9. Kapitel - Ginny P.o.V ✔

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Draco Malfoys Erscheinungsbild liess mich nicht kalt, diese Tatsache musste ich mir eingestehen. Irgendwo ganz tief in meinem Innern regt sich ein Gefühl von Glauben und Mitgefühl. Ganz gegensätzlich zu Hermines Meinung glaube ich langsam, dass er die ganze Entschuldigungssache ernst meinte.

Doch bin ich nicht in der Position, mich hier ein zu mischen. Nein, sicherlich nicht. Meine Aufgabe ist es Hermine den Rücken zu stärken. Wie tief die Narben, welche sie aus vergangenen Zeiten auf sich und in sich trägt doch sind. Es gibt an der Zahl nicht wenige Nächte, in welchen sie Höllenqualen durchlitten hatte. Ich neben ihr sass, ihre eisigkalte Hand hielt und mit allen Mitteln versuchte, die schweissgebadete junge Frau vor mir aus ihren Träumen zu befreien. Wie oft wir doch dann da sassen und sie mir, eingewickelt in ihre fliederfarbene Decke und durch einen von mir persönlich zubereiteten Kräutertee leicht entspannt, langsam in kleinen Schritten, jedes Mal ein bisschen mehr, Einsicht in diese schrecklichen Erinnerungen gab.

Oft war nach diesen Gesprächen für sie nicht mehr an Schlaf zu denken, sie verliess dann schon spät in der Nacht oder früh morgens, ganz der persönlichen Perspektive geschuldet, das Haus und entdeckte die Natur und ihre schönen Plätze, welche ihr immer weider aufs Neue ein kleines Stück Ruhe und Frieden schenkten.

Ich kann mich erinnern, dass die meisten dieser Träume von der langen Zeit der Suche, welche sie mit den Jungs verbrachte, und dem Malfoy Manor und den Misshandlungen durch Bellatrix Lestrange handelten.
Schmerzliche und hässliche Bilder davon, wie geliebten Menschen Schmerzen zugefügt werden. Tief in ihrem Unterbewusstsein schlummernde Ängste, welche in allen Farben und Formen ans Tageslicht gelangen.

Doch nicht nur Narben von diesen Ereignissen standen ihr meiner Meinung nach nun im Weg. Sondern sicherlich auch jahrelange, dreckige Beleidigungen der Schlangen und ihres Anführers traffen sie in kindlicheren Tagen tief ins Herz. Doch dies war eine Seite, ein Punkt der Verletzlichkeite, eine Art Narben, deren Wahrheit sie sich und uns anderen nicht eingestehen konnte oder wollte. Sie ist unglaublich stark und gutherzig, doch Malfoy wird sich bei ihr mehr bemühen müssen, als er sich jetzt vielleicht noch ausmalt.

Denn wenn ich da auf seinen Versuch einer Entschuldigung rückblicke, so benötigt er noch eine ganze Menge Arbeit. Ehrlicherweise durfte man von ihm jedoch auch keine meterlange Rede oder Blumen erwarten, nein, das wäre nicht der bekannte Draco Malfoy. Für das Frettchen war es bereits eine untypische Leistung, welche Grösse zeigte, wenn er sich überhaupt entschuldigt.

Und hier ist meinerseits der Grund, wieso ich ihm Glauben schenke. Ich denke, er tat das in vollstem Ernst.

Zwar ist Hermine meine Freundin doch habe ich keine Ahnung, wie sich das Ganze weiter entwickelt. Und noch weniger kann ich mir Bilder dazu malen, was Malfoy sich ausdenkt um Hermine von sich und seiner Entschuldigung zu überzeugen.

"Ginny?"

"Blaise?"

Erstaunt blickte ich hoch in Zabinis Gesicht, welches zu der Stimme passte, welche mich aus meinen Gedanken gerissen hatte.

Der Genannte setze sich ohne weitere Frage und ohne weitere Regung neben mich und lauschte gespannt dem Gespräch zwischen Dean und Neville. Das weisse Hemd sass wie immer perfekt, einzig eine kleine Schweissperle an seiner Schläfe störte das typische Bild. Leicht schüttelte ich den Kopf und folgte dann mit meinem Blick dem seinen.Leider waren Dean und Neville zu weit von meinem Platz entfernt, denn auch mit Anstrengung konnte ich nicht verstehen zu welchem Thema sie sich unterhielten.
Und so schlich sich ganz plötzlich Neugierde heran. Überrumpelte mich und liess mich reden, bevor ich darüber nachdenken konnte, welche Worte denn da meinen Mund verliessen.

"Wars du vorhin nicht mit deinen Freunden auf dem Weg zu den Kerkern?"

Jetzt galt seine Aufmerksamkeit vollumfänglich mir und nicht nur seine, sondern selbst Ron, Harry und Hermine, welche vorhin noch in einem Gespräch versunken waren, sahen ihn abwartend an.

Blaise fuhr sich über seine kurzen Haare und rieb sich den Nacken. Dann grinste er mich schief an und beantworte meine Frage.

"Richtig beobachtet kleine Weasley . Mir wurde in den Kerkern angelangt bewusst, dass ich keinen blassen Schimmer habe wo ich heute Nacht schlafen soll.
Und deshalb, so clever wie ich bin, befinde ich mich hier neben dir. Ich dachte, du weisst es bestimmt."

"Wir haben unseren Turm in der Nähe des Gemeinschaftsraums der Gryffindors. Das hatte uns Proffessor Mcgonagall doch gerade noch erklärt.", erwiderte ich anklagend.

Hermine P.o.V

Noch immer überrascht über meine heute erlangte Erkenntnis zu Blaise wanderten nun meine Gedanken zu Malfoy. Dies passierte mir heute nicht das erste Mal. Doch rasch schob ich das Bild seines missglückten Entschuldigungsversuch beiseite. Ich versuchte mich auf Blaise zu konzentrieren. Wie sich herausstellte, konnte dieser ein äusserst angenehmer Gesprächspartner sein. Er redete viel und lachte oft. Zwei Züge, welche mir an meinen Mitmenschen gefielen. Die letzten Jahre hatte ich nur hin und wieder in Arithmantik oder Alte Runen einzelne Worte mit ihm gewechselt. Er war mir immer sehr wortkarg vorkommen. Also das absolute Gegenteil des echten Blaise, den wir heute kennenlernen durften. Was für ein Glück das dieser Irrtum sich nach so vielen Jahren noch geklärt hat.

Sogar Ron, welcher grundsätzlich etwas gegen Slytherinschüler und die meisten Reinblüter hat, führte mit ihm ein angeregtes Gespräch zu Quidditch und dem wundervollen Essen, welches es hier in Hogwarts gab. Ich kam den erstaunten Ausdruck kaum von meinem Gesicht gewischt.

Doch nun endlich liessen mir die Gedanken genug Freiheiten, dass ich mich frisch geduscht tiefer in meine dicke rote Decke einkuscheln konnte und den Weg in einen entspannten Schlaf fand.

Heutige Frage:

Welche/r Musiker/in (oder auch Band) hört ihr am liebsten?

überarbeitet am 15.07.2018

Narben (Dramione) (wird überarbeitet - überarbeitete Kapitel sind markiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt