57: Schreibtisch

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Christian ließ Robert los, welcher sofort zu annalena rannte.

Annalena stand da, ihre Beine zitterten, ihre Hände klammerten sich an Roberts Hemd, als er sie fest in seine Arme schloss. Sie fühlte sich wie in einem Albtraum, aus dem sie nicht erwachen konnte. Ihr Atem ging stoßweise, und Tränen rannen über ihr Gesicht, während sie leise seinen Namen flüsterte: „Robert...“

Robert hielt sie noch fester, seine Stimme war sanft, aber bestimmt. „Es wird alles gut, Liebling. Ich verspreche dir, wir holen Lia zurück. Aber jetzt musst du stark sein. Du bist die Außenministerin. Du musst die Vertreter anrufen.“

Annalena atmete tief ein, ihr Blick suchte Halt in seinen Augen. „Wie soll ich das schaffen? Er... er hat...“ Ihre Stimme brach, und sie presste ihre Lippen zusammen, um nicht noch mehr Schwäche zu zeigen.

Robert strich ihr beruhigend über den Rücken, seine eigene Wut mühsam unterdrückt. „Du schaffst das, weil du Annalena Baerbock bist. Du hast schon so viel durchgestanden. Und du machst das für Lia. Du wirst die ganze Welt mobilisieren, wenn es sein muss.“

Annalena nickte langsam, ihre Hände lösten sich zögerlich von ihm. „Du hast recht“, flüsterte sie schließlich, ihre Stimme festigte sich ein wenig. „Für Lia. Für sie werde ich alles tun.“

Christian, der bisher schweigend zugesehen hatte, trat näher und reichte ihr ein Taschentuch. „Wir stehen alle hinter dir. Wenn du jemanden brauchst, der mit Putin spricht, ich bin dabei.“

Annalena nahm das Taschentuch und wischte sich über das Gesicht. „Danke, Christian. Aber das hier ist meine Verantwortung.“ Sie richtete sich auf, zog ihre Schultern zurück und griff nach ihrem Handy.

„Ich rufe sie an. Alle. Wenn Putin glaubt, dass ich mich einschüchtern lasse, hat er sich geschnitten.“ Ihre Stimme klang nun entschlossen, und ein Funken ihres gewohnten Kampfgeists war zurückgekehrt.

Robert blieb dicht bei ihr, seine Hand fest auf ihrer Schulter. „Ich bin bei dir. Immer.“

Annalena nickte, dankbar für seine Nähe, und wählte die erste Nummer. Es gab keine Zeit zu verlieren – nicht, wenn es um ihre Tochter ging.

Nach mehreren Stunden angespannter Diskussion saß Annalena immer noch allein in ihrem Büro, das Telefon fest an ihr Ohr gedrückt. Sie hatte mittlerweile mit fast allen relevanten Staatsoberhäuptern gesprochen, doch die Resonanz war eindeutig: Die Unterstützung für die Ukraine stand außer Frage, und viele Staaten konnten Deutschlands vermeintlich zögerliches Verhalten nicht nachvollziehen.

Annalena spürte die Last der Situation schwer auf ihren Schultern. Sie durfte niemandem die Wahrheit sagen – weder die Bedrohung ihrer Tochter noch die grausamen Ereignisse mit Putin. Sie wusste genau, dass diese Gespräche abgehört wurden, wahrscheinlich von Putins Leuten selbst.

Eine tiefe, ernste Stimme meldete sich am anderen Ende der Leitung. Es war ein Vertreter eines strategisch wichtigen NATO-Landes. „Hören Sie, Frau Baerbock“, sagte er kühl, „die USA haben ihren Standpunkt klar gemacht. Sie sind entschlossen, die Ukraine zu unterstützen. Wir sehen Ihre Position kritisch.“

Annalena atmete schwer durch und versuchte, ihre Stimme ruhig zu halten. „Ich verstehe Ihre Bedenken, aber die Situation ist weitaus komplizierter, als sie scheint. Es geht hier nicht nur um Deutschland – es geht um den Frieden in Europa.“

Die Stimme blieb unnachgiebig. „Dann überreden Sie z. B. die USA, Frau Baerbock. Wenn sie umdenken, dann reden wir weiter.“

Annalena schloss kurz die Augen, fühlte sich wie in einer Sackgasse. „Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um eine Lösung zu finden“, sagte sie schließlich und legte auf. Ihr Kopf dröhnte von den ständigen Gesprächen, und der Gedanke an Lia ließ sie nicht los.

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