Wiedersehen

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Als Adele schließlich nach draußen kam, trat Aram mit besorgter Miene aus dem Schatten hervor. Prompt breitete sich auf ihrem Gesicht ein seliges Lächeln aus. „Aram." Lachend rannte sie auf ihn zu und sprang ihm in die Arme. „Was machst du denn heute schon hier?"

Erleichtert stellte er fest, dass sie körperlich in Ordnung war. „Dann hat Ria dich also nicht zusammengeschlagen?"

Adele lachte, wurde jedoch schnell wieder ernst. „Nein. Sie droht nur. Du kennst doch das Sprichwort über Hunde, die bellen. Sie ist zwar streng, aber das geht klar. Immerhin ist die Realität auch nicht aus Watte. Leid tut mir nur der andere Clanführer. Dieser Aleix. Er wollte mit Ria sprechen, aber sie scheint sich erst einmal abreagieren zu müssen."

„Ah, dann hat Eleasar ja vielleicht Glück und sie reißt ihm nicht den Kopf ab."

Adele lachte kurz und hart auf. „Eher nicht. Entweder rennt sie weg oder sie wird wütend. Es braucht nur irgendwie um Liebe zu gehen. In Deutsch hat sie die Lehrerin richtig geschockt. Da ging es um Liebesgedichte und Ria wurde nach ihrer Meinung gefragt. Die Hälfte der Klasse musste sich danach fast übergeben. Ich wusste gar nicht, wie viel ein Mensch überleben kann, ohne ohnmächtig zu werden."

Aram musste sich ein Lächeln verkneifen. „Tja, irgendwie muss er da durch."

Schritte näherten sich. Kemal kam neben ihnen zum Stehen. „Adele." Er schenkte ihr ein überraschtes Lächeln. „Was machst du denn hier?"

„Auf Ria warten", antwortete sie ausweichend und ignorierte die neugierigen Blicke, die der Araber ihrem Mann zuwarf.

Kemals Miene nahm einen traurigen Ausdruck an. „Das war Blake. Er hat sie dazu gebracht, sich ihren Gefühlen nicht zu stellen. Seit er sie nach Europa geholt hat, hat sie sich immer mehr verändert. Kämpfen konnte sie auch vorher schon gut."

„Was genau ist vorgefallen?", erkundigte sie sich aufrichtig interessiert. Ria schwieg sich über dieses Thema immer beharrlich aus.

„Wir leben in einer Welt von Blut und Tod. Aber Blake hat es auf die Spitze getrieben. Ungehorsam bedeutete den sofortigen Tod, Widerspruch qualvolle Folter. Als klar wurde, dass sie kein Mensch ist, hat Blake sie an sich gebunden. Im Nachhinein hat er ihr erklärt, dass sie dadurch nicht nur seine Frau sondern auch Mitglied des Clans geworden sei. Es gibt Fotos von den Morden, die Ria in seinem Auftrag ausgeführt hat. Du musst nur den Polizisten fragen, er kennt sie alle. Ich kann dir versichern, dass es keine schönen Bilder sind."

Vor Schreck schlug Adele sich die Hand vor dem Mund. „Darum erzählt sie nie etwas. Ab und an deutet sie etwas an, weigert sich aber strikt, mir zu erzählen, was damit gemeint ist."

Bekümmert griff er nach ihrer Hand. „Wenn du nicht willst, dass sie zerbricht, solltest du versuchen sie dazu zu bewegen, mit ihren Gefühlen reinen Tisch zu machen. Ich habe sie schon einmal so gesehen. Bitte lass nicht zu, dass sie sich verliert."

„Was war das letzte Mal?", fragte Adele mit Tränen in den Augen.

Kemal schüttelte stumm seinen Kopf. „Sie hat angefangen allen zu misstrauen. Das war ein halbes Jahr nachdem sie den Mord an ihrem Vater hat beobachten müssen. Ich war mit ihr beim Arzt und habe sie nur kurz im Behandlungszimmer alleine gelassen." Er schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht wie, aber sie hat es als Fünfjährige geschafft, einen Erwachsenen zu töten. Mehr willst du darüber wirklich nicht wissen."

Entschlossen griff Adele nach Kemals Hand. „Ich werde mein Möglichstes tun, dass es ihr wieder besser geht."

Kemal nickte erleichtert. „Danke. Richte ihr bitte aus, dass die neuen Strukturen allgemein großen Anklang finden."

Dunkel wie die Nacht [Schattenseelen 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt