jamal eine kurze Nachricht:

India: „Wir müssen reden."

Unbekannte WegeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt