56: Lia

46 9 12
                                    

Die Sitzung zog sich weiter hin, und Annalena konzentrierte sich auf die Besprechungen, während Robert immer wieder einen Blick auf Lia warf, die ruhig in ihrem Maxi Cosi lag. Ihr kleines Gesicht war entspannt, und es war fast so, als ob sie die ganze Situation verstand und sich in dem Raum sicher fühlte. Ein kleiner Moment der Ruhe, der inmitten der hektischen Politik selten war.

Doch plötzlich öffnete sich die Tür, und ein Mitarbeiter trat ein. „Herr Scholz, Putin… er kommt morgen wieder und ist mehr als nur wütend, dass sich mit der NATO nichts getan hat.“

Annalena, die gerade in ein Gespräch vertieft war, ließ ihre Unterlagen sinken und sah Olaf an. Ihr Gesicht wurde sofort ernst, und sie konnte die Spannung im Raum förmlich spüren. Auch Robert setzte sich aufrechter hin, die Worte des Mitarbeiters sofort in seinem Kopf drehend.

Olaf sah mit einem angespannten Blick zu Annalena und dann zu den anderen im Raum. „Das ist kein gutes Zeichen“, murmelte er. „Wenn er wütend ist, bedeutet das meistens, dass wir auf jeden Fall mehr Druck bekommen werden.“

Annalena nickte nachdenklich, ihre Hände fühlten sich plötzlich schwer an. „Er wird nicht zögern, Druck auf uns auszuüben, das wissen wir alle“, sagte sie ruhig. „Es wird ein schwieriger Tag morgen.“

Christian Lindner fuhr sich durch die Haare und stöhnte. „Das haben wir jetzt davon. Immer dieser Geopolitik-Kram, der uns alle in den Abgrund zieht.“

Robert seufzte leise und verschränkte die Arme. „Und was ist jetzt der Plan? Werden wir morgen auch noch die komplette Verantwortung für diese Situation übernehmen müssen?“

Olaf sah ernst in die Runde. „Wir müssen vorbereitet sein. Und das bedeutet, dass jeder hier weiß, was er zu tun hat, wenn Putin morgen in dieser Stimmung ankommt. Die Verhandlungen werden hart.“

Annalena atmete tief ein und richtete sich auf. „Ich werde morgen noch einmal alle Optionen durchgehen. Wir müssen vorbereitet sein, aber wir dürfen uns nicht von seiner Wut einschüchtern lassen. Das ist ein Spiel – und wir müssen wissen, wie wir es spielen.“

Der Mitarbeiter fügte mit ernster Miene hinzu: „Putin erwartet einen würdigen Empfang. Diesmal reicht es allerdings, wenn die wichtigsten Minister anwesend sind – Herr Lindner, Herr Habeck, Frau Baerbock und Sie, Herr Scholz. Aber er hat explizit betont, dass alle nicht offiziell zur Regierung gehörenden Mitglieder ebenfalls da sein sollen.“

Die Worte hallten im Raum wider, und die Stimmung wurde noch angespannter. Annalena warf Robert einen schnellen Seitenblick zu, während Robert bereits auf Lia schaute. Es war ein stilles Verstehen zwischen den beiden – sie wussten, was das bedeutete. Lia war ein Symbol, ein möglicher Hebel, den man nicht ignorieren konnte.

Robert richtete sich auf und fragte den Mitarbeiter mit ruhiger Stimme: „Hat er irgendetwas Bestimmtes in Bezug auf diese ‚nicht offiziellen Mitglieder‘ gesagt? Warum plötzlich diese Forderung?“

Der Mitarbeiter schüttelte den Kopf. „Nein, aber es ist unüblich. Vielleicht will er einfach zeigen, dass er die volle Kontrolle hat. Es könnte ein Machtspiel sein.“

Annalena legte eine Hand auf den Maxi Cosi, fast wie eine schützende Geste. Sie sah erst Robert an, dann Olaf. „Lia wird da nicht involviert. Sie ist ein Baby und gehört nicht in diese politischen Spiele.“ Ihre Stimme war fest, aber man konnte die Sorge darin hören.

Olaf nickte langsam. „Das hätten sie sich vor ihrer Schwangerschaft überlegen müssen.“

Annalena schenkte ihm einen bösen Blick.

Christian Lindner lehnte sich zurück und schnaubte. „Klassisch Putin. Schafft es immer, die Atmosphäre zu vergiften, bevor die Gespräche überhaupt beginnen.“

Hinter verschlossenen Türen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt