Luxuskerker

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Mit zufriedener Miene beobachtete Marjan, wie seine Leute die kleine Jägerin zurück brachten. Sie war nicht dumm, so viel stand fest. Andererseits war es ihr nicht gelungen, ihm zu entkommen. Jetzt würde er ihre Freiheiten beschränken müssen, damit sie so etwas nicht noch einmal versuchte.

Mit Wucht wurde gegen die großzügige Holztür in seinem Rücken geklopft.

„Herein." Mit geschlossenen Augen ließ er sich auf seinem Thron nieder.

Eine Wache trat ein und verbeugte sich knapp. „Eure Majestät, die Flüchtige."

Daraufhin traten die fünf Soldaten in den Raum. Der erste hatte das Mädchen achtlos mit zusammengebundenen Beinen und seltsam auf dem Rücken geknebelten Händen über seine Schulter geworfen. Sogar die Augen hatte er ihr verbunden. Mit offensichtlichem Ekel warf er sie zu Boden und verneigte sich anschließend vor seinem König. „Das Mädchen, wie Ihr befohlen habt."

Kaum hatte er den Mund geschlossen, fand sein Unterkiefer sich an einer Seitenwand des Raumes wieder. Gurgelnd und mit vor Schreck geweiteten Augen kippte der Mann vornüber. Was für ein Narr.

Sorgsam untersuchte Marjan Rias Kopf. Erleichtert stellte er fest, dass nichts gebrochen war. Zur Sicherheit fühlte er den Puls der Bewusstlosen, bevor er sich seinen Männern zuwandte. „Ich sagte, ihr solltet sie unversehrt bringen. Habe ich jemals den Befehl gegeben, sie wie eine unbedeutende Magd zu behandeln?"

Wie tausend feine Nadeln drangen seine leise gesprochenen Worte unter die Haut der anwesenden Soldaten. Diese zitterten und verneinten seine rhetorisch gemeinte Frage. Mit einer desinteressierten Handbewegung schickte er sie fort. Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, kniete er sich wieder neben Ria, um sie von ihren Fesseln zu befreien. Mit unbewegter Miene besah er sich ihre Wunden noch einmal genauer. Wie es aussah, war sie in einen Giftbusch gefallen. Die feinen Schnitte eiterten und er fragte sich ernsthaft, was sie angestellt haben musste, dass die ursprünglich feinen Schnitte sich so dermaßen entzündet hatten. Es würde dauern, bis ihre Verletzungen verheilt waren.

„Du bringst wahrlich Schwung in das Leben hier, Prinzessin. Schon lange hat es niemand mehr gewagt, sich mir so zu widersetzen."

Tastend fuhr er noch einmal über ihren Schädel. Er wollte sichergehen, dass sie sich nicht doch verletzt hatte, als der Unwürdige sie so derb auf den Boden geworfen hatte. Noch immer röchelte der Kerl hinter ihm vor sich hin. Ein Geräusch, das ihm langsam auf die Nerven ging. Vorsichtig hob er Ria hoch und verließ mit ihr durch eine Seitentür den Thronsaal. Da sein jüngster Sohn nicht anwesend war, brachte er sie in dessen Zimmer. Sollte er früher als erwartet zurückkehren, konnte er sich ja mit ihr auseinandersetzen. Dort angekommen, beauftragte er einige Zimmermädchen damit, das nachwievor bewusstlose Mädchen zu säubern, ihre Wunden zu versorgen und sie in angemessene Kleidung zu hüllen. Anschließend verließ er den Raum.

Ein kleiner Schatten huschte hinter ihm her. Marjan war sich sicher, dass er ihm folgte, deshalb ließ er sich Zeit, bevor er in einer ruhigen Ecke auf den kleinen Drachen wartete, der sich augenblicklich seine eigentliche Gestalt annahm. Er kam nicht umhin festzustellen, dass diese Wesen eine beeindruckende Erscheinung besaßen.

„Du hast auf deine Herrin Acht gegeben."

Meine Gefährtin, verbesserte der Schattendrache ihn scharf.

„Natürlich", entgegnete er mit einem dünnen Lächeln auf den Lippen. „Weiß sie um deine Fähigkeiten?"

Wortlos schüttelte der Drache seinen Kopf. Sie musste nicht immer alles erfahren. Die Bürden, die sie trug, waren schon groß genug. „Was plant Ihr mit ihr? Sie ist nicht bloß ein Geschenk an Euren Sohn."

Dunkel wie die Nacht [Schattenseelen 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt