4. Kapitel - Draco P.o.V ✔️

5.5K 331 38
                                    

"In meinen Augen wäre es von Vorteil, wenn du dich vor versammelter Schülerschaft bei der süssen Granger entschuldigst. Gryffindors legen grossen Wert auf Mut und Aufrichtigkeit. Und nun ja, Draco, du weisst, dass ich dich als meinen besten Freund ansehe, doch mutig zeigtest du dich unseren Rivalen nicht oft."
Die dunkle Haut meines Gegenübers war in Falten gelegt, während sein Blick aufmerksam jede meiner Bewegungen verfolgte.

Ich wendete meinen Blick stumm wieder ab und strich mit den Fingerspitzen über den weissen Stoff des Hemdes, welches vor mir auf dem abgenutzten Polster lag. Es sah zwar wie all meine anderen Hemden aus, doch dieses war eines der besonderen Art, ich trug es anhin nur bei bestimmten Anlässen, an Tagen, die Veränderungen brachten. Mit einem Handgriff zog ich mir meinen teuren Wollpullover über den Kopf. Augenblicklich überzog eine leichte Gänsehaut meinen nackten Oberkörper, dessen bleiche Haut porzellanähnlich im Licht des Blitzes, welcher gerade vom Himmel schoss und in unmittelbarer Nähe unaufhaltsam in die Erde einschlug, schimmerte.

Ich murrte auf. "Muss das sein?"
Ich hatte eher mit dem Gedanken gespielt, den vorlauten Bücherwurm in der von ihr so heiss geliebten Bibliothek abzufangen, und mich da in praktischer Zweisamkeit und ohne nervenaufreibende Zuschauer im Nacken bei der Gryffindor zu entschuldigen und ihr somit verbunden ein Friedensangebot zu stellen. Doch leider musste ich an diesem Punkt meinem treuen Wegbegleiter Recht geben, die Vollblutgryffindor würde mir wohl eher verzeihen und Glauben schenken, wenn ich alten Gewohnheiten und Glaubenssätzen trotze.

Ich atmete tief ein und legte meinen Kopf in den Nacken. Spürte Blaises Blick zum wiederholten Mal auf mir. "Gewonnen!"

Ein tiefes Lachen ertönte hinter mir und ich sah in Gedanken, wie sich der Dunkelhäutige wahrscheinlich gerade in diesem Moment mit der Hand über den Nacken fuhr. Hastig zog ich das Hemd über und versuchte nun mit der nötigen Konzentration die kleinen Knöpfe durch die dafür vorgesehenen Löcher zu bugsieren. Meine Ungeduld machte mir einen Strich durch die Rechnung. Anstatt wie sonst beherrscht meine Arbeiten zu verrichten, zitterten meine Hände wie das farbige Laub an einem kühlen Herbstabend im Wind. Knurrend zog ich meine Augenbrauen missmutig zusammen. Rutschte mir doch nicht schon wieder der Knopf zwischen den Fingern hindurch, und raus war er aus dem Loch.
Zeitgleich war von draussen ein dumpfer Schlag an die Abteilswand zu vernehmen, was mein Neugierde für wenige Sekunden auf sich zog, bevor ich tief durchatmete und dem Knopf und mir eine zweite, gemeinsame Chance schenkte.

Ein Kichern gefolgt von einem überraschten, weiblichen Auflachen, liess meinen Blick instinktiv den Dunklen des Slytherins hinter mir suchen. Er zuckte bloss augenverdrehend mit den Schultern und winkte ab. Mit den Händen in den Hosentaschen drehte er sich dem Fenster zu.

Ich schnappte erschrocken nach Luft, als aus dem Nichts heraus gut eine Minute später die Schiebetür ohne Verwahrung aufgerissen wurde und gefährlich wackelnd zu stehen kam. Ganz frech taumelten die zwei Übeltäter in unser Abteil. Ich zupfte das nun endlich geschlossene Hemd zurecht. Liess meine Hand durch das seidene Haar, welches ich von Vater erbte und im Gegensatz zu all den anderen Dingen an mir nicht verabscheute, gleiten.

Mit gehobener Augenbraue und einem Ausdruck im Gesicht, welcher einem grossen Fragezeichen glich, begutachtete Blaise, welcher sich kurzum wieder von der Natur ausserhalb losreissen konnte, den an seinem Mantel zu erkennenden Slytherin. Der sportlich gebaute Junge, welcher mit dem Rücken zu mir das Mädchen an die Wand drückte, während seine Hände auf ihrem Arsch lagen, kam mir bekannt vor. Und als sich die zwei von ihrer Lust gleitenden Personen drehten und auf die Sitzbank zu stolperten, konnte ich meinen guten Freund Theo unter dem etwas länger gewordenen Haar erkennen.

Das leise Stöhnen der Schwarzhaarigen widerhallte in dem nun schier engen Abteil.
Langsam fuhr die zierliche Hand des Mädchens über die rechte Schulter, die Brust hinab gefährlich nah zu dem Hosenbund. Auch Theo liess seine Händen immer weiter runter gleiten und hob die Kleine schlussendlich ohne gross Kraft aufzuwenden hoch.

Blaise, der zu mir getreten war, grinste mich mit verschränkten Armen dümmlich an. Kopfschüttelnd beobachtete ich das Schauspiel weiter.

Bei der alten, abgewetzten Sitzbank angelangt, liess Theo sich mit dem Mädchen auf seinem Schoss nieder. Nun endlich, als sie sich nach Luft schnappend und kichernd von ihm löste um sich an seinem Gurt zu schaffen zu machen, konnte ich einen Blick auf ihr Gesicht erhaschen. Auf dem Schoss meines Kumpels sass niemand anderes als Pansy Parkinson.

Ich lachte in Gedanken lautlos auf. Meine Gedanken wanderten durch die letzten Monate und ich musste zugeben, dass bereits im vergangenen Jahr eine gewisse Veränderung ihres Verhaltens mir gegenüber bemerkte. Statt wie eine hormongesteuerte Dreizehnjährige verhielt sie sich endlich wie eine erwachsene Frau. Eine Frau, welche ein gute Freundin abgeben konnte, wenn sie denn nun auch wirklich an seiner Seite wollte. Ich wollte sie nicht.

"Nehmt euch ein Zimmer!", rief Blaise gespielt genervt in tiefer Stimme aus. Augenblicklich brach der heisse Blickkontakt der zwei Slytherinschüler ab und sie sahen sich stattdessen erschrocken über die Unterbrechung im Raum um. Mit glühenden Wangen und vor Lust glänzenden Augen begegneten sie uns. Theo liess keine Sekunde auf eine Antwort warten.

"Machen wir. Wenn wir bitten dürfen, verlasst doch bitte das Abteil.", grinste er dreckig. Das dunkle Haar stand in allen Himmelsrichtungen von seinem Kopf ab.

"Oh nein", jaulte Blaise auf, "Ihr könnt doch wohl sicher noch ein paar Minuten warten!"
Scheinbar ging es wirklich nur noch wenige Minuten, bis wir in Hogwarts eintrafen.

"Gut" gab Pansy nach, doch nicht ohne uns mit einem hochnäsigen Blick zu mustern. Sie stand langsam von ihrer eindeutigen Sitzposition auf, glättete ihren grauen Rock, richtete ihre weisse, leicht zerknitterte Bluse und liess sich dann wieder neben meinem guten Freund, welcher in der Gegend seines Schrittes eine verdächtige Beule aufwiese, die er vergeblich zu verstecken versuchte, nieder.
Sie schlug ihr Beine übereinander und blickte uns mit geschwollenen Lippen und unordentlichem Haar, als wäre dieser Anblick das Normalste der Welt, fragend an.

"Was haben wir verpasst, Draco?"

Narben (Dramione) (wird überarbeitet - überarbeitete Kapitel sind markiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt