59: Weihnachten

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Der Tod ist ein leises Flüstern inmitten eines lauten Lebens. Er kommt ohne Einladung, oft unerwartet, und hinterlässt eine Stille, die schmerzt. Es ist, als würde ein Teil der Welt plötzlich verblassen, ein Licht, das ausgeht, bevor man sich von seiner Wärme verabschieden konnte. Zurück bleibt eine Leere – nicht nur in der Welt, sondern tief in uns selbst, wo Erinnerungen scharf und bittersüß werden, und die Worte, die wir nicht gesagt haben, wie Steine auf dem Herzen lasten.


Annalenas Finger krallten sich in Roberts Schultern, suchten Halt in einem Moment, in dem sie das Gefühl hatte, den Boden unter den Füßen verloren zu haben. Sie wusste, dass es vorbei war. Ihre Mutter hatte ihren Kampf beendet. Kein Schmerz, keine Qual mehr – ein Gedanke, der ein winziges Stück Trost bot, doch nicht genug, um den überwältigenden Verlust zu mildern.

Irgendwann wäre dieser Tag gekommen, ob durch den Krebs oder durch das Leben selbst, das unaufhaltsam voranschritt. Doch jetzt, wo er da war, fühlte es sich an, als hätte nichts sie wirklich darauf vorbereiten können.

Robert hielt sie fest, ließ sie weinen, ohne ein Wort zu sagen. Sein Griff war stark und sicher, eine unverrückbare Stütze in ihrer Dunkelheit. Sie spürte seine Wärme und die Ruhe, die er ausstrahlte, und klammerte sich daran. Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter, und seine Hand fuhr sanft durch ihr Haar, während sie tief schluchzte.

Minuten vergingen, doch für Annalena war die Zeit stehengeblieben. Alles, was zählte, war dieser Moment, in dem sie sich nicht alleine fühlte, in dem Roberts Arme sie auffingen, als sie drohte, zusammenzubrechen.

Irgendwann wurden Annalenas Schluchzer leiser, bis nur noch vereinzelte Tränen über ihre Wangen liefen. Sie hob langsam den Kopf und sah Robert an. Ihre Augen, die sonst vor Leben strahlten, waren blass und rot, voller Schmerz und Leere. Robert erwiderte ihren Blick, und sein Herz zog sich zusammen bei dem Anblick ihres gebrochenen Ausdrucks.

Er hob eine Hand und strich ihr behutsam eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor er sanft sagte: „Oh, mein Engel. Es tut mir so unfassbar leid.“ Seine Stimme war warm, leise und voller Mitgefühl.

Annalena biss sich auf die Lippe, kämpfte gegen die nächste Welle von Tränen, doch sie schüttelte nur den Kopf. „Ich… ich weiß nicht, wie ich ohne sie weitermachen soll. Alles fühlt sich so falsch an.“

Robert zog sie noch enger an sich, schloss die Arme um sie, als wollte er sie vor dem Schmerz schützen. „Du wirst es schaffen, Annalena. Ich bin hier. Für dich. Für Lia. Für uns. Du musst das nicht alleine durchstehen.“

Sie schloss kurz die Augen, lehnte ihre Stirn gegen seine. „Ich weiß nicht, wie ich das ohne dich schaffen würde,“ flüsterte sie schließlich.

Mit einem Mal durchbrach Lias weinen die bedrückende Stille im Raum. Annalena hob den Kopf und blickte über Roberts Schulter zu ihrer Tochter, die auf der weichen Unterlage unruhig strampelte. Sie sah auf ihre Uhr und seufzte leise ,,Oh, da hat jemand Hunger.” murmelte sie und wischte sich schnell über die Wangen, um die Tränen zu trocknen. Robert streckte sich langsam, um Lia sanft hochzuheben. „Komm her, kleine Maus," flüsterte er beruhigend, während er sie vorsichtig an seine Brust drückte und zu Annalena hob.

Annalena saß immer noch auf seinem Schoß und machte mit einer fließenden Bewegung ihr Dekollete frei, bereit, Lia zu stillen. Sie nahm ihre Tochter in die Arme, und sobald Lia zu trinken begann, legte
Annalena ihren Kopf auf Roberts Schulter. Ihre Augen schlossen sich kurz, und sie spürte, wie Roberts Arm sich um sie und Lia legte, sie sicher und fest haltend. Die drei verharrten so, in stiller Intimität, während die Zeit für einen Moment stehen blieb. Trotz des Schmerzes, der Trauer und der Leere, die Annalena erfüllte, fand sie ein wenig Trost in Roberts Nähe und der beruhigenden Präsenz ihrer Tochter.

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⏰ Letzte Aktualisierung: 7 hours ago ⏰

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