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Helle Sonnenstrahlen rissen mich aus dem Schlaf und ich tastete wie gewohnt nach meinem Handy, das immer rechts von meinem Bett lag, aber stattdessen fühlte ich etwas Warmes. Sofort öffnete ich die Augen und blickte in das Gesicht des schlafenden Nialls. Meine Hand lag auf seinem nackten Oberkörper.

Holy Shit! Ich sah an mir herunter. Gut, alle Klamotten noch da, wo sie hingehörten. Auch wenn man das von Niall nicht behaupten konnte.

Was war gestern noch gleich passiert? Ich war auf meinem Felsvorsprung, und dann?

Ich beschloss, mir später Gedanken darüber zu machen und erst mal was zu Essen suchen zu gehen, denn mein Magen gab schon Geräusche von sich. Leise schälte ich mich aus der Bettdecke und deckte damit dann Niall zu, der seelenruhig weiterschlief.

In meinen alten Klamotten konnte ich aber nicht rausgehen, wer weiß, wer hier noch so im Haus rumläuft? Wenn ich mich Recht entsinnte, dann hatte ich noch eine Jogginghose und ein T-shirt in meiner Schultasche, da Sport gestern ausgefallen war. Aber wo war meine Tasche? Ich fand sie in einer Ecke an eine Gitarre gelehnt. Ich habe früher oft im Sommer mit meinem Vater am Lagerfeuer gesessen und er hat mir das Gitarrenspielen beigebracht.. ach vergessen wir das.

Ich kramte meine Sachen raus, die nächste Herausforderung war nun, ein Bad zu finden. Ich trat hinaus auf den Flur und entdeckte viele weitere Zimmer, ich hatte Glück und erwischte direkt das Badezimmer.

Nachdem ich mich frisch gemacht hatte, war mein Magen am Rebellieren. Kein Wunder, ich hatte zuletzt gestern Mittag etwas gegessen.

5 Flure, 20 Zimmer und 35 Türen später hatte ich gefunden, was ich suchte: die Küche.
Aber anscheinend war ich nicht die Einzige, die Hunger hatte, am Herd stand ein Junge, auch er war oberkörperfrei. Kaum hatte ich die Küche betreten drehte er sich zu mir um und grinste mich an.

Und in diesem Moment fiel mir alles wieder ein. Der Anruf, die Gestalten, die Scheune. Wie Niall mich im Wald beruhigt hat. Wie er extra zu mir gefahren ist. Ich war ihm echt was schuldig. Hatte ich mich überhaupt schon bei ihm bedankt?

Ein "Hallo" ließ mich aus meinen Gedanken schrecken.

"Du bist Lynn, richtig?", es war eigentlich keine Frage, mehr eine Feststellung.

"Sieht so aus."

"Schön dich kennen zu lernen, Lynn", meinte er und zog mich in eine Umarmung, die ich perplex erwiderte.

"Und du bist?", fragte ich nachdem wir uns von einander gelöst hatten.

"Na, das kommt ja auch nicht so oft vor", er grinste mich wieder an, " ich bin Louis."

"Schön dich kennen zu lernen, Louis. Ich ehm will ja nicht unhöflich klingen, aber könntest du dir bitte was anziehen? ", meinte ich nun und versuchte nicht so sehr auf seinen trainierten Oberkörper zu starren.

"Ehm klar", er grinste wieder und ging dann aus der Küche.

Während er sich anzog, ging ich zum Herd, um sein "Werk" zu inspizieren. Was ich da allerdings sah, erschreckte mich schon ein bisschen. In der Pfanne bruzelte etwas gelb-braunes, das stark nach Rührei aussah und von dem auch noch die Hälfte ungebraten auf dem gesamten Herd verteilt war. Auch die Arbeitsplatte sah nicht viel besser aus, überall lagen Eierschalen und Brotkrümel.

Wenn Louis jeden Tag kochte, dann tat mir der Rest echt leid. Seufzend nahm ich die Pfanne vom Herd und beförderte das verbrannte Essen, so wie auch die Eierschalen und Brotkrümel in den Mülleimer, denich unter der Spüle fand. Die Pfanne stellte ich in die Spüle und wischte dann die Herdplatte, was eine ziemliche Arbeit war, weil sie erstens schon vorher schmutzig gewesen sein musste und zweitens das Eiweiß teilweise schon getrocknet war und jetzt am Glas klebte.

Nachdem alles wieder sauber war, hatte Louis sich noch nicht wieder blicken lassen, nahm ich alle Zutaten, die man für eine ordentliche Portion Rührei brauchte heraus.

*

Ich stellte grad die zweite Portion Rührei auf den Tisch, da kam Louis wieder in die Küche. Er grinste freudig, als er das Rührei auf dem Tisch entdeckte und wollte sich schon draufstürze, aber ich konnte ihn grad noch zurück halten.

"Jetzt warte doch wenigstens noch, bis das Frühstück fertig ist. Komm und hilf mir mal beim Gemüse", mit den Worten zog ich ihn mit in die Küche und drückte ihm ein Bund Karotten in die Hand. "In kleine Streifen", orderte ich ihm an und er nickte begeistert. Okaaaay?

Nachdem er das erledigt hatte, ließ ich ihn noch Gurke und ein paar Tomaten schneiden, während ich kleine Würstchen anbriet, die ich im Kühlfach gefunden hatte. Zufrieden ließen wir uns zwanzig Minuten später nebeneinander auf zwei Essstühle fallen. Wir hatten noch Toastbrot getoastet und Bacon gebraten. Letzteres hatte ich übernommen, damit nicht wieder was anbrennt. Außerdem standen jetzt noch Cornflakes, ein paar geschnittene Äpfel und Milch auf dem Tisch.

Wir hatten uns drauf geeinigt, dass wir noch warten würden, bis der Rest wach werden würde, damit wir dann gemeinsam essen könnten. Erschöpft von der ganzen Kocherei legte ich meinen Kopf auf Louis' Schulter ab und schloss für ein paar Sekunden die Augen. Lange konnte ich die Ruhe allerdings nicht genießen, denn kurze Zeit später wurde die Tür aufgerissen und weiterer Halbnackter stürmte in die Küche. Ist das hier etwa normal?! Während er noch lief, zog er sich einen Pulli an und richtete seine verrutschte Jeans.

"Liam", stellte sich er trocken vor, als er mich entdeckte und schüttelte kurz meine Hand, dann nahm er am Tisch Platz.

Statt, wie wir noch auf Niall zu warten, fing er direkt zu essen an und starrte dabei die gesamte Zeit auf die Uhr an der Wand.

"Ist der immer so?", flüsterte ich Louis ins Ohr, aber es war anscheinend noch laut genug, dass Liam es gehört hatte.

"Sorry, muss mich beeilen", nuschelte er mit vollem Mund und stopfte sich die andere Hälfte des Toastbrots in den Mund und sprang dann sofort auf, um wieder aus der Küche zu hetzten.

Zwei Sekunden später stand er wieder mit Jacke und Schuhen im Türrahmen. Louis drückte ihm noch eine Box mit Rührei und Bacon in die Hand und redete leise auf ihn ein. Liam umarmte ihn noch kurz und winkte mir. Mit einem letzten "Danke für das Essen" fiel die Tüt hinter ihm ins Schloss und er war verschwunden. Komischer Typ.



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