08 - Ab ins Kittchen?

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Song zum Kapitel: Garbage – Only happy when it Rains


Ich stehe unschlüssig vor meinem Kleiderschrank und weiß nicht, was ich anziehen soll. In knapp zwei Stunden holt Damian mich ab. Ich will auf keinen Fall zu schick sein. Erstens ist es kein Date und zweitens soll er nicht den Eindruck bekommen, dass ich auf ihn stehe, was eindeutig nicht der Fall ist. Andererseits möchte ich unbedingt den erbärmlichen Eindruck für immer aus seinem Gedächtnis löschen, den ich auf der verhängnisvollen Party und am Tag danach auf ihn gemacht haben muss. Wenigstens sah ich am Freitag menschlich aus, als wir uns zufällig in der Stadt getroffen haben.

Ich war an dem Abend nur kurz im „Na dann", weil Eva, als ich endlich drinnen war, bereits damit beschäftigt war, heftig mit Ole rumzumachen, wofür ich sie meinerseits mit einem missbilligenden Blick bedacht habe. Der hat sie aber auch nicht davon abgehalten, weiterzumachen. Daher bin ich nach einem kurzen Abstecher auf die Tanzfläche zurück ins Acht - ohne Eva versteht sich - und später noch mit Nina und einigen anderen in eine Disco gegangen.

Gestern war ich mit Nina und Eva zum Schwimmen am See und wir hatten endlich mal wieder Zeit, ungestört in Ruhe zu quatschen. Natürlich ging es mal wieder hauptsächlich um Jungs. Nina ist immer noch unschlüssig, ob sie es mit Stefan versuchen soll, wo sie doch bald nach Münster zieht. Eigentlich ist das total egal, weil Stefan ohnehin in Essen studiert. Also macht es auch keinen entscheidenden Unterschied, ob sie nun in Münster oder Buchfeld ist. Sie braucht wohl einfach noch Zeit, um ihre Entscheidung zu treffen. Eva hingegen war immer noch ganz euphorisch und siegessicher, dass es mit Ole endlich klappen wird. Dass er ihr zum wiederholten Mal gesagt hat, dass er sie zwar echt toll findet, aber gerade nicht bereit für eine Beziehung ist, mindert ihren Optimismus kein Stück. Sie glaubt unerschütterlichdaran, dass er seine Meinung ändern wird. Nina und mich beschimpfte sie als „mieseVerräter", nachdem wir ihr sagten, dass er nur seine Freiheit will, um mitjeder anderen rummachen zu können, die ihm über den Weg läuft. Sie bleibtdabei, dass wir völlig falsch liegen. Wenn es doch nur so wäre! Wir würde es ihr von Herzen gönnen, aber das wird nicht passieren. In Bezug auf Damian waren beide der Meinung, dass ich ihm heute endlich klipp und klar sagen muss, dass aus uns nichts werden wird. Sie glauben keine Sekunde daran, dass er nur jemanden zum Reden braucht. Ich bin mir da nicht so sicher. Er hat bisher keine Anstalten gemacht, die Situation auszunutzen. Bis auf die Handküsse vielleicht, die irgendwie intim waren, aber gleichzeitig so charmant und surreal, dass ich mir keinen Reim auf die Intention dahinter machen kann. Alles in allem hatten wir einen vergnügten Nachmittag. Unsere Meinungsverschiedenheiten waren dabei völlig unerheblich. Wir kennen uns so lange und gut, dass wir kein Blatt vor den Mund nehmen müssen. Irgendwer muss einen schließlich wieder ins Lot bringen – und wenn es deine Freundinnen nicht frei heraus können, wer dann? Abends war noch die Abschiedsparty von einem Kumpel, der in drei Tagen zu einer sechsmonatigen Rucksacktour quer durch Australien und Neuseeland aufbrechen wird. Wieder einer mehr, der erstmal weg ist, seufze ich in Gedanken versunken. Da baut man jahrelang einen Freundeskreis auf, nur um dann festzustellen, dass alles auseinanderbricht, sobald die Schulzeit vorbei ist und man langsam erwachsen wird.

Inzwischen habe ich mich dezent geschminkt und meine Haare zu einem lockeren Zopf hochgebunden. Bei der anhaltenden Hitze die einzige Möglichkeit, meine Locken halbwegs im Zaum zu halten. Nur, was ich anziehen soll, weiß ich immer noch nicht. Ich stehe erneut eine gefühlte Ewigkeit grübelnd vor meinem Kleiderschrank und entscheide mich schließlich für eine recht eng sitzende schwarze Capri-Hose, eine weißes, lockeres Tank-Top mit recht gewagtem Ausschnitt und dem schwarzen Aufdruck „What?". Dazu flache schwarze, vorne sehr spitz zulaufende Ballerinas mit kleinen Schnallen, die ich seit meiner Zeit mit Rasmus nicht mehr getragen habe. Nicht mehr mein übliches Outfit, aber heute scheint es mir passend zu sein. Ich betrachte mich zufrieden im Spiegel und lege noch etwas Eyeliner nach. Ziemlich sexy. Vielleicht zu sexy? Ich überlege kurz, das Shirt wieder auszuziehen. Ich habe es vor einiger Zeit aus einer Laune heraus gekauft und noch nie getragen. Ich bin gerade auf dem Weg zu meinem Kleiderschrank, um nach einer Alternative zu suchen, als es klingelt. Mist, zu spät!

Entflammt - Ronja & Damian Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt