Unschöner Besuch aus dem Himmel

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Wir verblieben noch eine Weile an der Bar und die anderen erzählten mir, was in den letzten Jahren so passiert war. Nach einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es fast schon morgen ist. Ich war ziemlich müde und sah das als gute Ausrede, um ins Bett zu gehen. Die anderen blieben noch sitzen. Ich wollte gerade in Richtung meines alten Zimmers abbiegen, als Lucifer mich stoppte. „Willst du nicht lieber bei mir schlafen? Dein altes Zimmer könnte zu Maras werden." Das war keine schlechte Idee und bei Lucifer zu schlafen wäre vermutlich deutlich schöner. Ich ging mit ihm. Meine Sachen legte ich fürs erste in eine Ecke des Raumes. Ich wollte mir gerade meine Schlafsachen anziehen, da schlich sich Lucifer zu mir. Ich wusste, worauf er hinauswollte. „Ich bin echt müde und geschafft. Es war ein langer Tag." Ich sah die leichte Enttäuschung auf seinem Gesicht. Ich legte meinen Daumen auf sein Kinn und meinen Zeigefinger darunter. Ich zog ihn damit zu mir. „Aber morgen, versprochen." Dies sagte ich mit einem etwas erregtem Ton. Kurz drauf küsste ich ihn. Wir legten uns hin. Ich schlief sehr schnell ein.

Ich wurde von einem lauten Knall geweckt. Lucifer stand genauso wie eine Eins im Bett wie ich. Wir standen auf, um nachzusehen. Die Exorzisten griffen an. Lucifer und ich machten uns kampfbereit. Die anderen waren bereits draußen, allerdings sahen sie sehr erschöpft und übermüdet aus. Haben sie überhaupt geschlafen? Dennoch hielten sie sich wacker. Lucifer und ich versuchten während des Kampfes nach dem Anführer Ausschau zu halten. Adam konnte es schlecht sein. Ich erkannte Lute, aber sie sah zu normal aus, um die neue Anführerin zu sein. Im Augenwinkel sah ich, wie Lucifer schockiert und entsetzt jemanden ansah. Ich schaute ebenfalls in die Richtung. Zwei Lucifers oder dreh ich jetzt völlig durch? Er sah ein wenig anders aus. Seine Haare saßen nicht ganz so perfekt wie Lucifers und seine Punkte waren eher golden statt rot, genauso wie das Innere seiner Flügel. „Michael, wieso...?" Sein Bruder also. Aber warum sollte sich ein Erzengel die Mühe machen und nach hier unten kommen? Irgendwas passt hier nicht. „Du verstehst das nicht! Sie müssen vernichtet werden!" Bei einem kurzen Blick auf die Stadt bemerkte ich, dass wir die einzigen waren, die angegriffen wurden. Ich versuchte den anderen zu helfen, so gut es ging, versuchte aber dennoch mitzuhören. Lucifer war es wohl auch nicht entgangen, dass dieser Angriff nur uns galt. „Lass mich raten, der Himmel hat was gegen die Rehabilitation und will nicht wahrhaben, dass Sünder doch noch zu Heiligen werden können!" Die Wut in Lucifers Stimme, war kaum zu überhören. „Nein. Die Mädchen!" Meint er etwas Mara und Charlie?! „Sie wurden hier unten geboren und deine Partner waren beide jeweils reine Sünder! In ihnen kann nur schlechtes Blut fließen! Wenn sie dir Herrschaft über die Hölle gewinnen, wird sie nichts mehr aufhalten können!" Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Das war ein Vernichtsungsangriff ja, aber dieser galt nur Charlie und Mara. Die anderen bekamen von dem Gespräch nichts mit. „Aufhalten vor was?!" „Den Himmel zu stürzen und alles ins dunkle zu ziehen! Lucifer bitte, hör mir zu! Sie sind die Ausgeburt Satans und Dad hat eine Prophezeiung gesehen, die besagt, dass..." Lucifer konnte seine Wut nicht länger zurückhalten und ich ließ alles an den Exorzisten aus. Ich lasse nicht zu, dass sie Charlie oder Mara wehtun.

„Ich scheiß auf Dad und seine beschissenen Prophezeiungen! Er war es, der mich überhaupt hier runtergeschickt hat! Warum? Weil er eine Prophezeiung sah! Haben du und unsere ‚lieblichen' Geschwister diese Prophezeiungen überhaupt gesehen, oder gehorcht ihr Papi einfach nur blind und brav, wie so kleine Schoßhündchen?! Wenn ich nicht hier unten gelandet wäre, würde keine von ihnen überhaupt existieren. Er ist es, der diese Prophezeiungen überhaupt erschafft! Er ist es, der alles ins dunkle zieht und damit er der gute, tolle Gott und Vater sein kann, braucht er einen Sündenbock und das muss aus irgendeinem Grund immer ich sein! Er hat die Menschen geschaffen, die sündigen. Er hat einen Fehler bei seiner kleinen „perfekten" Welt gemacht und will diesen nicht zugeben! Keiner von euch weiß, was damals im Garten Eden wirklich passiert ist und wieso ich überhaupt dort war!" Lucifer hatte nicht einfach nur seine Teufelsgestalt angenommen, sondern war auch ein ganzes Stück gewachsen und sprach mit seinem doch recht großgewachsenen Bruder nun auf Augenhöhe. Seine Gestalt sah aus wie eine Mischung aus Teufel und Erzengel. Sein Gebrüll hat jeden aufhorchen lassen. Keiner kämpfte mehr. Sogar die Exorzisten. Michael schaute ihn nur erschrocken an. So sprachlos wie er war, hatte Lucifer wohl mit der Annahme, dass keiner der Erzengel die Prophezeiungen gesehen hat, recht. Lucifer entfernte sich etwas und brüllte in die Runde. „Macht, dass ihr verschwindet, und zwar sofort!" Die Exorzisten machten sich sofort auf den Weg. Michael verharrte noch für einige Sekunden, immer noch mit Schock im Gesicht. „Wartest du darauf, dass ich dir persönlich in den Arsch trete?!" Mit diesen Worten verschwand auch Micheal. Lucifer schnaubte immer noch vor Wut. So wie die anderen, war auch ich überfordert mit der Situation. Ich wollte ihn beruhigen, hatte aber Angst, dass er mir in seiner Wut wehtat. Vorsichtig nährte ich mich ihm. „Lucifer...?" Er reagierte nicht, aber nahm langsam wieder seine gewöhnliche Form an. Als er wieder vollständig zurückverwandelt war, nahm ich ihn in den Arm. Er brach sofort zusammen. Die anderen wusste trotz allem nicht so ganz wieso und vielleicht war das auch besser so.

Wir gingen wieder ins Hotel, das zum Glück nur kleine, leicht reparierbare Schäden hatte. Ich brachte Lucifer nach oben. „Sie wollen sie töten..." „Ich weiß." Lucifer schaute mich etwas überrascht an. Ich erklärte ihm, dass ich alles gehört hatte und ebenso bestürzt und wütend war. Er kuschelte sich an mich. Meine Arme legte ich fest um ihn. Die Tränen liefen ihm nur so übers Gesicht. „Wir kriegen das hin." Mehr fiel mir leider nicht ein. Ich legte Lucifer ins Bett und wollte nach den anderen sehen. Lucifer packte mich am Arm. „Bitte geh nicht..." Ich drehte mich wieder zu ihm und hockte mich nebens Bett, direkt vor seinem Gesicht. Dabei fuhr ich über seine Haare, bis meine Hand wieder auf seiner Wange lag. Mit meinem Daumen strich ich eine Träne weg. „Ich werde nur nach den anderen sehen. Ich bald wieder da, versprochen." Ich gab ihm einen Kuss auf die Stirn und ging. Als ich in der Lobby ankam, sah ich, dass die anderen es wohl nicht mehr in ihre Zimmer geschafft hatten. Alle lagen sie auf und neben dem Sofa und schliefen. Da es ihnen optisch scheinbar gut geht, ging ich auf direktem Weg wieder zu Lucifer. Dieser war ebenfalls bereits eingeschlafen. Ich legte mich zu ihm und versuchte zu verarbeiten, was passiert war.

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