2. Kapitel - Draco P.o.V ✔️

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Ihr Blick verschränkte sich für einen Augenblick mit meinem. Er wanderte weiter, über meinen Oberkörper, zu meinem linken Arm. Zu den Narben meiner Vergangenheit. Das Böse gezeichnet auf alle Ewigkeit.

Ich nutzte den Augenblick ihrer Begutachtung und musterte nun aufmerksamer ihr Gesicht. Ihr Blick war betrübt, sie schien gar leicht zu zittern. Sie war nicht hier, gedanklich gefangen in anderen Sphären. Unsere Begegnung schien ihren Geist aufzuwühlen, sie in schreckliche Zeiten zurück zu ziehen. Das dunkle Loch der Grausamkeit über ihr zu öffnen und sie durch die Dämonen der Vergangenheit an verdrängte Grenzen zu bringen.

Ihr rechte Hand ballte sich zur Faust, die Nasenflügel blähten sich auf. Sie biss sich auf die Lippe, kämpfte mit den Tränen.

Mein Herz zog sich zusammen, Schuldgefühle überschwemmten mich.

Die Finger ihrer linken Hand kratzten über den lila Stoff ihres Pullovers. Vollkommen in Trance wendete sie ihren Blick zurück zu meinen Augen. Hass und Verachtung spiegelten sich in den überlaufenden Tränen wieder. Ihre Hand glitt über das eine Auge, dann über das andere, schnell trocknete sie diese kleinen Verräter.

Ihr Blick brannte sich in meine Haut, die Schuld an allem übertrug sie auf mich. Ich war ihr Sündenbock und ich wusste es. Ich wusste, dass ich es verdient hatte. Das Einzige was ich in diesem Moment tun wollte, war ihr all die schrecklichen Erinnerungen nehmen zu können. Die Taten meiner Tante ungeschehen zu machen. Sie sollte mich weiter meiden, doch ihre Vergebung war trotz allem eines meiner obersten Ziele. Die Vergebung der Gryffindorschüler.

Sie stand noch immer da, starrte mich an. Ich hoffte, dass sie nicht unter der Last zusammenbrach. Doch das tat sie nicht, sie war stark. Dieser unpassende Ausdruck in ihren Augen, welcher nur mir allein gehörte, verschwand. Neutralität überzog ihr Gesicht, gar arrogant schien sie auf mich hinunter zu schauen. Wendete sich ab, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand mit grossen Schritten in die gegengesetzte Richtung.

Ich hasste mich. Hasste mich für mein Wesen. Meine Feigheit der vergangenen Jahre. Ich verstand, warum sie mich verabscheute, denn ich tat es selbst. Es gab noch immer Tage, da konnte ich nicht in den Spiegel schauen. Ertrug meine eigene Anwesenheit, meinen Anblick nicht. Ertrug mein blondes Haar, die bleiche Haut, die grauen Augen nicht, einfach weil sie mich an Vater erinnerten, an die Tage während des Krieges und meinen eigenen kühlen und abwertenden Blick auf die Welt erinnerten.

Ich fuhr mir mit den kühlen Fingern über meinen Nasenrücken. Kopfschmerz machte sich schleichend bemerkbar. Mich quälte die Frage nach dem Wie. Wo war der Weg, das alles wieder gut zu machen? Wie sah er aus?

Ich blickte zu Blaise. Der Dunkelhäutige musterte mich interessiert. Ich bräuchte seine Hilfe, wenn ich Vergebung für meine Taten wollte. Ich bräuchte seine Hilfe um meine Taten gut zu machen.

"Blaise?", fragte ich. Meine Stimme war dünn und kaum hörbar. Kein Selbstbewusstsein, kein Hohn darin zu finden.

"Granger sieht gut aus, das weiss ich. Naja, schade, dass sie ein Schlammblut ist, nicht?", erklärte er gedehnt. Machte eine Kunstpause.

"Aber heisse Schlammblüter darf man auch anstarren, hat ja niemand ausser mir gesehen", liess er mich zwinkernd wissen.

"Wag es nicht, sie noch einmal Schlammblut zu nennen! Es ist vollkommen egal, welchen Blutstatus sie hat", stiess ich zwischen zusammen gebissenen Zähen hervor, während meine Hände vor Wut zitternden. "Ich habe nicht gestarrt!", murmelte ich schwach und blickte zu Boden.

Ich wusste, dass Blaise nur darauf wartete mich mit etwas aufziehen zu können. Seine Spässe mit mir zu treiben. Ich wartete auf einen Spruch, wendete meinen Blick vom Boden ab. Er lächelte. Ein sanftes, jungenhaftes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, während Erstaunen in seinen Augen glänzte.

"Verdammt! Warum lächelst du?", blaffe ich ihn irritiert an.

Seine Mundwinkel senkten sich wieder, ein ernster Ausdruck erschein auf seinem Gesicht. Er erhob sich, trat zu mir und liess eine seiner grossen Pranken auf meiner Schulter nieder.

"Ich hasse diese Lügen zu dem Blutstatus, mein Freund. Ich hasse sie, seit ich genug alt war um mir eine eigene Meinung zu der ganzen Sache bilden zu können. Draco, jeder Mensch ist gleich. Ganz egal ob er muggelstämmig oder reines Zaubererblut durch seine Adern fliesst. Du weisst, wie unsere Familien und Freunde dachten. Du weisst, wie du zu dem Blutstatus standest."

Er machte eine kurze Pause, in welcher er seinen Blick aus dem Fenster gleiten liess.
Als er sich wieder mir zuwandte, hatten seine dunkeln Augen einen ernsten Ausdruck angenommen. Leise sprach er weiter: "Der Hass hauste in deinem Herzen. Ich war und bin ein Slytherin. Mir bleib nichts anderes übrig, als bei den Beleidigungen mitzumachen und meine Gedanken für mich zu behalten."

Neugierde blitzte nun in seinen Augen auf.
"Doch was mich brennend interessiert ist; Was um alles in der Welt hat deine Einstellung so stark verändert?"

Narben (Dramione) (wird überarbeitet - überarbeitete Kapitel sind markiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt